NABU-Sofa-Akademie
Die NABU-Sofa-Akademie bietet informative Online-Vorträge zu aktuellen Themen rund um Naturschutz in Baden-Württemberg. Mehr →
Junger Rotmilan - Foto: Jürgen Podgorski/www.naturgucker.de
12. März 2021 - Fast 100 Aktive aus dem ehrenamtlichen Naturschutz trafen sich am Mittwochabend per Videokonferenz zur ersten NABU-Sofa-Akademie des NABU-Landesverbandes. Im Fokus der Veranstaltung stand die Qualität von Artenschutzgutachten. Mit dem neuen, virtuellen Format möchte der NABU mit seinen Mitgliedern und Aktiven trotz der Corona-bedingten Einschränkungen in Kontakt bleiben und wichtige, aktuelle Themen des Umwelt- und Naturschutzes diskutieren.
Gute Artenschutzgutachten sind Schlüssel für rechtssichere Genehmigungsverfahren
Die Qualität von Artenschutzgutachten gibt in Naturschutzkreisen immer wieder Anlass zu Diskussionen. Denn die Gutachten sind ein Schlüssel für das Vertrauen der Naturschützerinnen und Naturschützer in die rechtssichere Bewertung von Eingriffen in die Natur durch die Genehmigungsbehörden. Dies betrifft etwa Infrastrukturprojekte wie Windkraftanlagen, Baugebiete, Straßen oder Eisenbahnlinien. „Bereits 2017 hatten wir zusammen mit dem BUND und dem LNV in einer Stichprobe acht Artenschutzgutachten für geplante Windkraftanlagen einem Gutachten-Check unterworfen. Dabei haben wir teils eklatante Mängel festgestellt. Viele Gutachten wichen von den etablierten Erfassungsmethoden für Greifvögel und Fledermäuse ab oder es fehlte an Transparenz und Nachvollziehbarkeit über die Art der Erhebungen“, sagte der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle. Gemeinsam mit dem BVDL, dem Berufsverband der Landschaftsökologen, und mit dem Bundesverband für Windenergie (BWE) in Baden-Württemberg haben die Umweltverbände dann einen Kriterienkatalog für gute Artenschutzgutachten erarbeitet. „Außerdem haben wir damals konkrete Maßnahmenvorschläge an die Politik gerichtet, damit die Gutachtenqualität mittelfristig verbessert wird. Dazu gehörte unter anderem die Forderung nach unabhängigen Kontrollen, die Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Genehmigungsbehörden und klare Standards und Checklisten für die Erstellung und Bewertung von Gutachten,“ berichtete Johannes Enssle in seinem Einführungsvortrag zur Sofa-Akademie. Jetzt, fast drei Jahre später, sei es Zeit, Bilanz zu ziehen.
Bilanz durchmischt
Ein Vertreter des Umweltministeriums berichtete über die Fortschritte der Landesverwaltung bei diesem Thema. An guten Gutachten müssten alle Seiten Interesse haben, denn sie sorgten für Rechtssicherheit und verhinderten die Verzögerung von Genehmigungsverfahren durch Widerspruchs- und Klageverfahren. Das Umweltministerium habe daher die Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Genehmigungsbehörden vorangetrieben, Arbeitshilfen zur Verfügung gestellt und die landesspezifischen Methodenstandards für die Planung von Windkraftanlagen weiterentwickelt. Außerdem würde derzeit an einem Plan für stichprobenhafte Qualitätskontrollen gearbeitet. Dazu sagte Johannes Enssle: „Ich freue mich, dass wir mit unserem Gutachten-Check vor drei Jahren etwas in Bewegung gebracht haben. Gerade mit den nun geplanten Stichprobenkontrollen setzt die Landesverwaltung eine unserer zentralen Forderungen um. Wir sind der Meinung, dass diese Stichprobenkontrollen dauerhaft etabliert werden sollten.“
Insgesamt sind die Fortschritte aus Sicht des NABU jedoch noch mager. Zwar wird in den neuen Hinweisen der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) zur Erfassung und Bewertung von Vogelvorkommen bei der Genehmigung von Windenergieanlagen empfohlen, den Kriterienkatalog der Umweltverbände mit BVDL und BWE anzuwenden. Doch dies passiere in der Praxis zu selten, kritisierte der NABU-Landesvorsitzende: „Wir sind nicht zufrieden damit, dass bislang offenbar weder die Gutachterbüros noch die Projektierer von Windkraftanlagen den von uns gemeinsam erarbeiteten Kriterienkatalog ernsthaft anzuwenden scheinen. Offenbar müssen wir hier als Umweltverbände weiter Druck machen.“
Grundlegende Änderungen auf Bundesebene gefordert
Besonders intensiv wurden unter den Ehrenamtlichen auch grundlegende Fragen der Gutachtenvergabe und der Qualitätssicherung diskutiert. So waren die Diskutanten der einhelligen Meinung, dass ökologische Gutachten zentral von der Verwaltung vergeben oder verlost werden sollten, um Interessenkonflikte durch finanzielle Abhängigkeiten von den Auftraggebern zu vermeiden. Auch die Zertifizierung von Gutachterbüros oder die Einführung von Gütezeichen durch eine Gütegemeinschaft wie die RAL wurden diskutiert. Ebenso wichtig sei es, dass die Universitäten weiter in die Ausbildung von Biologinnen und Biologen sowie Landschaftsökologinnen und -ökologen investierten, denn für viele Gutachterbüros sei auch die Verfügbarkeit des Personals ein Engpass.
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