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NABU: Für Naturnahe Landwirtschaft



Weizenanbau in ausgeräumter Landschaft - Foto: Ingo Ludwichowski
15. Februar 2017 – „Jetzt gilt es Farbe zu bekennen: Steht Grün-Schwarz in Baden-Württemberg für eine nachhaltige Förderung des ländlichen Raums oder für die Verteilung von Steuermillionen nach dem Gießkannenprinzip?“, fragt der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle mit Blick auf eine Bundesratsinitiative, über die am Montag (20.2.17) in Berlin beraten wird. Demnach sollen bundesweit 15 statt bislang 4,5 Prozent der Mittel aus der ersten in die zweite Säule der Agrarförderung verschoben werden, um bäuerliche Familienbetriebe und die nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum zu stärken. Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben den Antrag eingebracht.
Während die erste Säule gießkannenartig alle Landwirtinnen und Landwirte ohne nennenswerte Auflagen fördert, finanziert die zweite Säule gezielt Agrarumwelt- und Investitionsfördermaßnahmen. Diese kommen direkt der Umwelt, dem Tierwohl und der Lebensqualität in ländlichen Räumen zugute. Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk hat durchblicken lassen, dass er dem Antrag voraussichtlich nicht zustimmen werde. „Es wäre höchst bedauerlich, wenn bundesweit eine bessere Förderung des ländlichen Raums an der CDU in Baden-Württemberg scheitern würde“, meint Enssle und fordert Grün-Schwarz auf, das Thema erneut zu diskutieren.
„Erst in den letzten Tagen hat sich die Landesregierung wortreich zur Bedeutung einer natur- und tierfreundlichen, kleinstrukturierten Landwirtschaft bekannt. Jetzt kommt es darauf an, diesen Worten Taten folgen zu lassen. Die jetzt zur Diskussion stehende Umschichtung wäre für den Landeshaushalt kostenneutral, das Land müsste keinen eigenen Euro beisteuern. Gerade Betriebe, die durch Weidetierhaltung oder Grünlandwirtschaft unsere wertvollen Kulturlandschaften erhalten, würden profitieren. Wenn das Land dagegen stimmt, wäre das für die Natur und für unsere Landwirtschaft eine denkbar schlechte Nachricht“, mahnt der NABU-Landeschef.
Neben Ministerpräsident Winfried Kretschmann sieht der NABU vor allem Minister Hauk in der Pflicht, sich für die Umschichtung stark zu machen: „Wir erwarten, dass Herr Hauk genauso engagiert für eine bessere Agrarförderung eintritt, wie er die Bauernregeln-Kampagne von Umweltministerin Hendricks bekämpft hat. Jetzt kann er zeigen, dass ihm bäuerliche Familienbetriebe wirklich so sehr am Herzen liegen, wie er in Pressemitteilungen stets betont“, sagt Enssle.
Der NABU kämpft seit Jahren dafür, dass Fördergelder nur für Maßnahmen ausbezahlt werden, die der Gesellschaft dienen, etwa weil sie die biologische Vielfalt, die Grundwasserqualität, den Klimaschutz oder das Tierwohl fördern. Mehr Mittel von der ersten Säule (Direktzahlungen) in die zweite Säule (Agrarumweltmaßnahmen etc.) zu verschieben, wäre dafür nach Ansicht des Naturschutzverbandes ein erster wichtiger Schritt. „Die EU lässt ihren Mitgliedsstaaten die Freiheit, bis zu 15 Prozent der üppigen Agrargelder aus der ersten in die zweite Säule zu verschieben. Diesen Spielraum sollte Deutschland unbedingt nutzen, um damit eine nachhaltige Wirtschaftsweise angemessen zu honorieren. Landwirtinnen und Landwirte erhielten so die Möglichkeit, verantwortungsvoll wirtschaften zu können, um ihre Betriebe fit für die Zukunft zu machen“, sagt Jochen Goedecke, Landwirtschaftsreferent beim NABU Baden-Württemberg. Insbesondere für den Südwesten sei eine starke zweite Säule entscheidend, weil sie die besonderen Leistungen der kleinstrukturierten baden-württembergischen Landwirtschaft gezielt honoriert, anstatt mit der Gießkanne alle Betriebe zu fördern.
Im Koalitionsvertrag hatte Grün-Schwarz vereinbart, die Umschichtung in die zweite Säule auf sechs Prozent aufzustocken – aus NABU-Sicht viel zu wenig, um Wirkung zu erzielen. „Jetzt hätte die Landesregierung die Chance, einen echten Schritt nach vorne zu machen. Und das ohne eigenes Geld in die Hand nehmen zu müssen. Wir hoffen sehr, dass sie diese Chance nicht verpasst“, sagt Goedecke.
Insgesamt schüttet die EU jedes Jahr rund 60 Milliarden Euro an die Landwirtschaft in den EU-Mitgliedsländern aus. Das entspricht rund 40 Prozent des gesamten EU-Haushaltes. Umweltverbände, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie kleinere Bauernverbände fordern schon lange, die Mittel anhand klarer ökologischer und sozialer Kriterien zu verteilen.