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Mehr ...Klein, fein, fröhlich – die Singzeit des Stieglitz beginnt
Interview mit Daniel Schmidt-Rothmund



„Telitt-telitt-telitt“ - so klingt der Ruf des Distelfinken. - Foto: Frank Derer
Im Februar beantwortet Daniel Schmidt-Rothmund Fragen rund um den Gesang des Jahresvogels. Daniel-Schmidt-Rothmund (52) leitet seit dem Jahr 2000 das NABU-Vogelschutzzentrum in Mössingen. Dort liegt der Schwerpunkt seiner Arbeit auf Forschungsprojekten zum Greifvogelschutz. Er hat in Freiburg im Breisgau und im schottischen St. Andrews Biologie studiert und sich auf die Ornithologie spezialisiert. In seiner Promotion an der Universität Halle-Wittenberg hat er sich intensiv mit dem Fischadler auseinandergesetzt, dem seine besondere Leidenschaft gilt. Um den Stieglitz sorgt sich das Vogelschutzzentrum im Monitoring häufiger Brutvögel Baden-Württembergs, das es im Auftrag des Landes koordiniert. Dabei zeigt sich: Der Bestand des Stieglitz nimmt leider deutlich ab.
Es heißt ja, dass die Singzeit des Stieglitz‘ beginnt – aber woran erkenne ich, ob da gerade ein Stieglitz oder z. B. eine Amsel höre?
Stieglitze haben einen eher leisen, feinstimmigen Gesang, der sehr fröhlich wirkt. Schnelle Triller wechseln mit zwitschernden Tönen ab, manchmal kommen auch miauende Laute dazwischen vor. Was man immer hört, sind die eingewobenen „tickelitt“-Rufe und Reihen von „telitt-telitt-telitt“. Um den feinen Gesang eindeutig ausmachen zu können, braucht man allerdings ein gut geschultes, musikalisches Gehör. Dazu kommt, dass Stieglitze durch ihr charakteristisch buntes Gefieder auf ihrer Singwarte gut getarnt sind. Denn meist singen sie bei schönem Wetter, das mit Licht und Schatten einhergeht. Bei guter Sicht ist ein eindeutiges Erkennungsmerkmal ihr knallrotes Gesicht. Der Gesang von Amseln klingt im Gegensatz zu dem der Stieglitze voller, wirkt dabei eher melancholisch. Und Amseln singen oft von Hausdächern oder Baumwipfeln, wo man sie leicht entdecken kann.
Gibt es typische Verwechslungsfallen – und Tipps, wie man ihnen entgeht?
Verwechslungsprobleme bestehen etwa mit Erlenzeisigen oder Bluthänflingen. Und besonders verwirrend wird es, wenn andere Arten wie Stare, Neuntöter, Gelbspötter oder Sumpfrohrsänger den Stieglitz-Gesang nachmachen. Verwechslungen entgehen kann man letztlich nur durch jahrelange Übung.
Warum singt der Stieglitz überhaupt? Wegen guter Laune? Oder unterhalten sich die Vögel so?
Der Gesang dient zum einen der Reviermarkierung: Die Männchen grenzen „ihr“ Territorium gegen das der Nachbarn ab. Und sie singen, wenn sie um ein Weibchen werben und um zu ihm Kontakt zu halten. Weibchen singen zwar leiser, aber vermutlich genauso zur Revierabgrenzung und Partnerbindung.
Verändert sich der Gesang im Lauf des Jahres?
Der Gesang ertönt fast nur im Frühjahr und Frühsommer während der Brutzeit. Zu anderen Jahreszeiten sind meist nur die „tickelitt“-Rufe zu hören. Außerhalb der Brutzeit sind Stieglitze fast immer in Gruppen unterwegs, in denen nicht gesungen, sondern über Rufe („Stimmfühlungslaute“) der soziale Kontakt gehalten wird. Im Spätsommer versuchen junge Männchen manchmal schon, den Gesang des Vaters nachzuahmen. Aber sie singen dabei sehr leise und unvollkommen.
Heißt das, Vögel lernen das Singen so wie wir das Sprechen?
Ja, genau. Deswegen ist es auch schwierig, wenn man versucht kleine Nestlinge von Hand aufzuziehen. Denn die Jungvögel haben keine Chance, den arteigenen Gesang richtig zu lernen und sind damit später gegenüber Artgenossen im Nachteil.
Gibt es Tipps, wann und wo ich den Stieglitz am besten singen hören kann?
Milde, fast windstille Morgen kurz nach Sonnenaufgang im Frühling und Frühsommer sind ideal. Gute Chancen hat man zum Beispiel in lichten Mischwäldern oder Parks, auf Streuobstwiesen oder Friedhöfen, in Kleingartenanlagen – oder naturnahen Gärten mit wilden Ecken. Insofern kann man auch direkt vor der eigenen Haustüre etwas dafür tun, dass der Stieglitz sich wohlfühlt – und einen vielleicht bald mit seinem Gesang unterhält.
Unter dem Hashtag #StiegiTwitt twittert der Stieglitz regelmäßig aus seinem bewegten Vogelleben.
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