Landwirt Pit Rebel - Foto: NABU Baden-Württemberg
Interviews und Porträts
Stimmen aus Landwirtschaft und Naturschutz
Miteinander statt übereinander reden - unter diesem Motto bringt das "Dialogforum Landwirtschaft und Naturschutz" verschiedene Akteurinnen und Akteure in Kontakt. Lesen Sie verschiedene Meinungen, Hoffnungen und Ideen zu einem natur- und umweltschondenen Wirtschaften auf Agrarflächen.
Das Dialogforum unterwegs: Blick aufs Sommerprogramm
Projektleiter Jochen Goedecke über die anstehenden Exkursionen und seine Lieblingsregion
Herr Goedecke, im Februar fiel in Mulfingen der Startschuss für das „Dialogforum Landwirtschaft und Naturschutz“. Was ist seither passiert und wie sehen Ihre Pläne für das Sommerhalbjahr aus?
Wir haben in den Monaten Februar bis April insgesamt drei Workshops angeboten, neben Mulfingen waren wir in Engstingen-Haid und in Wolfegg/Allgäu. Nun geht es im Sommerhalbjahr nach draußen: Wir planen sieben Exkursionen, bei denen wir verschiedene Naturräume und landschaftliche Besonderheiten im Land besuchen. Im Herbst startet die nächste Workshop-Reihe mit neun weiteren Terminen. Ich freue mich schon darauf!
Mit insgesamt zwölf Workshops und ebenso vielen Exkursionen sind Sie während der zweijährigen Projektlaufzeit in Baden-Württemberg unterwegs. Warum bieten Sie diese beiden unterschiedlichen Formate an?
In den Workshops können wir den theoretischen Hintergrund des Projektes vorstellen. Es geht darum, Erfahrungen aus verschiedenen Regionen zusammenzutragen, konkrete Maßnahmenvorschläge zu diskutieren und neue Entwicklungen aufzuzeigen. Und natürlich stehen die Fördermöglichkeiten für Landwirtinnen und Landwirte im Mittelpunkt. Wir besprechen gemeinsam, für welche Maßnahmen Förderungen möglich sind und wie sie an FAKT angedockt sind. Daran anknüpfend werden wir bei den Exkursionen praktische Beispiele auf der Fläche anschauen. Das Schöne daran ist, dass wir Maßnahmen diskutieren und die konkrete Situation anschauen können – etwa die Bodenstruktur oder die Hangneigung vor Ort. So können wir gemeinsam diskutieren, was geht und was nicht geht.
Wen möchten Sie mit dem „Dialogforum Landwirtschaft und Naturschutz“ erreichen?
Wir sprechen Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter von landwirtschaftlichen Nutzflächen an, Engagierte aus dem Naturschutz, aber auch die breite Öffentlichkeit und die Verwaltung. Ich habe die Exkursionen so geplant, dass für alle etwas dabei ist: Die Fach-Exkursionen drehen sich um Bewirtschaftungsformen und Naturschutzmaßnahmen in verschiedenen Naturräumen. Darüber hinaus wird es eine bis zwei Veranstaltungen für die Öffentlichkeit geben. Auch mit Obst- und Gartenbauvereinen bzw. Gartenfreunden plane ich gemeinsame Termine.
Können Sie zur Zusammenarbeit mit Gartenbauvereinen bzw. Gartenfreunden etwas mehr erzählen?
Mir geht es dabei um die Artenvielfalt im privaten Umfeld. Nehmen wir die Diskussion um den Einsatz von Glyphosat und anderen Pflanzenschutzmitteln: Darauf kann man im privaten Bereich ohne Probleme verzichten. Ich möchte bei den Vereinsmitgliedern das Interesse am Naturschutz wecken und zum Beispiel zeigen, mit welch einfachen Mitteln der Stieglitz, unser Vogel des Jahres, im Privatgarten mehr Nahrung finden kann. Die Vereine machen im Naturschutz schon sehr viel, sind Vorbilder und können dies noch weiter ausbauen.
Sie werden mit dem Dialogforum in den nächsten Wochen und Monaten durchs Land touren. Auf welche Region freuen Sie sich besonders?
Ich freue mich besonders auf meine Heimat, den Schwarzwald. Dort und am Bodensee habe ich in den vergangenen Jahren ein Beratungsprojekt des Landes mitentwickelt, aus dem der Leitfaden für die Gesamtbetriebliche Biodiversitätsberatung entstanden ist. Seit 14 Jahren arbeite ich im Bereich Naturschutz – Landwirtschaft, genau der Zusammenhang also, den wir im Dialogforum zusammenbringen.
Im Sommer 2017 endet das Projekt. Wann würden Sie sagen, das „Dialogforum Landwirtschaft und Naturschutz“ ist erfolgreich verlaufen?
Da gibt es einerseits die konkreten Ergebnisse: Das Dialogforum ist erfolgreich, wenn Landwirtinnen und Landwirte in Baden-Württemberg das kostenfreie Beratungsmodul zur Biodiversität nutzen und hoffentlich auch konkrete Naturschutzmaßnahmen auf ihren Flächen umsetzen. Ebenso wichtig ist mir aber, dass ein gegenseitiges Problembewusstsein entsteht. Wenn die Landwirtinnen und Landwirte die Forderungen und Wünsche des Naturschutzes nachvollziehen, und umgekehrt die Naturschützerinnen und Naturschützer die teils sehr schwierigen Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft anerkennen. Wir leben in einer Kulturlandschaft, die sehr stark von Landwirtschaft geprägt ist und wir müssen an einem Strang ziehen, um die Artenvielfalt auf diesen Flächen zu erhalten. Das zu vermitteln – ohne erhobenen Zeigefinger – ist mein Ziel.
"Landwirtschaft und Naturschutz müssen sich aufeinander einlassen"
Ein Besuch bei Landwirt Pit Rebel in Hohenlohe
Konventionell oder Bio – dazwischen gibt es nichts? „Doch“, meint Landwirt Pit Rebel. Der Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Hohenloher Höfe geht gemeinsam mit 40 weiteren Betrieben einen dritten Weg. Er will Naturschutz und Wirtschaftlichkeit in der Landwirtschaft miteinander verbinden.
Die Hohenloher Höfe haben ihre Wurzeln in Mainhardt im Landkreis Schwäbisch Hall. Dort gründete Gerhard Walter 1990 mit weiteren Ackerbauern eine Erzeugergemeinschaft mit dem Ziel, Böden und Gewässer zu schützen und das Getreide regional zu vermarkten. „Ende der 1990er Jahre wurde in der Region viel gedüngt, die Nitratbelastung im Grundwasser stieg“, blickt Pit Rebel zurück. In den verbindlichen Erzeugerrichtlinien der Hohenloher Höfe legte Gerhard Walter deshalb fest, dass die Mitglieder ihren gesamten Betrieb so bewirtschaften wie im Wasserschutzgebiet in der Zone 3 vorgeschrieben. Beim Getreideanbau für die Hohenloher Höfe wird komplett auf Spritzmittel verzichtet. Mineralischer Dünger darf eingesetzt werden, aber begrenzt in Menge und Zeitraum, wie im Wasserschutzgebiet vorgegeben. Walter schrieb außerdem das Engagement für mehr Artenvielfalt fest: Jeder Mitgliedsbetrieb muss Ackerrandstreifen entlang der Wege und gegenüber anders bewirtschafteten Flächen anlegen.
Über die Jahre wuchs die Erzeugergemeinschaft auf mittlerweile 40 Betriebe an, die in ihrer täglichen Arbeit auf altes bäuerliches Wissen setzen. „Ein vitaler, gesunder Boden ist Grundvoraussetzung für den Ackerbau“, betont Pit Rebel. Statt Spritzmittel verwenden der 25-Jährige und seine Mitstreiter in der Unkrautbekämpfung einen Striegel. Das Arbeitsgerät ähnelt einer leichten Egge – feine Metallhaken reißen Unkrautpflanzen heraus, die robusteren Kulturpflanzen nehmen keinen Schaden. Blühstreifen grenzen die umweltschonend bewirtschafteten Felder von den Nachbargrundstücken ab und bieten wertvollen Lebensraum und Rückzugsmöglichkeiten für vielerlei Arten. „Ohne Bienen und Kleinstlebewesen wäre unsere Kulturlandschaft in ein paar Jahren tot“, ist Pit Rebel überzeugt. „Wir achten bei der Samenmischung darauf, dass die Blühstreifen möglichst das ganze Jahr über Nahrung bieten. Es ist der Wahnsinn, wie viele Insekten und Vögel sich dort tummeln.“
Neben der schonenden Bewirtschaftung des Bodens ist die regionale Vermarktung die zweite Säule der Erzeugergemeinschaft. Kein Mitgliedsbetrieb soll weiter als 20 Kilometer fahren müssen, um sein Getreide mahlen und verkaufen zu können. Dafür sorgen Vertragsmühlen und –Bäckereien vor Ort. „Viele Bauern haben die Vermarktung ihrer Produkte aus der Hand gegeben und sind so zu Spielbällen des Handels geworden“, kritisiert Rebel. Die Erzeugergemeinschaft wolle dieser Entwicklung entgegentreten. „Wir vereinbaren den Preis für unser Getreide direkt mit den Bäckereien. Es sind Verhandlungen auf Augenhöhe.“
Eine schonende Bewirtschaftung und eine regionale Vermarktung ergeben für die Hohenloher Höfe einen dritten Weg zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft. „Für mich ist es ein schlüssiger Weg“, sagt Pit Rebel. „Er ermöglicht einen Einstieg in die biologische Bewirtschaftung, ohne den Betrieb gleich ganz umzustellen.“ Aus seiner Arbeit mit den Mitgliedsbetrieben der Hohenloher Höfe weiß Pit Rebel, wie wichtig es ist, Vertreterinnen und Vertreter aus Landwirtschaft und Naturschutz an einen Tisch zu bringen. Das „Dialogforum Landwirtschaft und Naturschutz“, initiiert vom NABU Baden-Württemberg, könne hierfür einen wertvollen Beitrag leisten. „Es fehlen Gelegenheiten, sich zum Beispiel über Naturschutzmaßnahmen zu informieren“, findet er. „Wenn man Landwirtschaft und Naturschutz zusammenbringen will, muss man sich aufeinander einlassen. Gelegenheiten, um zusammenzufinden, sind heute wichtiger denn je.“
"Es ist Zeit, die Scheuklappen abzunehmen"
Ein Gespräch mit Biodiversitätsberater Tobias Pape
Die Biodiversitätsberatung ist ein Angebot des Landes Baden-Württemberg, das Landwirtsfamilien bei der Erhaltung der biologischen Vielfalt unterstützt. Insgesamt acht Beratungsunternehmen im Land haben sie im Portfolio, eines davon ist Grünweg Projektmanagement & Beratung in Ansbach. Wir haben mit Inhaber Tobias Pape gesprochen.
Herr Pape, warum ist biologische Vielfalt für landwirtschaftliche Betriebe so wichtig?
Stellen Sie sich einen Obstbaubetrieb ohne die Bestäubung durch Wildbienen, Hummeln oder Schmetterlinge vor. Undenkbar! Auch beim Raps wäre der Ertrag ohne die Leistung der Bestäuber um etwa 30 Prozent niedriger. Landwirtschaftliche Betriebe brauchen diese Nützlinge. Verfügen die Insekten über ausreichend Nahrung und Lebensraum – zum Beispiel durch Blühflächen – gibt es auch weniger Schädlinge, das haben Untersuchungen gezeigt. Der Einsatz von Pflanzenschutz-mitteln könnte dadurch verringert werden. Und nicht zuletzt muss es uns zu denken geben, dass frühere „Allerweltsvögel“ in der Agrarlandschaft, etwa Feldlerche oder Kiebitz, so selten geworden sind.
Was erwartet Landwirtinnen und Landwirte bei einer Biodiversitätsberatung?
Die Beratung gliedert sich in zwei Module. Modul 1 nennt sich „gesamtbetriebliche Biodiversitätsberatung“. Da geht es zunächst darum, einen Betrieb zu erfassen: Was für Naturschutzleistungen erbringt er schon jetzt? Und wo hat der Betrieb seine Stärken und Interessen? Das kann von Streuobst oder Heckenpflanzen über die Anlage von Blühflächen bis hin zu Nistkästen an der Hofstelle reichen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten! Modul 2 enthält dann eine tiefergehende Maßnahmenplanung. Das Land Baden-Württemberg legt die Inhalte der Beratungsmodule fest und ich bespreche meine Aufgabe individuell mit jedem Betrieb.
Enthält eine Beratung immer beide Module?
Nein, nicht unbedingt. Wir klären gemeinsam vorab, welches Modul das Passende ist. Es gibt ja auch Betriebe, die schon gut Bescheid wissen, da wäre das zweite Modul – also die Maßnahmenplanung – besser geeignet.
Wie reagieren die Landwirtinnen und Landwirte auf das Angebot?
Viele sind überrascht, dass es nicht darum geht, den ganzen Betrieb zu extensivieren und stillzulegen (lacht). Stattdessen zeigt sich, dass man mit kleinen Elementen – Feldrändern, Blühstreifen oder Lerchenfenstern – schon viel für die Artenvielfalt tun kann. Viele sind auch erstaunt, was sie bisher schon an Leistungen erbringen. Das ist ihnen gar nicht weiter aufgefallen. Aber natürlich gibt es auch Skepsis. Der Punkt ist einfach: in Sachen Biodiversität hat der Betrieb keinen Druck, etwas zu machen. Es sei denn, er hat beispielsweise FFH-Grünland oder das Thema Greening - also der Nachweis ökologischer Vorrangflächen - brennt ihm unter den Nägeln, so dass eine Beratung notwendig ist. Aber wenn jemand ein Problem im Ackerbau oder beim Pflanzenschutz hat oder ein Milchviehbetrieb eine schlechte Eutergesundheit hat, dann hat der Betrieb Druck, sich Beratung zu holen. Im Bereich der Biodiversitätsberatung braucht es dagegen viel Aufklärungsarbeit und Werbung.
Treffen Sie bei Ihrer Arbeit eher auf Betriebe, die in Sachen Biodiversität schon Erfahrung haben oder sind viele Neulinge dabei?
Die Biodiversitätsberatung gibt es erst seit Sommer 2015, seitdem sind die Beratungsorganisationen im Land anerkannt. Jetzt muss sich erstmal alles etablieren. Ich stelle aber fest, dass sich viele interessierte Betriebe schon mit Biodiversität beschäftigt haben. Oft sind es Bio-Betriebe, für die solche Themen nicht neu sind. Aber es gilt: keine Scheuklappen, keine Vorurteile! Bei Neulingen setzt man einfach an einem anderen Punkt an. Und es ist wichtig, die Betriebe in dem ernst zu nehmen, was sie wollen. Wer im Schwarzwald zuhause ist und viel FFH-Grünland hat, hat andere Fragen als ein Ackerbaubetrieb im Kraichgau.
Gibt es eine Maßnahme, die Sie häufig empfehlen?
Was sich häufig anbietet, ist der Klassiker – Blühstreifen. Die sind nicht so anspruchsvoll anzulegen, es gibt fertige Saatgutmischungen. Und mit Greening lassen sie sich gut verknüpfen. Wenn der Betrieb überlegt, wie er seine Greening-Flächen hinbekommt, schlage ich vor, nicht nur auf Zwischenfrüchte zu setzen, sondern auch einen Blühstreifen, einen Feld- oder Waldrandstreifen anzulegen.
Warum profitieren die Landwirtinnen und Landwirte von Ihrer Beratung?
Das Erbringen von Biodiversitätsleistungen ist auch eine Art von Produktionstechnik. Nehmen wir gerade das Beispiel Blühstreifen. Da geht es auch darum, wie die Saattechnik ausschaut und wie der Boden vorbereitet wird. Oder im Grünland: Wie gehe ich mit einem extensiven Aufwuchs um, wie verwerte ich das in der Fütterung? Die Landwirtinnen und Landwirte wissen natürlich, wie man Weizen oder Mais sät, wie man Silage macht – all diese Dinge. Aber wenn es spezieller wird, braucht man manchmal Unterstützung. Der Vorteil von Beratung ist, dass man viel herumkommt und die so gesammelten Infos weitergeben kann. Dann kann ich sagen: „Ich kenne jemand, der hat das so gemacht, schau Dir das doch auch mal an.“ Ich kann das Wissen zusammentragen und für meine Kundinnen und Kunden aufbereiten.
Wie sehen die Fördermöglichkeiten für die Biodiversitätsberatung aus?
Jedes der beiden Beratungsmodule wird mit 1.100 € zu 100 Prozent gefördert. Was der Betrieb selbst übernehmen muss – das ist aber bei jedem Beratungsmodul so – ist die Mehrwertsteuer. Einstiegs- und Spezialmodul können nacheinander, jedoch nicht parallel gebucht werden.
Wie viel Zeit nimmt eine Beratung ungefähr in Anspruch?
Es gibt eine vorgegebene Mindeststundenzeit von fünf Stunden, da steckt meine Vor- und Nachbereitung mit drin. Und darüber hinaus geht es so lange, bis die 1.100 Euro je Modul ausgeschöpft sind. Es hängt vom Stundensatz des jeweiligen Anbieters ab, wie schnell man bei den 1.100 Euro ist. Und natürlich vom Anspruch und von der Fragestellung des Betriebes.
Welche Wege gehen Sie, um Landwirtinnen und Landwirte zu erreichen?
Teilweise spreche ich Zwischenstationen an, zum Beispiel eine Erzeugergemeinschaft, die das Thema zu ihren Mitgliedern weiterträgt. Oder eine Molkerei, die sich für Biodiversität einsetzt und das Angebot an ihre Lieferanten weitergibt. Da gibt es verschiedene Akteure, aber ich glaube, gerade Vermarkter, Abnehmer sowie Erzeugergemeinschaften sind sehr wichtig. Und ich denke, dass Organisationen wie der Bauernverband schauen könnten, wie sie das Thema ihren Mitgliedern nahebringen, ohne irgendwelche Teufel an die Wand zu malen.
Hängt die Zurückhaltung mancher Landwirtinnen und Landwirte auch damit zusammen, dass die Betriebe sehr stark unter wirtschaftlichem Druck stehen?
Klar, das ist ein großes Thema. In erster Linie wollen die Landwirte ja etwas produzieren. Und Naturschutz heißt für viele: zurücknehmen, weniger machen. Das stößt manche erst einmal ab, sie denken: „Ich soll doch etwas produzieren, meine Aufgabe ist es doch, Lebensmittel herzustellen.“ Und der ökonomische Zwang führt – gerade in Zeiten der niedrigen Milch- und Getreidepreise – dazu, zu sagen: „Irgendwo muss das Geld ja herkommen, also brauche ich eine hohe Milchleistung, ich muss es über die Menge hinkriegen.“ Das ist ein Teufelskreis, aus dem man ganz schwer rauskommt. Gleichwohl könnte man auch sagen, es bringt nichts, nur auf Menge zu setzen. Wir setzen auf Qualität, und zu Qualität gehört eben auch dazu, auf Biodiversität zu achten.
Kann das "Dialogforum Landwirtschaft und Naturschutz" dazu beitragen, das Thema Biodiversität publik zu machen?
Auf jeden Fall. Ich war beim ersten Workshop im hohenlohischen Mulfingen dabei und da sind ganz unterschiedliche Akteure miteinander ins Gespräch gekommen. Und darum geht es ja letztendlich: Ins Gespräch kommen, anstatt übereinander zu reden. Insofern finde ich dieses Projekt sehr gut geeignet, um das Thema weiter voranzubringen. Man bräuchte mehr von solchen Gelegenheiten, um gegenseitige Scheuklappen abzunehmen. Damit der Landwirt weiß, dass ihm die Naturschützer nicht den Kopf abreißen. Und damit die Naturschützer erfahren, dass die Landwirte unter einem gewissen Zwang stehen und schwierige Rahmenbedingungen haben. Der große Tanker lässt sich nicht innerhalb von ein paar Jahren wenden. Aber man ist auf einem Weg, man ist im Dialog.
Sind Sie optimistisch, dass sich das Bewusstsein für Biodiversität unter den Landwirtinnen und Landwirten verstärken wird?
Ein Stück weit schon, ja. Man muss aber realistisch sein. Meistens sind bei solchen Veranstaltungen diejenigen Landwirte, die mit dem Thema ohnehin schon vertraut sind. Deshalb gehört das Thema auch stärker in die Ausbildung rein, in Ausbildung, Meisterausbildung und ins Studium. Wenn man eine gute, konstruktive Gesprächsatmosphäre hinbekommt, sind auch Veranstaltungen wie das NABU-Dialogforum ein gutes Mittel, um wirklich voranzukommen. Denn dass wir in Richtung Biodiversität etwas machen müssen, ist mittlerweile unbestritten.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das "Dialogforum Landwirtschaft und Naturschutz" bietet die Möglichkeit, mehr über die Gesamtbetriebliche Biodiversitätsberatung des Landes zu erfahren. Die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg fördert das NABU-Projekt, das sich während der zweijährigen Laufzeit mit Workshops und Exkursionen sowohl an Landwirtinnen und Landwirte als auch an Naturschutzinteressierte wendet.
Eine Übersicht über die Beratungsmodule und die entsprechenden Beratungsorganisationen finden Sie hier:
www.www.landwirtschaft-bw.info/MLR.Beratung,Lde/Startseite/Organisationen