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Mehr ...NABU-Studie zur Agrarpolitik – warum?
Die Förderungspolitik muss sich ändern



Silomaisernte – Foto: Helge May
Was ist die Kernaussage der NABU-Studie – was muss sich ändern, damit die Landwirtschaft nachhaltig und zukunftsfähig wird?
Wie Landwirtinnen und Landwirte arbeiten, hat großen Einfluss auf die Artenvielfalt, den Boden, das Grundwasser, die produzierten Lebensmittel, die Tiergesundheit und Vieles mehr. All diesen „Nebenwirkungen“ muss endlich mehr Gewicht gegeben werden. Die Förderung der Landwirtschaft, die aus Steuergeldern finanziert wird, muss sich an den Leistungen für die Gesellschaft orientieren. Sonst werden Steuerzahlerinnen und Steuerzahler doppelt zur Kasse gebeten: einmal für die eigentliche Agrarförderung und dann nochmal, um die Schäden in der Umwelt zu reparieren.
Erst wenn die EU die Agrarförderung so reformiert, dass sie keine Schäden, sondern Positives bewirkt, wird die gesamte Landwirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung steuern. Viele erfolgreiche Vermarktungsinitiativen zeigen bereits heute, dass das geht. Nachhaltiges und ganzheitliches Wirtschaften ist auch in der Landwirtschaft möglich!
Das vom NABU vorgeschlagene Modell gleicht einer Revolution der Agrarförderung. Was steckt dahinter?
Die derzeitige Agrarförderung basiert auf zwei unterschiedlichen Säulen: erstens Direktzahlungen an die Landwirte und zweitens Fördergelder für Maßnahmen zur Entwicklung der Ländlichen Räume. Diese Maßnahmen der zweiten Säule umfassen zum Beispiel die nach der Landschaftspflegerichtlinie und dem Förderprogramm FAKT (Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl). Die Direktzahlungen der ersten Säule erhält fast jeder Landwirt, weil nur sehr geringe Anforderungen daran geknüpft sind. Diese verbergen sich hinter den Begriffen Cross Compliance und Greening.
Die Direktzahlungen werden von Landwirten oftmals als die Fördergelder angesehen, die ihnen „zustehen“ – klar, denn bislang gibt es sie fast ohne Auflagen. Wir empfehlen, die Fördergelder der ersten und zweiten Säule zusammenzunehmen und damit diejenigen Flächenbewirtschafter zu unterstützen, die klar definierte Anforderungen der Gesellschaft erfüllen, etwa beim Boden-, Natur- und Grundwasserschutz. Dabei ist das betriebswirtschaftlich durchgerechnete NABU-Modell nicht teurer als die bisherige Agrarförderung, die Steuergelder werden nur anders verteilt. Das Modell ist somit eine strukturelle Revolution – und eine echte Revolution für die Umwelt.
Was meint der NABU, wenn er die derzeitige Förderung nach dem „Gießkannenprinzip“ kritisiert?
Die Anforderungen, auf denen die Direktzahlungen der ersten Säule basieren, entstammen zum größten Teil der guten landwirtschaftlichen Praxis und – bereits verpflichtenden – gesetzlichen Regelungen. Sie müssen also größtenteils sowieso eingehalten werden. Und vom Greening sind viele Betriebe ausgenommen. Deshalb sprechen wir bei den Direktzahlungen vom „Gießkannenprinzip“. Denn es fehlt eindeutig die Erfüllung gesellschaftlicher Forderungen. Auswirkungen auf Wasser oder Klima – im Prinzip auf die gesamte Umwelt – werden kaum berücksichtigt.
Zudem ist das bisherige System sehr teuer und ineffizient: Zum Beispiel haben die sogenannten „Ökologischen Vorrangflächen“ (ÖVF) leider oft nur einen sehr geringen ökologischen Nutzen – und das bei immensen Kosten: Der Landwirt eines 100 Hektar-Ackerbaubetriebes erhält für fünf Hektar ÖVF 1.740 Euro Förderung pro Hektar. Mit diesem Geld lässt sich mit einem überarbeiteten Förderprogramm weitaus mehr für die Umwelt erreichen.
Welche Folgen hat die derzeitige Agrarförderung für jede und jeden Einzelne/-n von uns?
Trotz Greening und Ökologischen Vorrangflächen ist die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft stark zurückgegangen. Hier muss mehr passieren ¬– das können wir überall in der Landschaft sehen. Zudem erhalten aktuell beispielsweise auch tierhaltende Großbetriebe Fördergelder, die sehr große Mengen stickstoffhaltiger Dünger ausbringen – mit negativen Einflüssen für unser Grund- und Trinkwasser. Hinzu kommt: Es gibt zu wenige Regularien zum Einsatz von Pestiziden. So ist es zum Beispiel auf Ökologischen Vorrangflächen erlaubt, giftige Pflanzenschutzmittel einzusetzen.
Warum beschäftigt sich der NABU jetzt damit - die aktuelle Förderperiode läuft ja noch bis 2020?
Die Erfahrung zeigt, dass es ein aufwändiger und langwieriger Prozess ist, bis die Richtlinien für die Agrarpolitik stehen. Nicht nur der NABU macht sich bereits jetzt Gedanken dazu, auch andere Verbände und die Politik im Land, im Bund und in der EU beschäftigen sich schon intensiv damit, wie die Agrarpolitik ab 2021 aussehen kann. Uns ist es wichtig, zu einem frühen Zeitpunkt mit einem fundierten Konzept und konstruktiven Vorschlägen in die Diskussion zu gehen.
Erläuterungen:
Cross Compliance:
Landwirtinnen und Landwirte, die Direktzahlungen aus der ersten Säule und Fördergelder einiger Programme aus der zweiten Säule (z. B. Landschaftspflegerichtlinie) erhalten, müssen vorgeschriebene Standards einhalten. Die Einhaltung wird kontrolliert. Verstöße dagegen werden mit Sanktionen geahndet.
Der Begriff „Cross Compliance“ umfasst diese einzuhaltenden Vorschriften, diese sind:
- „sieben Standards zur Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand und
- 13 Regelungen zu den Grundanforderungen an die Betriebsführung, diese Fachrechts-Regelungen bestehen auch unabhängig von Cross Compliance“
Greening bzw. Greening-Prämie:
Bei der letzten Agrarreform wurde ein Teil der bisherigen Direktzahlungen an zusätzliche Bedingungen geknüpft, seit 2014 (Umsetzung 2015) ist ein Drittel der Direktzahlungen als „Greening-Prämie“ definiert. Wenn sie Direktzahlungen beantragen, müssen viele Landwirtinnen/Landwirte diese Anforderungen einhalten (Ökolandbaubetriebe sind ausgenommen). Wie bei den Cross Compliance-Regelungen werden diese Auflagen kontrolliert und die Nichteinhaltung führt zu Sanktionen.
Die Greening-Auflagen umfassen:
- die Vorgabe, dass Ackerbaubetriebe ab 10 Hektar Acker verschiedene Kulturpflanzen anbauen müssen („Anbaudiversifizierung“)
- ein Verbot (mit nur sehr wenigen Ausnahmen) der Umwandlung von Grünland in eine andere Nutzung,
- die Vorgabe, dass landwirtschaftliche Betriebe über 15 Hektar Ackerfläche fünf Prozent davon als „Ökologische Vorrangflächen“ (ÖVF) definieren müssen.
Ökologische Vorrangflächen (ÖVF):
Als „Ökologische Vorrangflächen“ (ÖVF) gelten: Brache (Stilllegung), Zwischenfrüchte, Untersaat mit Gras, Leguminosenanbau, Puffer- bzw. Randstreifen an Waldrändern und Fließgewässern, Kurzumtriebsplantagen, Aufforstungen und Landschaftselemente. ÖVF sind eine von drei Bedingungen für die Greening-Prämie, die wiederum automatisch mit beantragt wird, wenn Landwirtinne/Landwirte Direktzahlungen der ersten Säule beantragen. Welche Einzelmaßnahmen sie umsetzen, ist den Bewirtschaftenden überlassen. Ausgenommen sind Ackerbaubetriebe mit weniger als 15 Hektar Ackerfläche, Ökolandbaubetriebe, Betriebe mit Sonder- bzw. Dauerkulturen und Grünlandbetriebe.