Mit einer NABU-Geschenkpatenschaft für Wildbienen oder Greifvögel schenken Sie Ihren Lieben ein ganz besonderes Stück Natur.
Mehr ...Gelbbindige Furchenbiene
Wildbiene des Jahres 2018



Wildbiene des Jahres 2018 ist die Gelbbindige Furchenbiene. - Foto: H. R. Schwenninger
Du arbeitest im Arbeitskreis Wildbienen-Kataster mit. Was macht ihr dort genau?
Der AK Wildbienen-Kataster ist eine Sektion innerhalb des Entomologischen Vereins Stuttgart e.V. Der 2003 gegründete Arbeitskreis hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Wissen zur Lebensweise und zum Vorkommen unserer Wildbienen zu vermehren, zu bündeln und in einer Datenbank zusammenzuführen, die im Internet abrufbar ist: www.wildbienen-kataster.de. Der AK arbeitet eng mit dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart zusammen. Ein großes Anliegen des AK ist es, die Wildbienen und ihre Bedeutung für den Naturhaushalt bekannter zu machen und für den dringend notwendigen Schutz dieser Tiere zu werben.
Es gibt den Vogel des Jahres, den Baum oder den Fisch des Jahres. Warum brauchen wir eine Wildbiene des Jahres?
Beim Wort „Biene“ fällt den meisten Menschen sofort Honig, Imkerei, Bienenvolk und vielleicht auch noch Bestäubung von Blumen ein. Die Wenigsten wissen, dass es in Deutschland einige hundert Arten von Wildbienen gibt, weltweit sind das über 20.000 Arten. Die Tiere leben meist als Einzelgänger (Solitärbienen), als Ausnahme bilden unsere Hummeln kleine Völker, die allerdings nicht überwintern – im Gegensatz zum Honigbienenstaat. Unsere Wildbienen machen zwar keinen Honig, tragen aber in hohem Maße zur Bestäubung der Pflanzen bei – auch unseres Obstes. Die Initiative „Wildbiene des Jahres“, die seit 2013 beim AK Wildbienenkataster läuft, soll die Wildbienen mehr in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit bringen.
Die Gelbbindige Furchenbiene ist Wildbiene des Jahres 2018. Was ist an dem Tier so besonders?
Für die Nominierung gibt es vor allem zwei Gründe. Zum einen ist die Gelbbindige Furchenbiene ein Tier mit besonderen Ansprüchen: Sie braucht ausgesprochen warme Lebensräume und stammt ursprünglich aus dem Mittelmeergebiet. Bis zu Beginn der 1990er Jahre lebte sie in Baden-Württemberg nur am sehr warmen südlichen Oberrhein. In den letzten Jahren hat sie sich immer weiter nordwärts ausgebreitet und kommt in den Mittelgebirgen auch in zunehmend höheren Lagen vor. Die Gelbbindige Furchenbiene zeigt dadurch sehr deutlich, wie sich unser Klima erwärmt und kommt heute bis auf die nördlichen Bundesländer in ganz Deutschland vor.
Zum Zweiten ist Halictus scabiosae, wie die Wildbiene des Jahres 2018 wissenschaftlich heißt, etwas Besonderes hinsichtlich ihrer Fortpflanzungsbiologie. Sie ist nämlich keine typische Solitärbiene, wie die allermeisten unserer Wildbienen, bei denen ein Weibchen allein sein Nest versorgt. Die Weibchen der Gelbbindigen Furchenbiene überwintern gemeinsam in ihrem Geburtsnest und zu Beginn der Fortpflanzungszeit – gegen Ende April – übernimmt das größte Weibchen die Funktion einer Königin. Dieses Tier bleibt im Nest und legt als einziges Weibchen Eier, während die übrigen als Arbeitsbienen Pollen und Nektar sammeln und ins Nest tragen. Die Gelbbindige Furchenbiene zeigt also einen sehr ursprünglichen Sozialstaat und gibt uns eine Vorstellung davon, wie sich allmählich der komplizierte Bienenstaat enzwickelt haben könnte, den wir von der Honigbiene kennen.
Schließlich steht die Gelbbindige Furchenbiene stellvertretend für die Abhängigkeit aller Bienen von einem vielfältigen Blütenangebot in unseren Landschaften. Auch wenn Halictus scabiosae derzeit (noch) nicht gefährdet ist, macht ihr die zunehmende Blütenarmut dennoch zu schaffen.
Wie viele Wildbienenarten gibt es in Deutschland und in Baden-Württemberg und wie viele Arten sind davon gefährdet?
In Deutschland kommen über 580 Arten vor. In Baden-Württemberg sind es mehr als 460 Arten. Den Wildbienen kommt dabei das warme Klima im Südwesten zugute. In Deutschland ist über die Hälfte der Wildbienenarten im Bestand mehr oder weniger stark gefährdet.
Unter welchen Problemen leiden die Wildbienen?
Leider sind die Tiere einem ganzen Bündel von Gefährdungen ausgesetzt. Da fehlt es zunehmend am lebenswichtigen Angebot von Blüten, die voller Pollen und Nektar sind. „Blühende Landschaften“ werden gebraucht, stattdessen nehmen öde Ackerflächen und auch Gärten aus Steinschotter immer mehr zu. Außerdem sind Wildbienen einer hohen Belastung von Umweltgiften ausgesetzt: Herbizide vernichten die Nahrungspfllanzen, Insektizide vergiften sie direkt – allen voran die Stoffklasse der Neonicotinoide, die dringend verboten gehören. Schließlich gehen fortlaufend die Lebensräume der Tiere durch Siedlungs- und Straßenbau verloren und es kommt zu Infektionskrankheiten, die von der Honigbiene aber auch von kommerziell verbreiteten Hummelvölkerm ausgehen.

Die Männchen unterscheiden sich zum Beispiel durch ihre längeren Fühler. - Foto: Tilmann Adler/www.Naturgucker.de
Was sind die Folgen für die Menschheit, wenn die Zahl der Wildbienen weiter abnimmt?
Wir wissen heute, dass wir eine vitale Insektengemeinschaft für die Bestäubung der Pflanzen brauchen. Sich hier auf die Honigbiene in der Obhut des Menschen zu verlassen, wäre sträflicher Leichtsinn. Wenn man weiß, dass zum Beispiel unser Obst von der Gemeinschaft an Wildbienen, Schmetterlingen, Fliegen, Käfern, Ameisen und auch der Honigbiene bestäubt werden, erkennt man, dass wir auf alle Blütenbestäuber angewiesen sind. Wildbienen sind wegen ihrer besonders hohen Bestäubungsleistung unverzichtbar!
Was kann jeder Einzelne für die Tiere tun?
Vor allem geht es darum, wieder ein vielfältiges Angebot an giftfreier Nahrung zu schaffen! Es gilt dafür zu sorgen, dass eine große Vielfalt an heimischen Pflanzen zurückkehrt – mit exotischen Blumen können die anspruchsvollen Wildbienen oft nichts anfangen. Wildpflanzensamen oder auch in Töpfen vorgezogene Wildpflanzen sind bei zertifizierten Handlungen zu bekommen. Im eigenen Garten lässt sich mit Wildpflanzen ein wertvolles Nahrungsangebot für die Tiere schaffen. Natürlich kann man auch Nisthilfen anbieten, indem man in Hartholzklötze Löcher mit einem Durchmesser von vier bis sechs Millimeter bohrt. Auch waagerecht angebrachte Bambusröhren oder Schilfbündel sind für manche Bienenarten ein willkommener Nistplatz. Eine Kombination dieser Angebote in einem Regal mit Dach wird gerne als „Wildbienenhotel“ bezeichnet. Diese werden momentan überall im Land aufgestellt – leider nicht immer fach- und artgerecht gebaut. Man darf dabei nicht vergessen, dass die allermeisten Wildbienen im Erdreich nisten und als Bewohner dieser Nisthilfen gar nicht in Frage kommen. Wenn im Rahmen einer Schul-oder Kindergartenaktion ein solches „Bienenhotel“ entstehen soll, ist auf jeden Fall zugleich eine „Bienenweide“ aus Wildblumen anzulegen, damit die Bienen nicht nur ein neues Zuhause, sondern auch eine Nahrungsquelle bekommen.
Ähnliche themen
Mit einer Patenschaft unterstützen Sie den NABU Baden-Württemberg dabei, den Lebensraum für Wildbienen und Hummeln zu erhalten und neuen zu schaffen. Machen Sie mit! Mehr →