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Trauer um Siegfried Schuster


Der NABU Baden-Württemberg trauert um seinen langjährigen Landesvorsitzenden Siegfried Schuster, der von Mitte der 1980er Jahre bis zur Jahrtausendwende als Vorstandsmitglied und später als Vorsitzender die Entwicklung des Verbands in Baden-Württemberg maßgeblich geprägt und gelenkt hat. Vielen ist Schuster als Wegbereiter eines modernen Natur- und Umweltschutzverbands bekannt. Obwohl leidenschaftlicher Ornithologe, setzte er sich zielsicher für den Wandel des damaligen „Deutschen Bunds für Vogelschutz“ (DBV) hin zu einem thematisch breiter agierenden, politischen Naturschutzbund NABU ein. Der konkrete Naturschutz durch Aktive im NABU vor Ort war ihm ebenso ein wichtiges Anliegen wie die damit verbundenen politischen Forderungen, für die Schuster oft vehement und leidenschaftlich eintrat.
Schuster brachte seine Ziele auf den Punkt mit dem Motto „Naturschutz auf 100 Prozent der Fläche“. Damit setzte er Maßstäbe und forderte, sich nicht auf einzelne NABU-Grundstücke zurückzuziehen, sondern sich einzumischen für eine naturverträgliche Land- und Forstwirtschaft sowie gegen den Flächenfraß durch immer neuen Straßen- und Siedlungsbau.
Siegfried Schuster, geboren 1936 in Zittau, verließ als 20-Jähriger die DDR und ging zunächst nach Wuppertal. Von dort reiste er mehrere Jahre mit Fahrrad und Zelt durch die Welt – zwischen Nordkap, Gibraltar und Peloponnes. Nach dem Lehramtsstudium der Biologie und Chemie in Weingarten unterrichtete er bis zu seiner Pensionierung 1997 in der Bodenseeregion, wo er auch seine Leidenschaft für den Vogelschutz fand und lebte. Bereits in den 1950er Jahren war Schuster einer der führenden Ornithologen im Bodenseeraum und agierte mit großem ehrenamtlichem Engagement und auf hohem wissenschaftlichem Niveau. Er verstand es wie wenige, Ornithologie und Vogelschutz mit Politik zu verknüpfen und veröffentlichte zunehmend Artikel über die Vogelwelt. So entstand gemeinsam mit zwei Weggefährten Anfang der 1960er Jahre ein Buch über „Die Vogelwelt des Bodensees“ und über die Jahre insgesamt rund 100 Veröffentlichungen in Zeitschriften und Büchern.
Als Vor- und Querdenker einer neuen Art des Naturschutzes entwickelte der begeisterte Ornithologe gemeinsam mit Mitstreitern Methoden, um Veränderungen der Vogelwelt via Brutvogel-Monitoring messbar zu machen. In seiner Heimat gründete Schuster gemeinsam mit Gerhard Thielcke die „Arbeitsgemeinschaft Naturschutz Bodensee“ und leitete die NABU-Gruppe Radolfzell. Der Dialog und die Auseinandersetzung mit dem späteren BUND-Mitbegründer gaben ihm wichtige Impulse für die Neukonzeption des Bunds für Vogelschutz, die er als Teil des Landesvorstands und später als Landesvorsitzender vorantrieb. Dabei scheute er auch die inhaltliche Auseinandersetzung nicht. Selbstbewusst forderte er als Chef des größten NABU-Landesverbandes diese inhaltlichen und strukturellen Veränderungen auch beim NABU-Bundesverband ein.
Um den Naturschutz auf stabile organisatorische Beine zu stellen, sollte künftig der NABU-Landesvorsitzende nicht mehr ehrenamtlich, sondern mit voller Kraft hauptamtlich wirken können. Dies galt ab 1997 für Schusters Nachfolger Stefan Rösler, dem Andre Baumann und Johannes Enssle im Amt folgten. Um seine politischen Ziele zu erreichen, setzte Schuster zunehmend auf den Dialog mit der Politik. Ihm ging es um ein professionelles Auftreten des Naturschutzes nach innen und außen und um eine Stärkung des Verbands durch neue Mitglieder. In der folgenden Zeit wirkte der NABU-Landesverband BW an den Naturschutztagen als verlässlicher Mitveranstalter mit hauptamtlichem Personal mit. Auch für eine aktive, engagierte und strukturierte Gewinnung neuer Mitglieder setzte sich Schuster ein. Damit schuf er die Voraussetzung für das stabile Wachstum des heute mehr als 96.000 Mitglieder starken NABU im Land.
Schuster wollte und konnte Visionen und weitgesteckte Ziele formulieren und auch gegen Kritikerinnen und Kritiker verteidigen. Das hat ihn zu einem streitbaren Verfechter des Naturschutzes gemacht. Doch trotz allem politischen Streben blieb er stets lokal geerdet. Täglich drehte er seine Runden, um die Vögel seiner Heimat mit dem Fernglas zu beobachten und Veränderungen akribisch zu dokumentieren. Das war ihm eine große Freude und verlieh ihm bis zuletzt Kraft. Vergangenen Dienstag ist Siegfried Schuster in seiner Heimatstadt Radolfzell einem Herzleiden erlegen.