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Mehr ...Mitglieder erzählen: Der Arlesheimer See
Das Jubiläumsjahr wird doppelt gefeiert


Lieber Herr Holzwarth, lieber Herr Niethammer, lieber Herr Saumer, die Ausweisung des Natur-schutzgebietes „Arlesheimer See“ fällt mit der Gründung des Landesverbandes in Baden-Württemberg im Bund für Vogelschutz zusammen. Was bedeutet Ihnen dieses gemeinsame 50-jährige Jubiläum?
Dirk Niethammer: Die Gleichzeitigkeit dieser Jubiläen zeigt einerseits, wie breit verankert und vielfältig Naturschutzaktivitäten des damaligen DBV in Baden-Württemberg von Anfang an bereits waren, andererseits aber auch, wie weitsichtig und auch aus heutiger Sicht modern die Aktiven vor Ort gehandelt haben. Dies zeigt die besondere Stärke unseres Verbandes: lokale Akteure, die sich fachlich kompetent, geschickt und beharrlich auch an „dicke Bretter“ vor der Haustüre wagen und ein Landesverband, der den Mitgliedern vor Ort im richtigen Moment den Rücken stärkt und sich nicht scheut, mit mindestens gleicher Ausdauer auch unbequeme Themen landesweit anzugehen. Diese Synergie der verschiedenen Ebenen ist leider nicht immer, aber doch oft erfolgreich. Umso schöner, wenn dies in einem solchen Jubiläumsjahr gleich doppelt gefeiert werden kann.

Hansjörg Ernst, der langjährige Gebietsbetreuer, beaufsichtigt den Einsatz eines Baggers.- Foto: Fritz Saumer
Welche Aufgaben hat der NABU Freiburg von Beginn an übernommen, um den Arlesheimer See zu pflegen?
Günter Holzwarth: Dank der Tatsache, dass der damalige Leiter des Staatlichen Forstamtes II in Freiburg, Oberforstrat Hans Kleiber, gleichzeitig Naturschutzbeauftragter für den früheren Landkreis Freiburg und auch 2. Vorsitzender der DBV-Gruppe Freiburg war, wurde der NABU von Anfang an in die Pflege und Entwicklung des Naturschutzgebietes einbezogen. Der Arlesheimer See ist einer der über 40 Baggerseen, die um 1960/61 im Zusammenhang mit dem Bau der Bundesautobahn 5 Karlsruhe-Basel entstanden sind. Seinen Namen trägt das Gebiet nach dem Kloster Arlesheim bei Basel, das jahrhundertelang im Besitz dieses Waldstücks war. Nach dem Abschluss der Arbeiten an der Autobahn war ein großes, mit Wasser gefülltes Baggerloch ohne nennenswerte Rekultivierung zurückgeblieben. Steile, zum Teil bis zu 15 Meter tiefe Böschungswände machten es auch der Natur unmöglich, naturnahe Uferbereiche zu entwickeln. Gemeinsam mit dem Badischen Landesverein für Naturkunde und Naturschutz Freiburg und verschiedenen Institutionen der Universität Freiburg wurde das Ziel einer Unterschutzstellung als Naturschutzgebiet verfolgt. Diese Unterschutzstellung erfolgte am 08. August 1966 durch den Erlass der Verordnung des damaligen Regierungspräsidiums Südbaden.
Wie hat sich das Schutzgebiet über die Jahrzehnte entwickelt?
Günter Holzwarth: Schon früh haben wir erste gezielte Gestaltungsmaßnahmen veranlasst. Mit großzügiger Unterstützung durch das Regierungspräsidium in Freiburg konnten so große Teile der Uferbereiche umgestaltet und neue Biotopstrukturen geschaffen werden. Es wurden vom See unabhängige Kleingewässer und auch größere Flachwasserbereiche mit Inseln angelegt. In diesem Zusammenhang arbeiteten wir auch eine Brutwand für den Eisvogel aus der Böschung heraus, in der seither alljährlich Bruten dieser Vogelart zu beobachten sind.
Fritz Saumer: Diese Flachwasserbereiche haben auch die Entwicklung einer artenreichen Libellenfauna ermöglicht. Bestandsaufnahmen bis 1997 ergaben schon insgesamt 28 Arten. Auch die Bestände an Amphibien und Reptilien haben sich gut entwickelt. 6 Amphibienarten, darunter Gelbbauchunke und Springfrosch sind bekannt. 5 Reptilienarten wurden bisher beobachtet, darunter Bergeidechse und eine bemerkenswerte Population der Ringelnatter.
Für die Vogelwelt ist der Arlesheimer See besonders wichtig. Wie hat sich die Artenvielfalt dort über die Jahre und Jahrzehnte verändert?
Fritz Saumer: Der Arlesheimer See hat sich zu einem bedeutsamen Rastplatz für Wasservögel entwickelt. Häufige Beobachtungen brachten schon früh bemerkenswerte Ergebnisse, die Eingang in eine Datenbank fanden. Bis 1969 konnten 129 Vogelarten registriert werden. Es waren einige Masseneinflüge von Stockenten im vierstelligen Bereich zu verzeichnen. Solche außergewöhnlichen Zahlen konnten in den nachfolgenden Jahren nie wieder festgestellt werden. Manche Vogelart ist aus dem Gebiet wieder verschwunden, andere kamen neu hinzu. Bis heute zählen wir 167 Arten. Es gibt seit einigen Jahren am Rande des Schutzgebietes einen Schlafplatz des Kormorans mit bis zu 130 Vögeln. Einige Jahre siedelte sich eine Graureiherkolonie mit 8-10 Paaren an. Die in mehreren Jahren festgestellte Überwinterung der Großen Rohrdommel mit bis zu 4 Exemplaren endete leider 2013. Eine Kolonie des Trauerschnäppers ist noch da, allerdings mit deutlich weniger Paaren. Für 2012 ergibt eine Liste aus der Datenbank 27 Brutvogelarten und 9 weitere Arten mit Brutverdacht. Insgesamt ist festzustellen, dass die Vogelwelt in den letzten Jahren auch im Naturschutzgebiet, wie überall im Land, deutliche Rückgänge zu verzeichnen hat.
Welche Erfolge und welche Herausforderungen rund um den See sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Günter Holzwarth: Der in einem großen Waldareal, dem Arlesheimer Wald, liegende See weckte von Beginn an auch vielfältige Nutzungsinteressen, wie Angelsport, Tauchsport und besonders auch Badebetrieb. In der Tagespresse erschien ein Bild des Sees mit dem Hinweis, dass der See bald von Badenden belebt sein wird. Dies alles galt es abzuwehren. Besonders auch wegen der hochgefährlichen senkrechten Böschungen musste das Schutzgebiet mit einem stabilen Zaun umgeben werden.
Dies trug aber auch dazu bei, dass das Schutzgebiet weitgehend beruhigt werden konnte. Störungen bleiben aber auch bis heute nicht aus, immer wieder stellen wir fest, dass der Zaun aufgeschnitten wurde. Auch die forstliche Nutzung im Gebiet hat in den letzten Jahren zugenommen, wodurch nachhaltige Störungen entstanden sind. Wir bemühen uns derzeit, eine naturverträgliche Lösung dafür zu finden. Wir haben angeregt, das Naturschutzgebiet in das „Projekt für den Waldschutz“ einzubeziehen, welches das Land Baden-Württemberg für seine Staatswälder initiiert hat. Eine große Herausforderung steht im Zusammenhang mit dem Ausbau des 3. und 4. Gleises der Rheintaltrasse der Deutschen Bahn an. Durch die Planung wird das Schutzgebiet tangiert. Wir sind am Planungsgeschehen beteiligt und konnten schon wichtige Ausgleichsmaßnahmen in die Planung einbringen. So ist in der Planung bereits die Möglichkeit einer vielfach strukturierten Flachwasserzone mit etwa 5000 qm Größe verankert.
Was wünschen Sie dem Arlesheimer See für die nächsten 50 Jahre?
Hansjörg Ernst: Für die Zukunft wünsche ich, dass dem Arlesheimer See der Schutzstatus „Naturschutzgebiet“ ohne Einschränkungen erhalten bleibt und von allen Verantwortlichen auch so respektiert und behandelt wird. Vor bedrohlichen Einflüssen möge er bewahrt bleiben und eine fachkundige, engagierte Pflege erfahren, so dass er sich auch weiterhin positiv entwickeln kann. Seit nunmehr 31 Jahren habe ich mich als Betreuer um dessen Pflege und Entwicklung gekümmert. Leider kann ich diese Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiterführen. Meinem Nachfolger John Ryding wünsche ich ein gutes Wirken für die Zukunft des Naturschutzgebietes Arlesheimer See.