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Festakt mit Umweltstaatssekretär Dr. Baumann und EU-Kommissionsvertreter Just



Unterwegs auf dem Natura-2000-Trail in Stuttgart-Büsnau: NABU-Landeschef Johannes Enssle (2.v.re.) mit den Verbandsspitzen der Naturschutzorganisationen im Land und Alexander Just (3.v.li.) von der EU-Kommission. -Foto: NABU/Ingrid Eberhardt-Schad
29. November 2017– Im Rahmen eines Jubiläumsabends mit Festakt im Stuttgarter Linden-Museum unter der Schirmherrschaft von Umweltminister Franz Untersteller haben die vier Naturschutzverbände NaturFreunde, NABU, LNV und BUND in Baden-Württemberg am 28. November ein besonderes Jubiläum gefeiert: 25 Jahre Natura 2000. In ihren Beiträgen würdigten die Spitzen der vier Verbände sowie Dr. Andre Baumann, Staatssekretär im Landesumweltministerium, und Alexander Just von der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission die Gründung des europäischen Schutzgebietsnetzes am 21. Mai 1992 als Meilenstein für den Naturschutz – betonten aber auch dringenden Handlungsbedarf.
Europaweit zählen mehr als 27.000 Flächen zu dem grenzüberschreitenden Schutzgebietsnetz, dem größten weltweit. „Die Dimensionen von Natura 2000 sind gewaltig, ebenso groß müssen deshalb auch die Anstrengungen der Mitgliedsstaaten für einen guten Erhaltungszustand ihrer Gebiete sein“, sagte Alexander Just in seiner Festrede vor zahlreichen Gästen aus Politik, Verbänden und Verwaltung. „Die Richtlinien schützen etwa 1.500 Tier- und Pflanzenarten und etwa 200 seltene Lebensraumtypen innerhalb und außerhalb dieser Schutzgebiete“, führte Just aus. Mit dem Aktionsplan „Menschen, Natur und Wirtschaft“ will die EU die Umsetzung der Richtlinien erleichtern und verbessern sowie die Betroffenen stärker einbeziehen. „Wir haben schon Großes erreicht, stehen aber weiterhin vor enormen Aufgaben und viel Arbeit, um die Zukunft der artenreichen Natur- und Kulturlandschaften Europas zu sichern“, so Just.
„Baden-Württemberg ist das Land der Wacholderheiden, des Rotmilans und der blumenbunten Mähwiesen. Wir brauchen Natura 2000, um dieses einzigartige Natur- und Kulturerbe zu erhalten“, betonte Dr. Andre Baumann, Staatssekretär im Umweltministerium, in seinem Grußwort. „Die FFH-Richtlinie ist das zentrale Instrument, mit dem die Landesregierung den Erhalt der biologischen Vielfalt im Land vorantreibt. Auch das vom Kabinett letzte Woche beschlossene Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt verfolgt das Ziel, geschützte Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu schaffen, zu erhalten und, wo möglich, miteinander zu vernetzen. In den Managementplänen für die Natura 2000-Gebiete wollen wir hierzu gemeinsam mit der Landwirtschaft, den Kommunen und den Verbänden den Vertragsnaturschutz und den investiven Naturschutz weiter stärken. Damit wir erhalten können, was uns erhält.“

Spitzengespräch zwischen Politik und Naturschutz (v.li.) im Land: Andreas Linsmeier (NaturFreunde), Alexander Just (EU-Kommission), Sylvia Pilarsky-Grosch (BUND), Dr. Gerhard Bronner (LNV), Staatssekretär Dr. Andre Baumann und Johannes Enssle (NABU). -Foto: NABU/Ingrid Eberhardt-Schad
Neben den Wacholderheiden der Schwäbischen Alb gehören auch die badischen Rheinauenwälder und die Moore im Allgäu zum Natura 2000-Netz im Land. „In diesen artenreichen Ökosystemen leben viele hundert geschützte Tier- und Pflanzenarten. Die EU-Naturschutzrichtlinien sorgen dafür, dass diese auch kulturhistorisch und für den naturnahen Tourismus wertvollen Biotope erhalten bleiben und Schafhalter oder Landwirte für die Bewirtschaftung finanzielle Hilfen erhalten“, sagte NABU-Landesvorsitzender Johannes Enssle. „Dass es die Richtlinien in ihrer jetzigen Form noch gibt, ist auch dem enormen Einsatz der Naturschutzverbände zu verdanken.“ Im Rahmen der Kampagne „Nature Alert“ hatte der NABU mit seinen europäischen Partnern für die Bedeutung des europäischen Naturerbes und damit für den Erhalt der EU-Naturschutzrichtlinien geworben. Über eine halbe Million Menschen beteiligten sich daraufhin an der Aktion. „Der Prozess hat gezeigt, wie wichtig vielen Menschen der Schutz von Pflanzen, Tieren und deren Lebensräumen ist, über Landesgrenzen hinweg“, so Enssle. „Die Landesregierung in Baden-Württemberg hat erkannt, dass das Natura 2000-Netz nur dann seine Wirkung für den Erhalt der Biodiversität entfalten kann, wenn ausreichend Geld und Personal da sind“, lobte Enssle.
Verstärkten Handlungsbedarf sieht Andreas Linsmeier, Landesvorsitzender der NaturFreunde, bei der Stärkung der Natura 2000-Gebiete vor Ort. „Leider wird der Schutz und die Entwicklung der Gebiete durch Akzeptanzprobleme erschwert“, so Linsmeier. Dies resultiert für den NaturFreunde-Chef aus zu geringem Wissen über die Bedeutung von Natura 2000. „Wir brauchen mehr Möglichkeiten für die Kommunikation, um das Interesse an den Schutzgebieten zu stärken und die Menschen mitzunehmen“, forderte Linsmeier. Wohin die Reise gehen kann, zeigte eine Wanderung der Naturschutz-Landesspitzen am Vormittag mit Alexander Just auf dem Natura-2000-Trail im Büsnauer Wiesental. Das preisgekrönte Konzept der NaturFreunde macht auf mehr als 100 Wanderwegen in Deutschland viele Naturschätze vor der Haustür besser erlebbar.
„Wer besonders geschützte Arten wie den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings erhalten will, muss auch ihre Lebensräume schützen“, ist der Vorsitzende des Landesnaturschutzverbandes BW (LNV) Dr. Gerhard Bronner überzeugt. „Die Europäische Umwelt- und Naturschutzpolitik hat mit der Verabschiedung des Natura 2000-Netzes große Fortschritt in allen Mitgliedsstaaten angestoßen und eingefordert“, sagte Bronner. Defizite sieht er beim Bodenschutz, wo angesichts des anhaltenden Flächenverbrauchs und teilweise nicht angepasster Landwirtschaft dringender Veränderungsbedarf besteht: „Wir brauchen eine bessere Integration von Naturschutzaspekten in die europäische Landwirtschafts- und Infrastrukturpolitik.“
Große Lücken sieht die BUND-Landesgeschäftsführerin Sylvia Pilarsky-Grosch bei der Integration der Landwirtschaft in den Naturschutz. „Die EU-Agrarpolitik muss in Zukunft so gestaltet werden, dass sie die Ziele der FFH-Richtlinie unterstützt, statt diese zu unterlaufen. Den schlechtesten Erhaltungszustand finden wir auch bei den FFH-Lebensraumtypen in der Agrarlandschaft, wie beispielsweise artenreichen Mähwiesen“, kritisiert Pilarsky-Grosch. Hier sei auch das Land gefragt, die Landwirtschaftsbetriebe besser zu unterstützen: „Die Gründung der Landschaftserhaltungsverbände war ein wichtiger Schritt. Jetzt muss das Land mutig weitermachen.“