„Urzeit Weide“ in Gerhausen
Zusammenarbeit von Naturschutz und Rohstoffindustrie



Im Steinbruch Gerhausen wird die Zusammenarbeit von Rohstoffwirtschaft und Naturschützerinnen und Naturschützern sichtbar: Seit Juni 2012 helfen Konikpferde und Taurusrinder im stillgelegten Teil des Steinbruchs Gerhausen/Beiningen der Firma HeidelbergCement AG, den Naturschutzwert der Abbaustätte und die biologische Vielfalt zu erhalten. „Die robusten, urtümlichen Wildtiere haben sich gut eingelebt und fühlen sich sichtlich wohl“, sagt Hans-Georg Kraut, ehemaliger Werksleiter von HeidelbergCement in Schelklingen und zugleich einer der beiden Geschäftsführer der „Urzeit Weide“. „Sie helfen uns nicht nur, die Verbuschung im Steinbruch zurückzudrängen, sondern schaffen so auch für gefährdete Tiere und Pflanzen der Roten Listen neuen Lebensraum.“
Gesellschafter der „Urzeit Weide“ sind HeidelbergCement und die „Blautal Land und Forst“.
Der NABU Baden-Württemberg hat die Gesellschafter der „Urzeit Weide“ als Naturschutzpartner bei der Einrichtung des in Baden-Württemberg nach wie vor einmaligen großflächigen Ganzjahres-Beweidungsprojektes beraten.
Mehr über die „Urzeit Weide“: www.heidelbergcement.de/schelklingen/urzeitweide
Vorschläge von NABU und ISTE für die Rohstoffstrategie des Landes Baden-Württemberg
Das vom NABU und vom ISTE verfasste Papier zur Rohstoffstrategie des Landes Baden-Württemberg basiert auf den gemeinsamen Erklärungen von NABU und ISTE aus den Jahren 2000 und 2012. Es will für die Politik und die beteiligten Akteure der Rohstoffstrategie Ziele und Wege aufzeigen, die Rohstoffgewinnung und -nutzung in Baden-Württemberg nachhaltiger zu machen.
Ziele sind insbesondere:
- mehr Biodiversität während des Abbaus und im Rahmen der Rekultivierung zu schaffen,
- das Verkehrs- und Emissionsaufkommen durch den Erhalt der dezentralen Rohstoffversorgung
zu begrenzen, - den höchstmöglichen Anteil des Recyclings am Baustoffbedarf zu sichern,
- die Rohstoffsicherung im Sinne der Nachhaltigkeitsziele zu verbessern sowie
- die Verwertung und Entsorgung von Bodenaushub ökologisch zu optimieren.
Startschuss für Beweidungsprojekt
19. Juli 2012 - Eine bundesweit einmalige Erklärung zwischen Naturschutz, Rohstoffindustrie und Gewerkschaft haben am heutigen Donnerstag in Gerhausen bei Blaubeuren drei Verbände unterzeichnet. NABU Baden-Württemberg, der Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg (ISTE) sowie das baden-württembergische Regionalbüro der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) haben vereinbart, sich gemeinsam einzusetzen für eine „Nachhaltige Rohstoffnutzung in Baden-Württemberg“ – so der Titel der Erklärung. Kernpunkte der Erklärung sind der Schutz und die Förderung der Biologischen Vielfalt beim Rohstoffabbau, Klimaschutz, eine enge Zusammenarbeit bei der Planung neuer Abbaustätten sowie die Sicherstellung sozialer Belange in der Rohstoffindustrie.
Von Landesseite wurde die gemeinsame Initiative ausdrücklich gelobt: „Als Landesregierung ist es uns ein Anliegen, nicht nur mit Energie, Rohstoffen und Boden effizienter umzugehen, sondern auch unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und den Artenschwund zu stoppen. Mit dieser gemeinsamen Erklärung sind die Grundlagen geschaffen, langfristig Rohstoffsicherung und -abbau, Naturschutz und soziale Entwicklung zusammen zu bringen“, sagte der Ministerialdirektor im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Wolfgang Reimer. Im Jahr 2000 hatten NABU und ISTE eine erste „Gemeinsame Erklärung zur Rohstoffnutzung in Baden-Württemberg“ unterzeichnet, die erste dieser Art in Deutschland. Sie fand in den Folgejahren rasch bundesweit Nachahmer. „Mit unserer neuen Erklärung spannen wir nun erstmals ein vollständiges ‚Dreieck der Nachhaltigkeit‘ auf. Die IG BAU vertritt als neuer Partner die sozialen Belange neben Ökonomie und Ökologie. Und auch den Klimaschutz haben wir inzwischen als zentrale Herausforderung in unsere Kooperation integriert. Damit übernehmen wir erneut eine Vorreiterrolle in Deutschland. Wir freuen uns, dass die Landesregierung unsere gemeinsame Erklärung als wichtigen Schritt für ein nachhaltiges Baden-Württemberg unterstützt“, sagten die Unterzeichner, ISTE-Präsident Hans-Martin Peter, der NABU-Landesvorsitzende Dr. Andre Baumann sowie IG BAU-Regionalleiterin Inge Hamm.
Gezielt möchten sich ISTE und NABU gemeinsam für den Schutz der Biologischen Vielfalt in Abbaustätten engagieren. „Steinbrüche und Kiesgruben schaden der Natur nicht zwangsläufig, auch wenn sie weit sichtbare Wunden in die Landschaft schlagen. Oftmals kommen gerade dort seltene und streng geschützte Arten vor, die auf Felswände, neu entstandene Tümpel und Pfützen oder unbewachsene Flächen angewiesen sind. Wanderfalke, Uhu und Gelbbauchunke sind nur einige Beispiele für Tiere, die sich in Abbaustätten wohlfühlen können, wenn der Betreiber Rücksicht nimmt“, erklärt NABU-Chef Baumann. „Gut geplante Abbaustätten können einen Beitrag liefern zum Ausbau des Biotopverbundes, also zur Vernetzung wertvoller Lebensräume. Sie sind dann nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung.“
Bereits in den vergangenen Jahren habe sich gezeigt, dass eine frühzeitige Zusammenarbeit etwa bei der Erschließung und Planung neuer Abbaustätten ein Erfolgsrezept sein kann. „NABU und ISTE arbeiten bereits im Vorfeld eng zusammen, um gemeinsam gute Lösungen zu finden“, erklären Baumann und ISTE-Präsident Peter. So könnten beispielsweise oft schon Jahre vor der Erschließung Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt werden, um Tieren und Pflanzen dauerhaft und unterbrechungsfrei Lebensräume zu bieten. Die Leistungen der Steine- und Erdenindustrie sollen künftig in einer zentralen Biodiversitätsdatenbank zusammengefasst werden, die bundesweit einmalig ist.
Rund 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der baden-württembergischen Steine und Erdenindustrie beschäftigt. Das soll nach Auffassung der Partner auch so bleiben. „Damit ist nachhaltige Rohstoffnutzung auch Beschäftigungssicherung im Land“, so Inge Hamm von der IG BAU. Weiter kündigt sie ein Qualifizierungsprogramm für eine nachhaltige Entwicklung der Branche an. Die nachhaltige Rohstoffnutzung soll durch eine intensivierte Ausbildung kontinuierlich verbessert werden. Deshalb legen die Unterzeichner ein Programm zur ökologischen Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf.
Neben der Biologischen Vielfalt steht mit der neuen Erklärung erstmals auch der Klimaschutz im Zentrum. „Die verbrauchsnahe Nutzung von Abbaustätten, die Einsparung von Energie bei der Produktion und die Reduktion von Kohlendioxid bei der Baustoffherstellung sind wichtige Herausforderungen, denen sich Unternehmen und Verband aktiv stellen“, so der ISTE-Präsident Peter.
Der Bedarf an heimischen, mineralischen Rohstoffen wird den nächsten Jahren erheblich zunehmen. Nicht zuletzt durch die gewaltigen Bauaufgaben, die durch die Energiewende verursacht werden. Rund 1.000 neue Windräder brauchen eine ausgebaute Infrastruktur, Fundamente und Masten. Pumpspeicherwerke müssen errichtet werden und eine Verlegung von Stromtrassen in der Erde wird einen gesteigerten Bedarf nach mineralischen Baustoffen auslösen. „Eine nachhaltige Rohstoffnutzung in Baden-Württemberg zeichnet sich auch dadurch aus, dass die Rohstoffe in Zukunft dezentral und verbrauchsnah gewonnen werden müssen, schon alleine um unnötige Transportwege zu vermeiden.“ so die Erklärungspartner.
Beweidungsprojekt
Im Steinbruch Gerhausen wird die Zusammenarbeit von Rohstoffwirtschaft und Naturschützern bereits sichtbar. Im Anschluss an die Unterzeichnung der Erklärung stellten HeidelbergCement und die „Blautal Land und Forst“ als Gesellschafter der „Urzeit Weide“ zusammen mit NABU und ISTE ein in Baden-Württemberg bislang einmaliges Beweidungsprojekt vor:
Seit Juni 2012 helfen Konikpferde und Taurus-Rinder im stillgelegten Teil des Steinbruchs Gerhausen/Beiningen der Firma HeidelbergCement AG, den Naturschutzwert der Abbaustätte und die biologische Vielfalt zu erhalten. „Die robusten, urtümlichen Wildtiere haben sich inzwischen gut eingelebt und fühlen sich in ihrer neuen Umgebung sichtlich wohl“, sagt Hans-Georg Kraut, Werksleiter von HeidelbergCement in Schelklingen und zugleich einer der beiden Geschäftsführer der „Urzeit Weide“. „Sie helfen uns nicht nur, die Verbuschung im Steinbruch zurückzudrängen, sondern schaffen so auch für gefährdete Tiere und Pflanzen der Roten Listen neuen Lebensraum.“