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Mehr ...Aus dem Takt geraten: Milder Winter weckt Tiere und Pflanzen
Rund um den Tag des Artenschutzes am 3. März sorgen warme Temperaturen für Frühstart
3. März 2020 – Frühaufsteher merken es schon: In den Morgenstunden sind die ersten Reviergesänge von Amseln und Meisen zu hören. Den Weg zur Arbeit kreuzen Frösche, Molche und Kröten, unterwegs zu ihren Laichgewässern. Die Natur erwacht nach dem milden Winter besonders rasch. Rund um den weltweiten Tag des Artenschutzes am 3. März stellt sich die Frage: Wie kommen unsere heimischen Tiere mit der ungewöhnlichen Wärme zurecht?
Amphibien: gefährliche Wanderung
Feuchtes, mildes Wetter gibt das Startsignal für Amphibien. „In diesen Tagen sind Springfrösche, Grasfrösche, Feuersalamander, Erdkröten und unsere heimischen Molcharten unterwegs“, hat Sandra Panienka, NABU-Fachbeauftragte für Amphibien, beobachtet. Ein erneuter Temperatursturz kann für die Tiere gefährlich werden, vor allem für ihren Nachwuchs. „Entsteht eine Eisschicht auf den Gewässern, kann ein Teil des Laichs absterben“, sagt die Expertin. Doch eine noch größere Bedrohung sieht Sandra Panienka in der beschwerlichen Wanderung der Tiere. „Unabhängig von Wetterereignissen haben Amphibien Jahr für Jahr die fast unlösbare Aufgabe, sicher zu ihren Laichgewässern zu kommen. Sie werden überfahren oder sterben qualvoll durch den hohen Luftdruck, den Autos erzeugen. Eine Geschwindigkeit über 30 Stundenkilometern kann tödlich sein – und eine Gefahr für alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer am Straßenrand. Autofahrerinnen und Autofahrer sollten deshalb doppelt Rücksicht nehmen.“
Hummeln: Königinnen unterwegs
Der Tag des Artenschutzes lenkt den Blick auf die Zerbrechlichkeit der Natur und die Schutzbedürftigkeit bedrohter wildlebender Tiere und Pflanzen. Vielen mag dabei das Insektensterben in den Sinn kommen. Wie steht es also um die bedrohten Hummeln? „Ich habe in den vergangenen Tagen bereits Hummelköniginnen beobachtet. Sie fliegen generell bei niedrigeren Temperaturen als andere Wildbienen. Doch auch für sie ist es ungewöhnlich früh“, berichtet Sarah Adelmann. Die NABU-Hummelexpertin weiß, dass den Tieren seit Jahren der später beginnende Winter Probleme macht. „Bleibt es im Herbst und Winter mild, gehen die Königinnen teilweise nicht in den Winterschlaf. Sie machen nur eine kurze Pause oder starten gar schon im Herbst mit dem Eierlegen. Fällt der Winter sehr mild aus, kann das klappen. Doch wenn die Kälte kommt, stirbt das ganze Volk ohne Nachkommen“, erklärt Adelmann.
Fledermäuse: Fehlender Tiefschlaf
Die heimischen Fledermäuse suchen im Winter stets den Ort mit der optimalen Temperatur. Er sollte so kalt sein, dass sie möglichst wenig Energie für Atmung und Herzschlag verbrauchen – aber nicht so kalt, dass sie im Winterschlaf erfrieren. Große Mausohren, Fransen- und Wasserfledermäuse suchen für ihren Winterschlaf Höhlen, Graue Langohren oder Zwergfledermäuse auch Nischen an Gebäuden auf. „Wenn es zu mild ist, kommen die Tiere nicht in den Tiefschlaf“, erklärt Robert Pfeifle. Er leitet beim NABU Baden-Württemberg ein Schutzprojekt für die besonders seltene Mopsfledermaus, die auch Fledermaus des Jahres ist. Das nur wenige Zentimeter große Tier ist weniger kälteempfindlich als andere Fledermausarten. „Die Mopsfledermaus hält nur in richtig kalten Monaten Winterschlaf in Höhlen, Kellern oder Bunkern. Bei moderaten Temperaturen bleibt sie in Quartieren im Wald und geht dann auch teilweise auf die Jagd. Generell bedeutet die Aktivität im Winter jedoch Stress für Fledermäuse. Sie verlieren die für den Winter angefutterte Insekten-Energie, ohne genügend Nachschub zu bekommen.“ Im schlimmsten Fall könnten Tiere so geschwächt sein, dass sie sterben. „Langfristig wird sich zeigen, welchen Einfluss diese Klimaveränderungen auf unsere Fledermäuse haben werden“, sagt Robert Pfeifle.
Vögel: Erste Reviergesänge
Die heimischen Vögel reagieren bereits auf das veränderte Klima, weiß Felicitas Rechtenwald, Artenschutzreferentin beim NABU Baden-Württemberg. So bleiben einige Kurzstreckenzieher wie Hausrotschwanz oder Mönchsgrasmücke in den Wintermonaten teilweise hier oder kehren früher aus wärmeren Gefilden zurück. „Das betrifft auch den Star, die Feldlerche und den Kiebitz. Kohlmeisen, Blaumeisen, Kleiber und Spechte, die den Winter bei uns verbringen, kundschaften bereits Nistmöglichkeiten aus“, erläutert Rechtenwald. Bei Langstreckenziehern wie Storch oder Kuckuck ist eine frühere Ankunft nicht zu erwarten. Ihr Zugverhalten ist stärker genetisch bedingt. Doch hält die Tendenz der warmen Winter an, kann der Klimawandel auch ihren Takt langfristig durcheinanderbringen.
Ob Amphibien, Insekten, Fledermäuse oder Vögel: Wie groß die Gefahren eines milden Winters für sie sind und wie viele Tiere betroffen sind, können Artenschutzfachleute bislang nicht abschätzen. Regelmäßige wissenschaftliche Zählungen über Jahre hinweg werden darüber Aufschluss geben. Tun kann man jedoch heute schon etwas: Hummelhäuser für zu früh erwachte Königinnen aufstellen, Reisig und Laubhaufen für Igel bereithalten, Dachstühle und Kirchtürme für Fledermäuse öffnen. Und für all diese Tiere Lebensraum und Nahrung in einem naturnah gestalteten Garten bieten. Warum nicht am Tag des Artenschutzes damit beginnen?