Erfolgs-Aktion „Lebensraum Kirchturm“
2007 ist die Aktion „Lebensraum Kirchturm“ gestartet. Mehr →
Artur Bossert bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes - Foto: Dr. Peter Müller
23. November 2021 – Seit 52 Jahren gehört Artur Bossert dem NABU in Baden-Württemberg an und hat sich seitdem als engagierter Kümmerer für den Naturschutz in seiner Region rund um Karlsruhe einen Namen gemacht. „Artur Bossert verkörpert für uns den gelebten Naturschutz. Der langjährige Vorsitzende des NABU Karlsruhe hat stets beides im Blick – die Bedürfnisse der Natur und die des Menschen. Natur lässt sich in unserer dicht besiedelten Landschaft oft am besten schützen, wenn wir ihre Schönheit und Einzigartigkeit auch erleben können“, sagt Johannes Enssle, Landesvorsitzender des NABU Baden-Württemberg.
Unter Bosserts Ägide hat sich der NABU Karlsruhe in vielen Projekten aktiv eingebracht, darunter die Streuobstinitiative im Stadt- und Landkreis Karlsruhe, die ÖkoRegio-Tour oder das LIFE-Projekt Lebendige Rheinauen. Für seinen ausdauernden Einsatz für die Natur sowie sein langjähriges Engagement im Naturschutz hat der NABU dem Karlsruher bereits 2014 die Goldene Ehrennadel verliehen. „Die Ehrung mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ist absolut verdient, freut uns sehr und wir gratulieren Artur Bossert von ganzem Herzen“, so Enssle.
„Lebensraum Kirchturm“ ist eine langjährige und erfolgreiche Aktion des NABU, für die du dich besonders engagierst. Was waren hier deine größten Erfolge und wo stehen wir im Moment?
Seit Beginn der 1970er Jahre haben wir mit einigen engagierten Freiwilligen nahezu alle Kirchen in der Stadt Karlsruhe und viele im Landkreis mit Schleiereulenkästen ausgerüstet, aber auch zahlreiche Feldscheunen und andere Gebäude. Gleichzeitig wurde nach Vorkommen von Fledermäusen geschaut und – falls erforderlich – die Einflugöffnungen verbessert. In vielen Fällen wurden gleichzeitig Nistmöglichkeiten für Dohlen und Turmfalken geschaffen. So verfügen wir derzeit über zirka 150 Standorte in Kirchen und 30 weitere in anderen Gebäuden. Die Kästen werden von kleinen Teams betreut und gewartet, oft sind auch Mitarbeitende der Gemeinden beteiligt. In guten Jahren hatten wir schon bis zu 70 Schleiereulenbruten; leider ist der Bestand in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Über die Gründe können wir nur spekulieren, da es zumindest von 2017 bis 2020 günstige Bedingungen mit trockenen Sommern gab.
Jedes Jahr werden auch Kirchen mit einer Urkunde und der Plakette „Lebensraum Kirchturm“ ausgezeichnet, oft im Rahmen eines Gemeindefestes.
Der Mauersegler als Gebäudebrüter findet mitunter auch kirchlichen Beistand zum Brüten. Wie können Privatpersonen dem Vogel wirksam helfen?
Auch in Karlsruhe geht der Bestand an Mauerseglern zurück – ihnen fehlen vor allem Insekten als Nahrung sowie Brutplätze. Seit etwa zehn Jahren installieren wir deshalb künstliche Nistkästen an geeigneten Gebäuden, auch an Kirchen. Begleitet und unterstützt wird die Aktion von Aufrufen bei der Architekten- und Malerinnung, auch in Zusammenarbeit mit dem Umweltamt bzw. dem Städtischen Hochbauamt. So erfahren wir, wenn irgendwo Fassadenarbeiten stattfinden oder ein Baugerüst aufgestellt wird. Dann kann der NABU prüfen, ob die Örtlichkeit für einen Mauersegler-Nistkasten geeignet ist. Im besten Fall gibt es eine Nordseite, an der die Vogel-Reihenhäuser aus dem Fachhandel oder speziell angefertigte Nistkästen aufgehängt werden können. Diese können farblich und gestalterisch an die Fassade angepasst werden. Auch viele Privatpersonen – Hausbesitzende und Nachbarn, sogar Wohnungsbaugesellschaften oder Behörden – melden uns solche Vorhaben an ihren Gebäuden.
Mittlerweile hat der NABU-Fachmann Helmut Leopold mit seinem Team schon rund 150 Nistkästen montiert. Zu unserer Freude brüten schon seit einigen Jahren auch Alpensegler in Karlsruhe.
Dennoch geht der Bestand, auch bei den Mauerseglern, zurück. Hauptgrund ist der Mangel an Nahrung, meist Mücken, die im Flug gefangen werde. Die sogenannte „Schnakenbekämpfung“ entlang des Rheins mag zwar den Anwohnerinnen und Anwohnern etwas Ruhe vor den stechenden Quälgeistern ersparen, wirkt sich aber verheerend auf die Bestände von insektenfressenden Vogel- und anderen Tierarten aus, etwa auch auf Fische und Amphibien. Zudem werden nach neueren Forschungsergebnissen 80 Prozent der Zuckmückenlarven in den Gewässern abgetötet, die für die Biodiversität in den Rheinauen sehr wichtig sind.
Sich gemeinsam für den Naturschutz einzusetzen, ist das Kernziel des NABU. Müssen wir Naturschützenden uns noch stärker zusammentun, um der Arten- und der Klimakrise wirkungsvoll etwas entgegenzusetzen?
Ja – die Situation ist dramatisch, das Artensterben schreitet rasant fort. Ich kann jetzt bewusst mehr als 60 Jahrzehnte überblicken und weiß noch um den Artenreichtum von damals. Wo sind Feldschwirl, Sumpfrohrsänger, Baumpieper, Haubenlerche, Kiebitz geblieben, die früher in meiner unmittelbaren Umgebung vorkamen?
Wir müssen als Naturschützerinnen und Naturschützer die Kräfte bündeln und die Politik, aber auch Wirtschaft und Gesellschaft in die Pflicht nehmen, jetzt endlich wirkungsvolle Maßnahmen gegen das Artensterben zu ergreifen. Wir wissen, was notwendig, zielführend und erfolgreich ist, das haben wir bewiesen. Im Karlsruher Stadt- und Landkreis arbeiten wir eng mit den anderen Natur- und Umweltschutzverbänden zusammen, wenn es darum geht, zu den Planverfahren Stellung zu nehmen, die gerade in der Oberrheinebene mit ungebremster Dynamik stattfinden und die letzten Naturflächen bedrohen.
Artenschutz ist eine Überlebensfrage der Menschheit. Es sind viel größere Anstrengungen nötig, aber auch der Verzicht auf manche lieb gewordene Gewohnheiten oder Luxusgüter. Derzeit sehe ich noch nicht, dass wirklich durchschlagende Maßnahmen geplant sind, um die Arten- und Klimakrise auch nur ansatzweise in den Griff zu bekommen. Deshalb werde ich weiter für dieses Ziel kämpfen – auch um unseren Kindern und Enkelkindern eine lebens- und liebenswerte Welt zu hinterlassen.
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Die Mauersegler: Von April bis August verweilen sie als Sommergäste bei uns, um ihren Nachwuchs großzuziehen. Mehr →
Um im NABU aktiv zu werden, zählt vor allem eins: Der Wunsch und die Bereitschaft etwas für die Natur tun zu wollen! Mehr →
Mit einer NABU-Geschenkpatenschaft für Wildbienen oder Greifvögel schenken Sie Ihren Lieben ein ganz besonderes Stück Natur.
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