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Mehr ...Kalikokrebs fehlt auf EU-Liste invasiver Arten
Erster Schritt auf langem Weg



Kalikokrebs. - Foto: Martin Klatt
2. August 2016 - Der NABU Baden-Württemberg begrüßt, dass am 3. August die so genannte „Unionsliste“ invasiver Arten in Kraft tritt, sieht diese aber lediglich als ersten Schritt auf einem langen Weg. Mit der Liste benennt die EU erstmals 37 Tier- und Pflanzenarten, die mit ihrer Ausbreitung Lebensräume, Arten oder Ökosysteme stark beeinträchtigen und so der biologischen Vielfalt schaden können. „Dass die EU sich mit dem Thema befasst und es diese erste Liste gibt, ist ein Fortschritt. Es bleibt aber noch viel zu tun“, sagt NABU-Artenschutzreferent Martin Klatt. „Für Baden-Württemberg ist zudem nur ein Teil der Liste relevant, es fehlen aber beispielsweise Riesenbärenklau oder Kalikokrebs – also Arten, die hierzulande massive Schäden anrichten können.“
Wichtig sei es, die angemessenen Konsequenzen zu ziehen. Die bisherige Erfahrung zeige, dass bei Arten, die im Land bereits weit verbreitet seien, eine Bekämpfung oftmals wenig Sinn ergebe. „Und ob eine Art bereits auf der Liste steht oder nicht: Es gilt das Verhältnis von Aufwand und Ertrag abzuwägen. Bei einjährigen samenbildenden Pflanzen wie dem Riesenbärenklau, der unter Umständen der menschlichen Gesundheit schadet, kann eine gezielte Bekämpfung sinnvoll sein“, sagt der NABU-Fachmann. „Anders sieht es in der Regel etwa beim Japanischen Knöterich aus. Diese Art ist nicht nur vielerorts verbreitet. Weil sie Ausläufer bildet, wird ihre Bekämpfung auch schnell zur Sisyphusaufgabe.“
Nach Einschätzung des NABU spielen Monitoring und Prävention eine wesentliche Rolle, wenn es um invasive Arten und mögliche Folgen für die biologische Vielfalt geht. „Nur wenn man genau im Blick hat, welche Arten sich wie ausbreiten, kann man bei Bedarf rechtzeitig sinnvolle Maßnahmen ergreifen“, sagt Klatt. Ein aktuelles Beispiel ist der Kalikokrebs: Er stammt ursprünglich aus Nordamerika, wurde 1993 zum ersten Mal in Europa nahe Baden-Baden gefunden und hat sich am Oberrhein mittlerweile von Baden-Württemberg nach Rheinland-Pfalz ausgebreitet. Die Tiere wandern über Land, besiedeln neue Gewässer, zerstören dort in vielen Fällen die Vegetation und vernichten die Amphibien- und Libellenbestände. „Derzeit wird im Feld getestet, wie man effektiv und ohne andere Arten zu beeinträchtigen verhindern kann, dass neue Gewässer besiedelt werden, berichtet Klatt.
Zur Unionsliste zu bekämpfender invasiver Arten
Hintergrund:
Über die EU-Liste wurde seit der Veröffentlichung eines ersten Entwurfs, den die EU-Kommission nach Beratung mit den Mitgliedstaaten und zahlreichen Expertengremien im August 2015 vorlegte, intensiv gestritten. Hauptkritikpunkt: Die nun gelisteten 37 Arten machen nur einen Bruchteil der EU-weit als invasiv angesehenen Arten aus. Im Dezember 2015 protestierte auch das Europäische Parlament. Im Februar 2016 legte zudem der zuständige Ausschuss zur Umsetzung der Verordnung eine Vorschlagsliste mit weiteren 20 Arten vor, darunter auch für Deutschland relevante Arten wie der Riesenbärenklau. Diese Liste wurde von der EU-Kommission nicht berücksichtigt, soll aber vermutlich bei der Revision der Liste 2017 ergänzt werden.
Allein in Deutschland sind mindestens 168 Tier- und Pflanzenarten bekannt, die nachweislich negative Auswirkungen haben – oder haben könnten. So viele Arten listete unlängst das Bundesamt für Naturschutz in seinem Managementhandbuch für invasive Arten auf. In der gesamten EU gehen Fachleute sogar von rund 12.000 gebietsfremden Arten aus, von denen etwa 15 Prozent als invasiv eingestuft werden und damit potenziell Schäden ausrichten. Diese Schäden werden in Deutschland und in der gesamten EU zunehmend größer – sowohl die ökologischen als auch wirtschaftlichen und gesundheitlichen Bedrohungen steigen. Die Europäische Kommission beziffert allein den ökonomischen Schaden auf rund zwölf Milliarden Euro pro Jahr.
Das Problem wird sich in absehbarer Zeit nicht verringern: Globale Transportwege überwinden die natürlichen Ausbreitungsgrenzen von Pflanzen, Tieren und Pilzen. Zunehmend wird durch den Klimawandel auch die Ausbreitung eingeschleppter Arten begünstigt. Auch das gedankenlose Aussetzen von Tieren ist ein ernstes Problem. Die EU hatte sich daher mit einer neuen Verordnung das Ziel gesetzt, einheitliche Mindeststandards zu definieren, um so eine bessere Prävention, Früherkennung und schnelle Reaktion auf invasive Arten zu ermöglichen. Zudem soll die Kontrolle und Verringerung möglicher Schäden verbessert werden.