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Mehr ...Die Zukunft des EU-Naturschutzrechts
Erfolge und Verbesserungsbedarf


1. Was haben die beiden Richtlinien bislang gebracht:
Die EU-Naturschutzrichtlinien, also die FFH- und die Vogelschutzrichtlinie, haben für den Naturschutz in der Sache schon viel erreicht. Sie haben beispielsweise dazu beigetragen, dass inzwischen mehr als 18 Prozent der Fläche des Landesgebiets der EU (und sechs Prozent der Meeresfläche) zu Schutzgebieten des Netzes Natura 2000 erklärt wurden. Natura 2000 ist eine richtige Erfolgsgeschichte, denn es ist das größte gemeinsam koordinierte Schutzgebietsnetz weltweit. Es bietet Lebens- und Rückzugsräume für Europas wertvollste und am meisten bedrohte Arten und Habitate.
Daneben haben die beiden Richtlinien auch die Rückkehr bedrohter Arten, etwa größerer Säugetiere wie Wolf, Biber oder Fischotter, nach Deutschland ermöglicht und für eine positive Bestandsentwicklung bei charakteristischen Vogelarten wie Seeadler, Wanderfalke, Weiß- und Schwarzstorch gesorgt.
Dies alles regeln die Richtlinien vor allem durch zwei Säulen, den sogenannten Gebiets- oder Habitatschutz und den Artenschutz. Eine EU-weite Regelungssweise ist dabei auch deswegen wichtig, weil die damit einhergehenden einheitlichen Mindeststandards für gleiche Wettbewerbsbedingungen in den EU-Mitgliedstaaten und somit für einen effektiveren Schutz sorgen.
2. Wo besteht Verbesserungsbedarf:
Am 7.12.2016 hat die EU-Kommission den sogenannten Fitness-Check der EU-Naturschutzrichtlinien zu Ende gebracht. Vorausgegangen war eine mehr als zwei Jahre dauernde Überprüfung der Richtlinien. Aufbauend auf den zusammengetragenen Fakten zieht das offizielle Arbeitsdokument der EU-Kommission ein Resumée, das in weiten Teilen auch mit der Analyse der Umwelt- und Naturschutzverbände übereinstimmt und den Verbesserungsbedarf aufzeigt. So wird zunächst festgestellt, dass die EU-Naturschutzrichtlinien immer noch äußerst relevant für den Schutz der Biodiversität sind. Die EU-Kommission kritisiert sodann, dass deutliche Missstände bei der Unterschutzstellung von Natura 2000-Gebieten bestehen. Außerdem fehlt es bisher an einer Kohärenz zu anderen Politiken wie der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Die Wirksamkeit der Richtlinien ist nach offizieller Meinung der EU-Kommission zudem dadurch beschränkt, dass es keine hinreichende und hinreichend zielgerichtete Finanzierung für Schutzmaßahmen gibt.
3. Was braucht es, damit die Richtlinien besser umgesetzt werden:
Aufbauend auf der von der EU-Kommission bestätigten Defizitanalyse sind aus Naturschutzsicht sowohl auf EU- als auch auf Mitgliedsstaatebene verschiedene Maßnahmen erforderlich, damit die EU-Naturschutzrichtlinien noch effektiver dem Schwund der Biodiversität entgegenwirken.
Zum ersten muss tatsächlich das ganz große Feld der Landwirtschaftspolitik angegangen werden, denn ansonsten ändert sich für viele Arten und Habitate gerade auch außerhalb von Natura 2000 nichts. Hierzu muss sich auch Deutschland auf EU-Ebene dafür einsetzen, am bestehenden System der bedingungslosen Zahlungen der sogenannten "Ersten Säule" der Gemeinsamen Agrarpolitik etwas zu ändern. Außerdem muss in Deutschland unabhängig von der EU-Politik endlich die Privilegierung durch die "gute fachliche Praxis" der Land- und Forstwirtschaft effektiver gemacht oder abgeschafft und weitere ordnungsrechtliche Instrumente wie die Düngeverordnung im Hinblick auf die Nitratbelastung verschärft werden.
Zum zweiten muss die drängende Naturschutzfinanzierungsfrage angegangen werden. Auf EU-Ebene hängt diese Frage über den mehrjährigen Finanzrahmen der EU bedingt auch wieder mit der Landwirtschaftspolitik zusammen. Aber auch auf Ebene des Bundes und vor allem der Länder muss sich - wiederum unabhängig von der EU-Politik - etwas ändern, damit ausreichend personelle und finanzielle Kapazitäten für die erforderlichen Schutzmaßnahmen vorhanden sind.
Neben einer weiterhin erforderlichen strengen Kontrolle des Gesetzesvollzugs und den sich diesbezüglich aus neuen Technologien ergebenden Möglichkeiten ist zum dritten auch an der besseren Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien im engeren Sinne zu arbeiten. Hierzu wird die EU-Kommission voraussichtlich verschiedene Prozesse anstoßen, um etwa die untergesetzlichen "Guidance-Dokumente" zu einzelnen Bereichen wie der Auslegung der Artenschutzbestimmungen zu verbessern. Einheitliche Handlungsempfehlungen beispielsweise zur Handhabung des artenschutzrechtlichen Ausnahmetatbestandes und die Abgrenzung sich hieraus ergebender Streitfragen können aus Sicht der Umwelt- und Naturschutzverbände sinnvoll sein.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht verständlich, dass der deutsche Gesetzgeber sowohl im Bereich des Arten- als auch des Habitatschutzes vorprescht und unter dem Deckmantel eines angeblichen "Pragmatismus" wenig überzeugende und in der Sache für eine Standardabsenkung sorgende Lösungen ohne weitergehende Diskussion mit den Verbänden als deutschen Sonderweg gesetzlich festschreiben möchte. Auch hier werden sich die Umwelt- und Naturschutzverbände weiter einbringen, um rechtssichere, handhabbare und einen hohen Schutz gewährleistende Konkretisierungen zur Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien zu finden.