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Mehr ...Tipps zum naturbewussten Pilze sammeln
Starker Artenrückgang in Baden-Württemberg



Steinpilz - Foto: NABU/Elke Dahl
Gemeinsam mit anderen oder alleine Pilze zu suchen, zu sammeln und daraus etwas Schmackhaftes zu zaubern, ist ein schönes Hobby. Es ist wie eine Schnitzeljagd nach den besten Leckerbissen in der Natur. Sie führt Pilz-Fans über das ganze Jahr in naturnahe Wälder sowie auf nicht überdüngte Wiesen. Sammlerinnen und Sammlern rät NABU-Pilzexperte Johe eindringlich, nur Speisepilze zu sammeln und zu verzehren, die sie mit allen Merkmalen sicher kennen. Macht man es richtig, schadet das Absammeln der Pilzfruchtkörper dem eigentlichen Lebewesen Pilz im Boden nicht. „Richtig heißt: vorsichtig herausdrehen oder abschneiden, nachdem man den Pilz genau bestimmt hat“, erklärt der Fachmann und betont: „Dass zum Beispiel die Pilzsuche in Naturschutzgebieten und Kernzonen der Nationalparks grundsätzlich tabu ist, versteht sich von selbst.“
Außerdem sollte man sich naturschonend verhalten und das Wild im Wald nicht unnötig stören, spätestens mit beginnender Dämmerung die Suche einstellen und sich dann nur noch auf festen Waldwegen bewegen. Über regionale Sammelverbote kann man sich beim Forstamt oder der Stadtverwaltung informieren. „Einige Speisepilze sind durch das Bundesartenschutzgesetz vollständig geschützt. Trüffel aller Arten, seltene Röhrlinge wie der Anhängsel-Röhrling (Boletus appendiculatus) und bodenbewohnende Porlinge wie der Schafporling dürfen nicht im Korb landen“, erklärt Johe. Andere Arten dürfen in kleinen Mengen für den Eigenbedarf gesammelt werden – dazu gehört z. B. auch der Fichtensteinpilz (Boletus edulis) und die Pfifferlinge (Cantharellus spp.). Von den nicht geschützten Pilzen darf man für private Zwecke maximal ein bis zwei Kilo Pilze pro Person und Tag sammeln. Für gewerbemäßiges Sammeln braucht man in Deutschland eine behördliche Sammelgenehmigung des Landratsamts.
Natürlich gibt es in Baden-Württemberg auch giftige Pilze. Etwa 90 Prozent der tödlichen Pilzvergiftungen gehen auf den Grünen Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) und dessen weißhütige Variante zurück. Sie werden immer wieder mit Champignons verwechselt. Deshalb soll man nur Speisepilze sammeln, die man sicher bestimmen kann. Bei Unsicherheiten sollte man sich an einen Pilzsachverständigen wenden. Hier gibt es eine deutschlandweite Liste.
Weiterhin ist darauf zu achten, dass die Speisepilze gut durchgegart werden! Viele Pilzarten, auch solche, die zubereitet als Speisepilze gelten, sind roh verzehrt giftig. Ihre hitzelabilen Giftstoffe werden erst durch gründliches Erhitzen (15 Minuten kochen oder braten) unschädlich gemacht. Teilweise haben sie roh verzehrt auch eine hämolytische und/oder agglutinierende Wirkung.

Stockschwämmchen - Foto: Bernhard Konzen/NABU-naturgucker.de
Pilze sind wichtig fürs Naturgefüge
Auch bei ihnen gibt es einen starken Artenrückgang
Pilze sind faszinierende Organismen, die größtenteils im Verborgenen leben. Das, was wir beim Pilzesammeln als "Pilz" wahrnehmen, ist lediglich der Fruchtkörper, der der Fortpflanzung dient. Mit der Verbreitung von Sporen können sie neue Lebensräume besiedeln. Beim Transport der Sporen helfen Wind und Tiere. Der eigentliche Pilz besteht aus einem weitverzweigten Geflecht feiner, fadenförmiger Zellen, dem sogenannten Myzel, das sich unter der Erde oder in organischem Material wie Holz oder Laub- und Nadelstreu ausbreitet. Dieses Myzel kann enorme Ausmaße annehmen und mehrere Quadratmeter Boden durchziehen.
Jede Pilzart bevorzugt dabei einen bestimmten Lebensraum. Maronen entdeckt man oft unter Kiefern und Fichten, Pfifferlinge sowie Steinpilze in Laub- und Nadelwäldern. Wiesen-Champignons findet man vor allem auf Wiesen und Weiden. Pilze sind wichtige Helfer in der Natur, weil sie totes organisches Material zersetzen und dem natürlichen Kreislauf zuführen. Andere sind wichtige Symbiosepartner für Pflanzen. Viele Baumarten verdanken ihre Wuchskraft und Gesundheit ihren Pilzpartnern.
Allerdings gibt es auch bei Pilzen einen starken Artenrückgang: rund 450 der über 3.000 Pilzarten in Baden-Württemberg stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Großpilze.
Der Rückgang des Pilzvorkommens hat verschiedene Ursachen:
- Habitatsveränderungen: Intensive Landwirtschaft und die Nutzung von Düngemitteln (hohe Stickstoffeinträge durch Gülle und Kunstdünger) können die Bodenqualität beeinträchtigen und die natürlichen Lebensräume der Pilze zerstören.
- Habitatverlust: Die Rodung von Wäldern für landwirtschaftliche, industrielle oder städtische Vorhaben reduziert die verfügbaren Lebensräume für Pilze.
- Klimawandel: Veränderungen der Niederschläge und Temperaturen beeinflussen die Wachstumsbedingungen für Pilze. Zu trockene Bedingungen können das Wachstum der Fruchtkörper hemmen.
- Monokulturen: Der Anbau von Monokulturen in Wäldern kann die Biodiversität verringern und die natürlichen Pilzgemeinschaften negativ beeinflussen.
- Diese Faktoren wirken oft zusammen und können die Vielfalt und Häufigkeit von Pilzfruchtkörpern in den Wäldern erheblich beeinflussen.
Wie ernähren sich Pilze?
Pilze ernähren sich auf unterschiedliche Weise
Saprobiontisch: Sie zersetzen abgestorbenes organisches Material wie Laub, Holz oder tote Tiere und wandeln es in anorganische Stoffe um. Dadurch spielen sie eine entscheidende Rolle im Nährstoffkreislauf und tragen zur Humusbildung bei. Aus den Rückständen entsteht für zukünftige Pflanzengenerationen lebenswichtiger Humus. Humus trägt zur Wasserspeicherung des Bodens bei.
Parasitär: Einige Pilze befallen lebende Organismen, insbesondere Pflanzen, und entziehen ihnen Nährstoffe, was zum Absterben des Wirts führen kann. Die Grenze zwischen parasitär und saprobiontisch lebenden Pilzen ist nicht eindeutig und es gibt viele Übergänge. So kann der Zunderschwamm z. B. nach dem Absterben des Baumes noch lange als Folgezersetzer am Totholz weiter leben. Auch parasitisch lebende Pilze haben einen ökologischen Nutzen. Sie beseitigen kranke und geschwächte Pflanzen und sorgen für ein gesundes Ökosystem.
Symbiotisch (Mykorrhiza): Viele Pilze gehen eine enge Lebensgemeinschaft mit Pflanzen ein, bei der beide Seiten profitieren. Der Pilz versorgt die Pflanze mit Wasser und darin gelösten Nähr- , Wuchs- und Wirkstoffen, während er im Gegenzug von der Pflanze produzierte wasserlösliche Stoffwechselprodukte, hauptsächlich Zucker erhält. Diese Mykorrhiza-Beziehungen sind für das Wachstum vieler Pflanzen essenziell.

Gemeiner Riesenschirmling - Foto: Marc Oliver Gutzeit/NABU-naturgucker.de
Mythen über Pilze
Und die dazugehörigen Fakten
Mythos: Pilze wachsen über Nacht.
Fakt: Es stimmt, dass einige Pilzarten, wie die Stinkmorchel (Phallus impudicus), innerhalb weniger Stunden wachsen können. Die meisten Pilze benötigen jedoch mehrere Tage bis Wochen, um ihre Fruchtkörper vollständig zu entwickeln.
Mythos: Pilze sind Pflanzen.
Fakt: Pilze gehören weder zum Pflanzen- noch zum Tierreich. Sie bilden ein eigenes Reich, das der Fungi. Interessanterweise sind Pilze genetisch näher mit Tieren als mit Pflanzen verwandt, da sie keine Photosynthese betreiben und organische Substanzen als Nahrung aufnehmen.
Mythos: Alle Pilze, die von Tieren gefressen werden, sind für Menschen unbedenklich.
Fakt: Viele Tiere können Pilze konsumieren, die für den Menschen giftig sind. Beispielsweise fressen einige Tiere den Grünen Knollenblätterpilz (Amanita phalloides), der für Menschen tödlich sein kann.
Mythos: Giftige Pilze erkennt man daran, dass sie beim Schneiden oder Anfassen blau anlaufen.
Fakt: Das Blauen von Pilzen bei Druck oder Schnitt ist eine chemische Reaktion, die bei einigen essbaren Pilzarten, wie dem Maronenröhrling (Imleria badia) bei Druck auf den Schwamm, auftritt. Es ist kein verlässliches Merkmal zur Unterscheidung zwischen giftigen und essbaren Pilzen.
Mythos: Pilze sollten nur morgens gesammelt werden, da sie über Nacht wachsen.
Fakt: Pilze wachsen kontinuierlich, ihre Entwicklung ist nicht auf die Nacht beschränkt. Die beste Sammelzeit hängt von Faktoren wie Feuchtigkeit und Temperatur ab, nicht von der Tageszeit.
Mythos: Alle Pilze sind nach dem Kochen essbar.
Fakt: Einige Pilzgifte sind hitzestabil und werden durch Kochen nicht zerstört. Beispielsweise bleibt das Gift des Grünen Knollenblätterpilzes auch nach dem Kochen aktiv. Daher ist es unerlässlich, Pilze sicher zu identifizieren und nur bekannte, essbare Arten zu verzehren.
Mythos: Pilze entstehen durch Blitzschlag oder Donner.
Fakt: Dieser Aberglaube stammt aus früheren Zeiten, als man das plötzliche Auftreten von Pilzen nach Gewittern beobachtete. In Wirklichkeit fördern die durch den Regen erhöhten Bodenfeuchtigkeit und die anschließende Wärme das Pilzwachstum.
Mythos: Der Verzehr von Pilzen mit Alkohol ist gefährlich.
Fakt: Bei den meisten Pilzarten gibt es keine Wechselwirkung mit Alkohol. Eine Ausnahme bildet der Faltentintling (Coprinopsis atramentaria), der in Kombination mit Alkohol zu Vergiftungserscheinungen führt.
Mythos: Pilze können nach dem Sammeln mehrere Tage ungekühlt aufbewahrt werden.
Fakt: Pilze sind leicht verderblich und sollten möglichst frisch verzehrt werden. Bei Raumtemperatur können sie schnell verderben und gesundheitsschädliche Stoffe entwickeln. Es ist daher empfehlenswert, sie kühl zu lagern und spätestens einen Tag nach dem Sammeln zu verarbeiten.
Mythos: Alle Pilze haben einen giftigen Doppelgänger.
Fakt: Während einige essbare Pilze tatsächlich leicht mit giftigen Arten verwechselt werden können, gibt es auch viele Pilze, die keine gefährlichen Doppelgänger haben. Dennoch ist es wichtig, beim Sammeln stets vorsichtig zu sein und nur sicher identifizierte Pilze mitzunehmen.
Tipps für einen nachhaltigen Umgang mit Pilzen
Darauf sollten Sie achten
Nachhaltig Speisepilze sammeln
Pilze leben im Verborgenen und was wir als Speisepilze entnehmen ist der für uns sichtbare Fruchtkörper in dem der Pilz seine Sporen zur Arterhaltung bildet. Der eigentliche Pilz lebt als Pilzmyzel im Boden oder im jeweiligen Substrat in dem er seine Nahrung findet. Um Speisepilze zu ernten ist es egal, ob ich diese vorsichtig aus dem Erdreich herausdrehe oder an der Stielbasis abschneide nachdem ich den Pilz exakt bestimmt habe. Grundsätzlich nimmt das Pilzmyzel durch das sorgfältige Sammeln der Pilzfruchtkörper keinen Schaden.
Maßvoll Pilze sammeln
Wer Pilze dem Wald entnimmt, sollte daran denken, dass diese im natürlichen Lebensraum sehr wichtige und vielfältige ökologische Rollen wahrnehmen. Deshalb sollte man mit Sinn und Verstand nur so viele Speisepilze sammeln, wie man auch anschließend verzehrt. Auch für Pilze gibt es gesetzliche Sammelregeln: Von vielen Speisepilzen wie z. B. Steinpilzen, Rotkappen und Pfifferlingen dürfen nur für den Eigenbedarf ca. 1 kg pro Person und Tag gesammelt werden. Einige essbare Pilze sind total geschützt.
Nur frische und gut bekannte Speisepilze sammeln
Pilze stehen lassen, die nicht mehr frisch aussehen, oder die überaltert sind. Sie schmecken nicht mehr gut oder können sogar durch eine bereits beginnende Zersetzung zu einer Lebensmittelvergiftung führen. Ihre Sporen sorgen für die nächste Pilzgeneration und dienen als Kinderstuben für Insekten oder als Nahrung für viele andere Tiere. Deren Ausscheidungen enthalten Pilzsporen, die auf diese Art über große Distanzen verbreitet werden können.
Bei der Waldpflege und bei der Holzernte das Pilzmyzel schonen: Bodenverdichtung, Fungizide und hoher Stickstoffeintrag (z. B. durch Düngung und andere Emissionen, auch von angrenzenden Flächen) können das Pilzvorkommen generell schädigen.
Naturbewusstes Sammeln von Speisepilzen
- In Baden-Württemberg gibt es über 3.000 unterschiedliche Großpilze, rund 150 davon sind Speisepilze und etwa circa 150 sind giftig. Von diesen sind ungefähr zehn Arten tödlich giftig. Etwa 90 Prozent der tödlichen Pilzvergiftungen gehen auf den Grünen Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) und dessen weißhütige Variante zurück. Sie werden immer wieder mit Champignons verwechselt. Deshalb soll man nur Speisepilze sammeln, die man sicher bestimmen kann.
- Das „Waldgesetz für Baden-Württemberg“ erlaubt es, auf schonende Art Waldfrüchte (auch Pilze) in ortsüblicher Menge zu sammeln. Ein Sammeln in Naturschutzgebieten, Naturdenkmalen und Nationalparks ist tabu. Zusätzlich sind einige Pilzarten laut Bundesartenschutzverordnung komplett geschützt und dürfen nicht gesammelt werden. Für private Zwecke darf man maximal zwei Kilo Pilze, wie Pfifferlinge und Steinpilze, pro Person und Tag sammeln. Für gewerbemäßiges Sammeln braucht man in Deutschland eine behördliche Sammelgenehmigung des Landratsamts.
- Naturfreundinnen und -freunde sammeln nur frisch und appetitlich aussehende Pilze und lassen junge oder zu alte Exemplare stehen, ebenso wie beschädigte Pilze, die ihre Pilzsporen noch verteilen können, um sich zu vermehren.
- Für eine naturverträgliche Pilzernte den Pilz mit einem Messer behutsam herausdrehen und entstandene Löcher mit Erde oder Laub bedecken. So wird das Pilzgeflecht geschont und kann nicht austrocknen. Speisepilze, die man gut kennt, kann man mit einem scharfen Messer knapp über dem Boden abschneiden. Zur Pilzberatung, die in Gemeinden als auch von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) angeboten werden, müssen Pilze als Ganzes gebracht werden.
- Die gesammelten, gesäuberten Köstlichkeiten in luftdurchlässigen Naturkörben transportieren und bis zur Verarbeitung in offenen Plastik- oder Keramikschalen im Gemüsefach des Kühlschranks lagern. Wildpilze sollten kühl und trocken aufbewahrt. Am besten innerhalb von 24 Stunden zubereiten und verzehren, davor etwa zehn Minuten garen.
Weitere Infos:
- Wer sich für Pilze interessiert, kann mit dem NABU losziehen oder sich selbst zum Pilz-Coach ausbilden lassen. Infos unter http://www.pilzschule-schwaebischer-wald.de/pilzcoach.html.
- Infos zu Wildpilzen von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie e. V. finden Sie hier.
- Liste der Pilze, die häufig zu gesundheitlichen Problemen führen der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM)
Mehr Informationen:
Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat den Fliegenpilz zum Pilz des Jahres 2022 gewählt. Mehr →
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