Insektensterben
Alle Studien zum Thema Insektensterben belegen: Das Insektensterben ist Realität und schreitet unaufhaltsam voran. Mehr →
Honigbiene an Wegwarte - Foto: Helge May
Ein aktueller Studienüberblick über „Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten“ durch Hochspannung, Mobilfunk und WLAN kommt zu dem Ergebnis, dass neben Pestiziden und dem Verlust von Lebensräumen auch Mobilfunkstrahlung negative Effekte auf Insekten hat und damit ein weiterer Faktor für die Schwächung der Insektenwelt sein dürfte. Die Analyse wurde von dem Biologen und Umweltwissenschaftler Alain Thill im Auftrag der Umwelt- und Verbraucherorganisation diagnose:funk, des NABU Baden-Württemberg und der Luxemburger Umweltorganisation AKUT erstellt.
Für die Studienanalyse hat der Autor eine Literaturrecherche durchgeführt, die insgesamt 190 wissenschaftliche Veröffentlichungen erbrachte, die mit dem Thema verwandt sind. Davon wurden 83 Studien identifiziert, die für die Fragestellung als relevant und von ausreichender wissenschaftlicher Qualität erachtet wurden. In 72 von den 83 analysierten Studien wurden Effekte von elektromagnetischer Strahlung (EMF) auf Insekten nachgewiesen. Alle untersuchten Studien sind peer-reviewed. Insbesondere Mobilfunk- und WLAN-Strahlung scheinen zu bewirken, dass die Calciumkanäle der Zellen geöffnet werden, sodass Calciumionen vermehrt einfließen. Calcium ist ein wichtiger Botenstoff, der eine biochemische Kettenreaktion auslöst, die bei Insekten zu oxidativem Zellstress führt. In dessen Folge wird der Orientierungssinn eingeschränkt und die Reproduktionsfähigkeit nimmt ab. Außerdem wird die Tag-Nacht-Rhythmik gestört und das Immunsystem fehlaktiviert. Studien aus Griechenland zeigen auch, dass Mobilfunkstrahlung deutlich schädlicher ist als das 50-Hertz-Magnetfeld einer Hochspannungsleitung.
Wirkung von Mobilfunkstrahlung häufig unterschätzt
„Der Studienüberblick zeigt auf, dass wir bei der Ursachenanalyse für den dramatischen Insektenschwund unsere Augen in alle Richtungen offen halten müssen. Möglichweise spielen neben dem Verlust von Lebensräumen, der Intensivierung der Landwirtschaft und dem Eintrag von Pestiziden und Luftschadstoffen in die Umwelt weitere Faktoren, wie eben auch hochfrequente elektromagnetische Strahlung, eine Rolle. Die vorliegende Übersicht zeigt, dass die Wirkung von Mobilfunkstrahlung auf die Umwelt häufig unterschätzt wird“, sagt der NABU-Landesvorsitzende, Johannes Enssle. Über die negative Wirkung von Mobilfunk- und WLAN-Strahlung auf Zellen sei in der Wissenschaft inzwischen schon viel bekannt. In der Öffentlichkeit würde dies jedoch bislang kaum debattiert, stellt Enssle fest. „Das Thema ist für viele von uns unbequem, greift es doch tief in unsere alltäglichen Gewohnheiten ein und hinter der Mobilfunktechnik stehen natürlich auch mächtige wirtschaftliche Interessen.“
Forderung nach weniger Strahlenbelastung in der Umwelt
Peter Hensinger, zweiter Vorsitzender von diagnose:funk und Leiter des Fachbereichs Wissenschaft, fordert: „Es ist beunruhigend, dass bereits geringe Strahlenbelastungen weit unterhalb der Grenzwerte Insekten schädigen können.“ Hensinger fordert daher einen Diskurs über die Ergebnisse: „Mit diesen Hinweisen auf insektenschädliche Wirkungen darf der Mobilfunkausbau keinesfalls flächendeckend unbeirrt weitergehen, wie von Politik und Mobilfunkbetreibern gewünscht. Die Umweltbehörden in Deutschland, allen voran Bundesumweltministerin Svenja Schulze, müssen jetzt aus den Ergebnissen dieser Studie Konsequenzen ziehen: Die Lebensräume von Insekten müssen vor Mobilfunkstrahlung geschützt werden! Anstelle der zunehmenden elektromagnetischen Überfrachtung unserer Umwelt muss die bereits vorhandene Strahlenbelastung flächendeckend gesenkt werden – zum Schutz von Mensch und Tier.“ Dass dies möglich sei, zeigten Beispiele aus der Schweiz oder aus Norwegen, wo trotz guter Netzabdeckung eine wesentlich geringere Strahlenbelastung der Umwelt erreicht werde.
Die Ergebnisse des Reviews sind für Wissenschaftler wie den Biologen Dr. Ulrich Warnke keinesfalls überraschend und stehen im Widerspruch zur Haltung der Bundesregierung, die Effekte elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder auf Flora und Fauna aus seiner Sicht bisher negiert oder verharmlost hat. Der Biologe Prof. Herbert Zucchi von der Hochschule Osnabrück, einer der führenden Experten auf dem Gebiet Insekten und elektromagnetische Felder, bewertet das Review als sehr gründliche Arbeit, die Insektenforschern einen guten Überblick über den aktuellen Kenntnisstand bietet.
Hinweis: Diese Seite wurde am 22.9.2020 aktualisiert. Auf unsere Pressemeldung vom 17.9.2020 zur Veröffentlichung des Studienüberblicks von Alain Thill zum Einfluss von elektromagnetischen Feldern (EMF) auf Insekten gab es großes Interesse von Seiten der Medien und auch von Wissenschaftlern.
Neben Lob hat uns auch Kritik an unserer Darstellung erreicht. Für diese Kritik bedanken wir uns, weist sie uns doch auf Schwachstellen in der Studie hin und vor allem in unserer Pressemitteilung, die wir begleitend zur Veröffentlichung der Studie herausgegeben haben. Wir entschuldigen uns für unsere Fehler. Eine korrekte Darstellung und Transparenz sind uns sehr wichtig. Detaillierte Informationen finden Sie hier.
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