Als ökologische Übergangszone zwischen Land und Wasser bilden Moore wichtige Grenzlebensräume. Mit ihrer einzigartigen Artenvielfalt gehören sie zu den faszinierendsten, aber auch gefährdetsten Naturräumen des Landes und dieser Erde. In Baden-Württemberg, einst reich an Moorflächen, ist von diesem Reichtum heute leider nur noch wenig zu sehen: Intakte Moore bedecken hier nur noch 1,3 % der Landesfläche. Deutschlandweit gelten 95 Prozent aller ursprünglichen Moore als entwässert, abgetorft und sind vielfach unter Maisäckern verschwunden. Intensive Landwirtschaft und die damit einhergehende Entwässerung vieler Flächen, ehemaliger Torfabbau für Brennmaterial, Heilmittel und Blumenerde sowie Nährstoffeinträge aus der Luft und der allgegenwärtige Klimawandel haben den Zustand vieler Moore stark verschlechtert.
Als (einst) effektivste Kohlestoffspeicher unter den Landökosystemen erfüllen sie jedoch einen essenziellen Beitrag zum Erhalt der Klimafunktionen und tragen durch ihre „Schwammfunktion“ und Wasserrückhaltung zum Ausgleich des örtlichen Klimas und zur Verminderung von Hochwasserspitzen bei – gerade in Zeiten akuter Hochwasserkatastrophen sollte uns der Schutz solcher Barrieren und der weiteren Klimaschutzfunktionen unserer Moore am Herzen liegen. Der NABU fordert daher, die anhaltende Zerstörung der klimawirksamen Moorgebiete zu stoppen und ein größeres Engagement, um die Renaturierung dieser Ökosysteme voranzutreiben.
In Baden-Württemberg gibt es über 45.000 Hektar Moore. Diese zu erhalten, ist sehr wichtig. Jeder Quadratmeter zählt! Intakte Moore schützen unser Klima, sichern die Qualität unseres Grundwassers und sind Lebensraum für viele seltene Arten, wie zum Beispiel den Hochmoorgelbling-Schmetterling oder den Sonnentau, eine rare Pflanze. Das Karlszepter gedeiht in Baden-Württemberg nur noch im Federseemoor.
Der NABU Baden-Württemberg renaturiert und pflegt Moore im Auftrag des Landes schon seit vielen Jahrzehnten, etwa am Feder- und Bodensee. Wir kaufen oder pachten geeignete Flächen, wenn möglich, um sie dauerhaft für die Natur zu sichern. Mit unserem neuen Projekt im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt -Naturvielfalt Westallgäu – Miteinander für Moore & mehr schützen wir nun auch Moorlandschaften im württembergischen Allgäu.
NABU-Führung einer Gruppe am Federsee. - Foto: NABU/Kerstin Bittner
Gemeinsam mit der Staatlichen Naturschutzverwaltung hat das Team des NABU-Naturschutzzentrums Federsee in zwei EU-LIFE-Projekten im Federseemoor etwa 450 Hektar geschädigte Moorwiesen renaturiert.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NABU-Naturschutzzentrums lesen jede Woche an rund 120 im gesamten Moor verteilten Pegeln den Wasserstand ab, kontrollieren regelmäßig Staubauwerke. Diese werden gegebenenfalls nachjustiert und repariert.
Auch in den renaturierten Flächen muss die Entwicklung gelenkt werden, um die Wiesen offen zu halten als Lebensraum für Wiesenpieper, Braunkehlchen und viele andere Vogelarten, die hier brüten. Der Federsee beherbergt die größte Braunkehlchen-Population Südwestdeutschlands. Zu den Zugzeiten ist das Federseemoor ein wichtiger Rastplatz, etwa für Kornweihe, Raubwürger, Merlin und Wasservögel. Hier wachsen so seltene Pflanzen wie Breitblättriges Knabenkraut und Karlszepter. Diese Eiszeitreliktpflanze hat am Federsee ihren einzigen Standort in Baden-Württemberg!
Die optimale Pflege der Moorwiesen gelingt nur im Teamwork: Im NABU-Zentrum werden für jede Fläche speziell zugeschnittene Bewirtschaftungsvorschläge erarbeitet. Basierend auf den fachlichen Vorschlägen des NABU vergibt der behördliche Naturschutz entsprechende Pflegeaufträge an örtliche Landwirte.
Besonders wertvolle und empfindliche Pflanzenstandorte oder für landwirtschaftliche Maschinen nicht zugängliche Gebiete pflegen die NABU-Mitarbeitenden in mühevoller Handarbeit - jedes Jahr, auf rund 80 Hektar. Bedingt durch den ständigen Einsatz auf den inneren Riedflächen verschleißen die Arbeitsgeräte und müssen regelmäßig ersetzt werden.
Zum NABU-Naturschutzzentrum Federsee
Das NABU-Bodenseezentrum kümmert sich auch um andere Naturschutzgebiete wie das Radolfzeller Aachried. -Foto: NABU/H.Werner
Im Hinterland des Bodensees gibt es zahlreiche Moore, in denen unser Team vom NABU-Bodenseezentrum gemeinsam mit der Naturschutzverwaltung Torfflächen aufwertet, schützt und pflegt: Im Waltere-Moor an der Grenze der Landkreise Konstanz und Sigmaringen wurden die Gräben durch den Einbau von 176 Sperren aufgestaut, so dass der Torfabbau gestoppt und das Moorwachstum wieder eingeleitet werden konnte. Damit das so bleibt, müssen die Sperrbauwerke laufend kontrolliert und instandgehalten werden. Im Bussenried bei Allensbach wurde ein Übergangsmoor entbuscht, um die Verdunstung zu reduzieren und den Moorpflanzen bessere Wachstumsbedingungen zu bieten. Damit die Wiedervernässung im Bündtlisried anlaufen kann, verhandelt der NABU zurzeit mit den Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern. Daneben kümmern sich die NABU-Aktiven des Bodenseezentrums noch um kleinere Moorschutzgebiete wie die Mooswiese, das Schande-, Schalmen- und Ulmisried sowie Heudorfer und Dingelsdorfer Ried.
Allgäuer Moorlandschaft Foto: NABU/Jan Bolender
Seit Anfang 2022 ist der NABU Baden-Württemberg mit seinem Projekt Naturvielfalt Westallgäu – miteinander für Moore & mehr im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt auch im Württembergischen Allgäu im Moor- und Klimaschutz engagiert. Ziel ist es, die Natur in der Projektregion modellhaft wieder in ein natürliches Lot zu bringen und so die Heimat von Wollgras, Sonnentau, Braunkehlchen und Hochmoor-Bläuling zu bewahren.
Darüber hinaus arbeitet das NABU-Team daran, ökologisch besonders wertvolle Biotoptypen wie Streu- und Nasswiesen durch extensive Nutzung zu sichern sowie durch gezielte Vernetzungsmaßnahmen miteinander zu verbinden. NABU-Expertinnen und -Experten untersuchen Chancen der exemplarischen Umstellung von intensiver Grünlandnutzung auf entwässerten Moorboden auf Paludikultur. Diese hat zum Ziel, trocken gelegte Moorböden wieder zu vernässen, sodass idealerweise wieder ein Torfwachstum auf den Flächen einsetzt und sie zum Klimaschutz beitragen statt klimaschädliche Gase ausstoßen.
Unser Projektbüro in Kißlegg ist Dreh- und Angelpunkt aller Maßnahmen. Es soll auch nach Projektende, 2027, zentrale Anlaufstelle bleiben und mit verschiedenen Angeboten die Menschen in der Region für die ökologischen Besonderheiten in ihrem Hotspot der biologischen Vielfalt sensibilisieren.
Erste Erfolge sind ermutigend und hoffnungsvoll: Unser NABU-Projektteam hat gemeinsam mit vielen anderen Akteuren den Mollenbach auf einem Teilstück von rund 150 Metern zwischen Vogt und Rötenbach renaturiert. Der Bach hat nun wieder mehr Freiraum, kann bei Hochwasser über die Ufer treten und sich seinen Bachlauf selbst weiter gestalten. Mehr Bachschleifen bieten vor allem Insekten und Fischen ein Habitat. Wir hoffen, dass sich sogar die Bachmuschel wieder ansiedelt, die früher im Bachlauf vorkam.
Zehn Fragen rund um Moore
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Hoch- und Niedermooren? Und wie sind Moore vor vielen tausend Jahren überhaupt entstanden? Welche Bedeutung haben sie für die Artenvielfalt aber auch für das Klima? Und was tut der NABU heute zum Schutz der Moore Baden-Württembergs?
Diese und viele weitere Fragen beantwortet das Projekt-Team „Naturvielfalt Westallgäu“ in einem ausführlichem FAQ zu „Zehn Fragen rund um Moore“.
Zum Projekt "Naturvielfalt Westallgäu"
Im Torf der Moore ist weltweit rund ein Drittel des Kohlenstoffvorrates der Erde gebunden. Moore bremsen die Erderhitzung somit wirksam ab. Der Erhalt und die Renaturierung unserer Moore schützen Natur und Klima und damit gleichzeitig uns Menschen. Mehr →
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Es gibt verschiedene Wege, sich für mehr Moorschutz einzusetzen. Schon durch Entscheidungen beim Einkaufen haben wir Einfluss. Denn es muss nicht immer Torf sein. Längst gibt es Alternativen. Oder spenden Sie für NABU-Moorschutzprojekte. Mehr →
