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Über 120 Fachleute bei NABU-Hutewaldtagung in Deggingen
Waldnaturschutz und Artenvielfalt im Fokus
1. Juni 2016 – Über 120 Vertreterinnen und Vertreter von Forst und Naturschutz sind am 1. Juni zur „Hutewaldtagung“ in Deggingen zusammengekommen, die der NABU Baden-Württemberg in Kooperation mit der Gemeinde Deggingen und der Unteren Forstbehörde des Landkreises Göppingen organisiert hat. Im Mittelpunkt stand die Rolle sogenannter Hutewälder – lichte Wälder, die durch die Nutzung als Waldweide entstehen – für den Waldnaturschutz. Die Fachleute aus ganz Baden-Württemberg nutzten die Gelegenheit, sich über den aktuellen Forschungsstand sowie rechtliche Rahmenbedingungen zu informieren und sich auszutauschen. Praktische Erfahrungen standen im Mittelpunkt der Exkursionen in den rund 18 Hektar großen Hutewald Nordalb. „Das Hutewaldprojekt im Wald von Deggingen ist ein Musterbeispiel für gelungenen Waldnaturschutz. Gemeinsame Initiativen wie die hier vor Ort von Forstamt und Gemeinde tragen maßgeblich zum Erhalt bedrohter Arten in unseren Wäldern bei“, hob NABU-Waldreferent Johannes Enssle hervor.
Deggingens Bürgermeister Karl Weber betonte: „Das große Interesse der Fachöffentlichkeit ist ein gutes Signal und bestärkt uns in unserem Engagement für den Waldnaturschutz. Damit ein solch langfristiges Projekt gelingen kann, braucht es engagierte Förster und eine enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Tierhaltern. Wir sind froh, dass wir mit unserem Schäfer Hertler hier einen verlässlichen Partner haben.“ Hutewälder zeichnen sich durch lichte Waldstrukturen aus, die durch Beweidung entstehen. Sie sind Lebensraum für viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Das verdeutlichte der landesweit anerkannte Käferexperte Ulrich Bense in seinem Vortrag und gab Einblicke in die verborgene Welt der sogenannten xylobionten Käferarten, die nur an alten und urwüchsigen Bäumen wie im Hutewald Deggingen vorkommen.
„Lichte Wälder sind ein Eldorado für seltene Pflanzen wie die Türkenbundlilie oder das Männliche Knabenkraut oder Vögel wie Grau- und Mittelspecht, Gartenrotschwanz und Halsbandschnäpper. Wir wünschen uns noch mehr solcher Projekte mit Rindviechern und Schafen im Wald in Baden-Württemberg. Der Natur würde das gut tun“, sagte NABU-Waldreferent Enssle. Wie die Förster vorgegangen sind, um aus einem Wirtschaftswald wieder einen Hutewald mit seinen besonderen Eigenschaften zu machen, erläuterten Martin Geisel, Leiter des Forstamts Göppingen und der Degginger Forstrevierleiter Gebhard Schürle bei der Exkursion in den Wald.
Vorträge der Referenten:
Hintergrund: Hutewald Nordalb
Hutewald bezeichnet eine historische Nutzungsform des Waldes, die insbesondere im Mittelalter weit verbreitet war. Die offenen, lichten Wälder mit wenig Unterwuchs und breitkronigen, alten Bäumen, vor allem Eichen und Buchen, sind über Jahrhunderte hinweg durch Beweidung entstanden. Nach Ablösung der „Waldweide“ durch die Stallhaltung wurden die meisten Hutewälder in reine Wirtschaftswälder umgewandelt. Heute gibt es in Deutschland nur noch sehr wenige Hutewälder.
Der rund 18 Hektar große Hutewald im Gemeindewald Deggingen befindet sich auf der Hochfläche der Nordalb. Um die Wiederherstellung eines Hutewaldes zu erreichen, wurde über einen Zeitraum von etwa fünf Jahren das dichte Unterholz entfernt, um die großen, ökologisch wertvollen Weidbuchen freizustellen. Diese Bäume bieten Lebensraum für seltene Käfer und Insekten. Auch Vögel, Fledermäuse, Rehe und viele Bodenblüher unter den Pflanzen profitieren von dieser Waldformation. Um den Wiederaufwuchs des Unterholzes zu verhindern, wird der Hutewald regelmäßig mit Schafen des Schäfereibetriebes Hertler aus Deggingen beweidet.