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Mehr ...UN-Verhandlungen zur Biologischen Vielfalt
Inga Fink berichtet über ihre Erfahrungen


Hallo zusammen,
ich bin Inga Fink, 25 Jahre alt, und bereits 16 Jahre lang in der Naturschutzjugend (NAJU) aktiv. Seit vier Jahren engagiere ich mich im Landesvorstand der NAJU Baden-Württemberg. Da ich die internationale Umweltpolitik als sehr interessant und rahmengebend für nationale Maßnahmen empfinde, nehme ich diesen November als Jugenddelegierte an der 14. UN-Konferenz zur Biologischen Vielfalt (COP 14) teil. Diese beruht auf der UN-Biodiversitätskonvention von 1993, deren 196 Vertragsstaaten sich alle zwei Jahre treffen. Dabei stehen der Erhalt der biologischen Vielfalt sowie die nachhaltige Nutzung dieser und die gerechte Verteilung des daraus resultierenden Profits im Vordergrund. Das Projekt Voice for Biodiv, welches durch das Umweltbundesamt gefördert wird, ermöglicht es mir und fünf weiteren Jugenddelegierten, unserer Generation auf der Konferenz gemeinsam eine Stimme zu geben. Vor Ort auf der Konferenz in Ägypten bringen wir uns als Teil des globalen Netzwerkes Global Youth Biodiversity Network (GYBN) in die Verhandlungen ein und tauschen uns mit Politiker*innen aus. In den nächsten Wochen werde ich hier von meinen Erfahrungen als Jugenddelegierte auf der UNBiodiversitätskonferenz COP 14 berichten. Bei Rückfragen bin ich gerne unter mailto:Inga.Fink@NAJU-BW.de erreichbar.
Ready, steady, go!
Hotel - Bus - Konferenzcenter. An diesen drei Orten habe ich seit der Ankunft im ägyptischen Sharm El Sheikh meine Zeit verbracht. An dem letzten der drei Orte natürlich mit Abstand am meisten Zeit. Nach zwei Stunden Schlaf lernten wir direkt am ersten Tag andere Jugenddelegierte aus verschiedensten Ländern kennen und begannen, die Verhandlungen auf Hochtouren vorzubereiten. Am heutigen Samstag wurde die UN Biodiversitätskonferenz COP14 offiziell eröffnet, wofür der ägyptische Präsident persönlich anreiste. An jedem normalen Konferenztag passieren wir morgens Sicherheitskontrollen wie man sie von Flughäfen kennt – heute wurden all diese Sicherheitsvorkehrungen auf dem Konferenzgelände nochmals stark verschärft. Letztendlich hat sich aber auch dieser Aufwand sehr gelohnt, denn wir konnten als Global Youth Biodiversity Network während der offiziellen Eröffnung im Plenarsaal mit unserer Rede vor den Vereinten Nationen zu Wort kommen: Biodiversität soll zukünftig effektiver in verschiedenste Sektoren, wie z.B. Infrastruktur oder Gesundheitswesen, eingebracht werden! Dabei spricht man auch von Mainstreaming Biodiversity, was mir persönlich sehr am Herzen liegt und wofür ich mich im weiteren Verlauf der Konferenz einsetzen werde. Ich bin gespannt darauf, wie unser Appell in den UN-Verhandlungen umgesetzt wird!
Eintauchen in die Verhandlungswelt
Seit der offiziellen Eröffnung der Konferenz ist jeden Tag unglaublich viel passiert. Von früh morgens bis in die Abendstunden waren wir jeweils auf der Konferenz, haben die Verhandlungen verfolgt und dokumentiert, uns mit Reden – sogenannte Interventionen – eingebracht und sind mit vielen verschiedenen Menschen ins Gespräch gekommen. Alle Delegierten hier scheinen etwas das Zeitgefühl zu vergessen, da auch das Wochenende über volles Programm war und man sehr in die Verhandlungswelt eintaucht.
Erfreulich war es für mich, dass wir bereits in der ersten Woche uns so vielfach einbringen konnten und andere Staaten oder Vereinigungen sich auch auf unsere Statements rückbezogen. Auch über unseren Infostand konnten wir mit Delegierten unterschiedlichster Länder und ebenso ägyptischen Studenten in Austausch kommen.
Als deutsche Jugenddelegation hatten wir bereits den ganzen Sommer über eine Deutschlandtour gemacht, um in Workshops auf das Thema Biodiversität aufmerksam zu machen und uns mit jungen Menschen über den Erhalt von Biodiversität auszutauschen. Dabei haben wir auf über 400 Postkarten Wünsche, Anregungen und Forderungen gesammelt, welche wir gebündelt in Form von kleinen Büchern auf die Konferenz mitgenommen haben. Diese überreichten wir Anfang der Woche an Frau Dr. Paulus (BMU), Leiterin der deutschen Delegation. Die Delegation war sehr dankbar, diese Anregungen zu erhalten und Frau Dr. Paulus betonte, dass solche erfrischenden, inspirierenden Botschaften von Kindern und Jugendlichen eine große Motivation sind, hier auf der Konferenz gute Arbeit zu leisten. An dieser Stelle bedanke ich mich noch einmal ganz herzlich für die vielen Postkarten, die uns im Vorfeld erreicht haben, und natürlich auch bei Frau Dr. Paulus sowie der deutschen Delegation!
Endlich Wochenende! Und auf in die zweite Runde.
Wochenende bedeutet hier Freitag und Samstag, denn am Sonntag beginnt in Ägypten die neue Woche. Wir nutzten die Gelegenheit, um einen Ausflug in den Nationalpark Ras Mohammed zu machen und uns das nahegelegene, sehr beeindruckende Korallenriff anzusehen. Samstag verbrachte ich den Tag auf dem Konferenzgelände, um am Health Day teilzunehmen. Dieses Jahr ist das Thema Mainstreaming Biodiversity in Health ein fester Bestandteil der CBD COP, was ich als Psychologiestudentin besonders befürworte. Wie hängt menschliche Gesundheit mit Biodiversität zusammen? Wie wichtig ist Biodiversität für unsere Ernährungssicherheit, medizinische Versorgung und unser Wohlbefinden? Wie beeinflussen wir Biodiversität? Diese Fragen und viele mehr diskutierten wir! Die zweite Konferenzwoche starteten wir mit einem Treffen mit der Executive Secretary Christiana Pasca Palmer, die unsere Arbeit als Global Youth Biodiversity Network sehr schätzte und uns ermunterte, uns weiterhin so vielfältig und aktiv einzusetzen. Mit der deutschen Delegation konnten wir uns ebenfalls noch einmal austauschen und unser Wissen zu den Konferenzprozessen vertiefen. Am Dienstag bekam ich zudem die Möglichkeit, gemeinsam mit meiner Kollegin Janinka neben einigen anderen spannenden Jugendinitiativen aus der ganzen Welt die NAJU auf der Konferenz näher vorzustellen.
Endspurt! Die letzten Verhandlungstage
Nun geht es auf die letzten Tage der Konferenz zu. Das ist auch in den Verhandlungsräumen spürbar: Der Ton ist informeller geworden, die Delegierten beklagen ihre Müdigkeit und fordern die anderen Länder zu größerer Kompromissbereitschaft auf. Hier ist großes Durchhaltevermögen gefragt!
Am Mittwoch konnten wir uns mit dem Direktor der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission Humberto Delgado Rosa treffen und uns über den Verlauf der Konferenz sowie unsere Rolle als Jugend austauschen. Ihm überreichten wir ein Postkartenbooklet mit Wünschen und Anregungen zur Biodiversitätspolitik von Kindern und Jugendlichen aus Deutschland. Humberto Delgado Rosa gefiel unsere Postkartenaktion sehr gut und er bemerkte, dass junge Menschen essentielle Forderungen oft besonders gut auf den Punkt bringen können. Die Stimme der Jugend wird in Form von vielen gelungenen Postkarten aus ganz Deutschland auch in seinem weiteren Kollegium Aufmerksamkeit bekommen.
Ein weiteres Highlight war die offizielle Herausgabe der neuen Version des Guidebooks „CBD in a Nutshell“ von uns als Global Youth Biodiversity Network (GYBN), welches alles Wichtige zur Konferenz und zur Biodiversitätskonvention übersichtlich und verständlich erklärt. Das Buch ist in den letzten Jahren auch unter den Delegierten verschiedenster Länder sehr beliebt geworden, sodass es nun von der Originalsprache Englisch in Deutsch, Spanisch und weitere Sprachen übersetzt werden wird.
Aufbruchsstimmung und ein Blick ins Jahr 2050
Am Donnerstag, dem letzten Tag der Konferenz, wurden verbliebene, noch nicht beschlossene Agenda Items letztendlich verabschiedet und Aufbruchsstimmung machte sich auf dem Konferenzgelände breit. Am Abend konnten wir im Plenum unsere letzte Rede als Jugend vortragen: Wir forderten, dass indigene Bevölkerungsgruppen stärker in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden und der Einhaltung von Menschenrechten in diesem Zusammenhang größere Aufmerksamkeit gegeben wird! Darüber hinaus sollten bis 2020 eigentlich gemäß des strategischen Plans alle Aichi Ziele erreicht sein, um die Biodiversität zu erhalten. Leider werden nicht mehr alle dieser 20 Ziele erreicht werden können. In den verbleibenden zwei Jahren gilt es somit noch einmal, alles herauszuholen, um noch möglichst viel zu erreichen und dann ab 2020 einen neuen, sinnvollen strategischen Plan für den Erhalt der Biodiversität zu verfolgen.
Im Hinblick auf einen neuen strategischen Plan mit möglicherweise anderen, angepassten Zielen post 2020 haben wir uns Freitag und Samstag nach dem Konferenzende als Global Youth Biodiversity Network zusammen gesetzt und intensiv an unseren Visionen für 2050 und deren Umsetzung gearbeitet. Wie sieht die Zukunft der Biodiversität aus? Was können wir dafür tun und welche Ziele sind in diesem Prozess besonders wichtig?
Nach den beiden letzten, nochmals sehr arbeitsreichen Tagen gemeinsam mit all den Jugenddelegierten aus der ganzen Welt machten wir uns nachts auf den Weg ins verregnete, deutlich kühlere Deutschland. Kaum zu glauben, dass diese drei Wochen auf der Konferenz so schnell vorbei gegangen sind! Unsere Köpfe sind noch voller Eindrücke und Erfahrungen, die so langsam Stück für Stück verarbeitet werden, sowie voll neuer Ideen und Inspirationen.
Zweieinhalb intensive Verhandlungswochen – Und jetzt?

NAJU-Gruppe - Foto: L. Hindriks
Die letzten zweieinhalb Wochen in Ägypten sind wie im Flug vergangen. An jedem einzelnen Tag gab es auf der Konferenz einiges zu tun und immer passierte an verschiedenen Orten viel gleichzeitig. Mehr und mehr konnte ich verstehen wie die Konferenz strukturiert ist und wie genau die Entscheidungsprozesse ablaufen. Auch die Positionen der unterschiedlichen Länder lernte ich kennen und bald fügte sich alles in ein großes Ganzes ein. Besonders in den letzten Verhandlungstagen wurde mir deutlich, wie wichtig gutes Verhandlungsgeschick und vor allem Durchhaltevermögen sind. Natürlich gelang es dabei nicht allen Ländern gleich gut, überhaupt durch Delegierte in allen Verhandlungsrunden zu relevanten Themen anwesend zu sein. Manche Staaten konnten Delegationen von gut 30 Leuten stellen, andere jedoch nur einige wenige Delegierte. Ich denke von daher, dass es ein Anliegen sein sollte, die kommenden Konferenzen inklusiver zu gestalten, sodass auch kleine Delegationen die Möglichkeit haben, in allen wichtigen Arbeits- und Kontaktgruppen, in denen die Themen verhandelt werden, anwesend zu sein. Darüber hinaus fiel uns die verbesserungswürdige Nachhaltigkeit des Veranstaltungsortes auf. Die Klimaanlagen wurden anfangs auf 9°C eingestellt, auf dem gesamten Gelände gab es ausschließlich Einwegplastikgeschirr und Pappbecher, zunächst keine vegetarischen Gerichte und Werbung von einer Airline. Die ganze Umgebung war eine Tourismusoase, wodurch natürlich Sicherheitsstandards und Übernachtungsplätze gegeben waren, allerdings auch in wertvolle Naturräume eingegriffen worden war. Da wir jedoch genau auf dieser Konferenz darüber verhandelten, wie wir die biologische Vielfalt erhalten können, sollten wir möglichst mit gutem Beispiel vorangehen. Ich erhoffe mir, dass bei kommenden Konferenzen die Gastgeberländer weiter darin unterstützt werden, die Veranstaltung möglichst umweltfreundlich auszutragen und gegebenenfalls auch Umweltaspekte als Richtlinien für die Wahl des Veranstaltungsortes hinzugezogen werden.
Positiv hervorheben kann ich jedoch die Erfahrung, wie wir als Jugend auf der Konferenz mitwirken konnten. Zu verschiedenen Themen brachten wir in den Verhandlungen unsere Statements ein und Staaten bezogen sich teils auf unsere Standpunkte und Appelle. Auch durch öffentlichkeitswirksame Aktionen zwischen den Plenarsälen und den direkten Austausch mit Delegierten vertraten wir die Stimme der Jugend. Ich bekam den Eindruck, dass wir als Jugend die internationale Biodiversitätspolitik aktiv mitgestalten können und diese Möglichkeit definitiv weiter nutzen müssen! Deswegen gilt es jetzt, als Jugend weiter vernetzt zu bleiben und sich gegenseitig bei Projekten und der Umsetzung der Beschlüsse auf nationaler Ebene zu unterstützen. In zwei Jahren sollten alle Aichi Ziele zum Schutz der Biodiversität erreicht sein. Das wird nur noch bedingt machbar sein. Alle Staaten sollten jedoch noch einmal alles geben, um diese Ziele zumindest teilweise zu erreichen.
Auch ist es an der Zeit, sich bereits Gedanken zu machen, welche adäquaten Ziele wir uns für post 2020 setzen werden. Es gibt noch viel zu tun, deswegensollten wir uns alle für den Erhalt der biologischen Vielfalt einsetzen!