„Stunde der Gartenvögel“ in Baden-Württemberg
Vom 13. bis 16. Mai waren alle Vogelfreundinnen und -freunde aufgerufen, eine Stunde lang Vögel zu beobachten, zu zählen und an den NABU zu melden. Mehr →
Haussperling - Foto: Ralf Hausmann
04. Juni 2020 – Bei der diesjährigen „Stunde der Gartenvögel“, die vom 8. bis 10. Mai stattfand, wurde der bisherige Teilnehmerrekord der Aktion aus dem Vorjahr mehr als verdoppelt. In Baden-Württemberg haben sich mit 19.400 Vogelfreundinnen und -freunden (plus 242 Prozent) so viele Menschen wie noch nie an einem Zählwochenende eine Stunde lang Zeit genommen, um Vögel zu beobachten und dem NABU zu melden. Die gesichteten 354.000 Vögel (plus 208 Prozent) stammen aus mehr als 12.700 Gärten, Parks und sonstigen grünen Flecken im Südwesten. „Wir freuen uns, dass so viele Menschen unsere Aktion im Corona-Jahr unterstützt haben. Das bringt unsere Datenbasis wieder ein Stück voran. Wir hoffen, dass die vielen Erst-Teilnehmer auch im nächsten Jahr wieder mit dabei sind“, sagt Stefan Bosch, Fachbeauftragter für Ornithologie des NABU Baden-Württemberg.
Besonders im Fokus stand die Blaumeise. Im März und April wurden auffällig viele an Krankheit verstorbene Vögel dieser Art gemeldet. Über ein Online-Formular sammelt der NABU diese Hinweise. Bis heute gingen darüber bundesweit über 21.000 Meldungen mit knapp 40.000 betroffenen Vögeln ein. Das vogelspezifische Bakterium Suttonella ornithocola konnte als Auslöser dieser Epidemie identifiziert werden.
Während bundesweit betrachtet insgesamt 22 Prozent weniger Blaumeisen pro Garten gemeldet wurden, wirkte sich die Erkrankung auf die baden-württembergischen Bestände noch stärker aus. „Mit einem Minus von 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr sind die Blaumeisen im Südwesten im Bundesvergleich besonders stark betroffen“, erklärt Stefan Bosch.
Um das Blaumeisensterben als Ursache des Rückgangs zu identifizieren, haben die Forscher für jeden Postleitzahlbereich die Veränderungen der Blaumeisenzahlen mit der Anzahl der Meldungen kranker Meisen korreliert. Es ergab sich ein eindeutiger Zusammenhang: Je mehr Berichte toter Meisen, desto größer waren dort auch die Bestandsrückgänge. Auch bei Rotkehlchen und Goldammer konnte der gleiche Zusammenhang festgestellt werden. Beide Arten tauchen auch in den an den NABU übermittelten Epidemie-Meldungen vermehrt auf, während ein Labornachweis des Bakteriums bei diesen Arten noch aussteht.
Wie in den vergangenen Jahren war der Haussperling erneut der bundesweit am häufigsten gemeldete Gartenvogel, gefolgt von Amsel, Kohlmeise, Star, Feldsperling und Blaumeise. Deutschlands zuverlässigster Gartenvogel ist weiterhin die Amsel: Sie wurde in 91,6 Prozent aller Gärten in Baden-Württemberg (bundesweit 94 Prozent) innerhalb einer Stunde gesehen. Auch in Baden-Württemberg verteidigte der Haussperling den Spitzenplatz, gefolgt von Amsel, Kohlmeise, Feldsperling und Star.
Trotz des guten Wetters am Zählwochenende zeigt sich in Baden-Württemberg jedoch ein insgesamt enttäuschendes Ergebnis. So zählten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Durchschnitt 27,7 Vögel pro Garten – deutlich weniger als im Vorjahr (30,9). Die Zahlen sind seit Jahren rückläufig. „Ein Grund dafür sind die Wildvogelkrankheiten – neben dem Blaumeisensterben waren Amseln durch das Usutuvirus in den vergangenen Jahren stark betroffen. Ein weiterer Erreger trifft Grün- und Buchfink und sorgt bei diesen Arten für den niedrigsten Wert seit Jahren“, erläutert Stefan Bosch. Weitere Sorgenkinder sind die Rauchschwalbe mit einem Minus von 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, aber auch einst häufige Gartenbesucher wie Rotkehlchen, Stieglitz oder Zaunkönig verzeichnen sinkende Bestände. Mehlschwalbe und Mauersegler bleiben auf niedrigem Niveau stabil.
Der Vogelexperte sieht einen Zusammenhang zwischen den Erkrankungen der Vögel und der Fütterung der Tiere in den Frühjahrsmonaten. „An Futterstellen können sich Krankheitskeime rasch verbreiten. Wir empfehlen die Sommerfütterung nicht. Wer unbedingt füttern will, sollte auf Hygiene und geeignetes Futter achten, besonders in der Nestlingszeit“, empfiehlt Stefan Bosch. Vogel- und insektenfreundliche Gärten mit vielfältigen Blühpflanzen, Sträuchern und Laubbäumen sind die beste Unterstützung für die Tiere.
Die Ergebnisse sagen viel über die Vogelwelt in Siedlungen, aber auch über die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus. Aufgrund der Corona-Pandemie haben sich viel mehr Menschen mit der Natur vor der Haustüre beschäftigt als in den Vorjahren, vor allem auch Menschen in der Stadt. Das zeigt sich an den Teilnehmerzahlen und an der verstärkten Meldung von typischen Stadt- und Parkvögeln wie Tauben, Gänsen, Turmfalke und Halsbandsittich.
Detaillierte Ergebnisse sind auf Bundes-, Landes- und Landkreisebene auf www.stundedergartenvoegel.de abrufbar und können mit vergangenen Jahren verglichen werden. Die nächste Vogelzählung, die „Stunde der Wintervögel“ steht vom 8.bis 10. Januar 2021 an.
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