Das NABU-Vogelschutzzentrum Mössingen
Hauptaufgabe des NABU-Vogelschutzzentrums ist neben der Vogelpflege die Beratung der Menschen, die Vögel einliefern oder das Zentrum besuchen. Mehr →
28. Oktober 2020 – In diesen Tagen erreicht der Vogelzug seinen Höhepunkt. An schönen Herbsttagen lässt sich mitunter beobachten, wie mehrere Greifvögel an Berghängen entlangsegeln oder vormittags die Thermik zum Aufsteigen nutzen.
Greifvögel aus Nordeuropa passieren Baden-Württemberg in südwestlicher Richtung. Ihr Zug verläuft oft unbemerkt, da die Meister der Lüfte zwar am Tag, meist aber in großen Höhen unterwegs sind. „So zieht etwa der Wespenbussard oft unbeobachtet über uns hinweg und legt dabei am Tag zwischen 200 und im besten Fall 500 Kilometer zurück“, erklärt Daniel Schmidt-Rothmund vom NABU Baden-Württemberg. Der Blick gen Himmel lohnt sich besonders im Rheintal, entlang des Albtraufs oder auch auf den Höhen des Schwarzwaldes. Wer die imposanten Flieger beobachten möchte, hat jetzt noch gute Chancen.
Die Reiselust packt auch viele Greifvögel aus Baden-Württemberg, aber nicht alle. Mit dem Klimawandel verändert sich außerdem das ganze Vogelzugsystem. Immer mehr Zugvögel bleiben bis tief in den November oder Dezember bei uns, verlassen uns erst, wenn es gar keine Nahrung mehr für sie gibt, oder bleiben sogar ganz da.
Bleiben oder fliegen?
Bei den Rotmilanen überwintert ein kleiner Teil hier und sogar hunderte bleiben im Schweizer Mittelland und sparen sich den weiten Weg. Doch die meisten zieht es in wärmere Gefilde, bis nach Südfrankreich und Spanien. Zusätzlich zieht der gesamte Rotmilan-Brutbestand Schwedens über Deutschland hinweg. Aktuell wartet so ein Rotmilan in der Gegend um Villingen-Schwenningen auf den richtigen Augenblick für den Abflug. „Womöglich bleibt er auch hier oder fliegt nur bis in die Schweiz“, mutmaßt der Leiter des NABU-Vogelschutzzentrums in Mössingen. Schmidt-Rothmund und sein Team hatten den imposanten Greifvogel als Pflegling im Oktober 2019 aufgenommen, aufgepäppelt und anschließend besendert wieder freigelassen. „Seitdem hat der Satellitensender uns gezeigt, wo unser ehemaliger Patient unterwegs war. Nach der Freilassung zog er zur Überwinterung nach Frankreich in die Auvergne und kam im Frühjahr wieder nach Baden-Württemberg zurück“, so der Ornithologe.
Auch die Sperber aus Baden-Württemberg brechen Richtung Südeuropa auf und machen Platz für Jungsperber aus Skandinavien, die zu uns ziehen. Während Turmfalken bis auf die Iberische Halbinsel und nach Nordafrika fliegen, belassen es Mäusebussarde bei Südfrankreich. Dennoch erleben wir auch im Winter zahlreiche Mäusebussarde aus Schweden, Finnland und dem Baltikum, die in unseren Breiten überwintern. Die Rohrweihe reist bis nach Nordafrika und teilweise bis südlich der Sahara. Bei uns hat sie am Federsee und in anderen Schilfgebieten eine Heimat. Bis südlich der Sahara führt auch der Weg des Fischadlers, der noch kein Brutvogel in Baden-Württemberg ist. Fischadler ziehen bis ins tropische Westafrika, der südlichste Fund stammt aus dem Kongo. Schwarzmilane aus Deutschland wurden schon an der Elfenbeinküste nachgewiesen.
Gefährliche Reise
Für viele Greifvögel ist die Herbstwanderung eine gefährliche und oft tödliche Reise. Vor allem Arten wie Baumfalke, Rohr- und Wiesenweihe, die Südeuropa und den Mittelmeerraum kreuzen und bis nach Afrika ziehen, werden dort noch immer als Freizeitvergnügen abgeschossen. Neben der direkten Verfolgung kommen sie mitunter an Stromleitungen und Windenergieanlagen zu Tode. Bei ohnehin seltenen Arten können diese Verluste die Bestände gefährden, zusätzlich zu den Lebensraumverlusten in den hiesigen Brutgebieten.
Hintergrund: Greifvogelarten in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg brüten acht Greifvogel- und drei Falkenarten. Die häufigsten sind Mäusebussarde, zu den sehr seltenen gehören die Wiesenweihen. Das Federseemoor bei Bad Buchau bietet mit seinem einzigartigen Mosaik aus Schilfröhrichten, Seggenrieden, Moorwäldern und offener Wasserfläche mehr als 270 Vogelarten eine Heimat, darunter auch seltenen Greifvögeln wie der Rohrweihe. Im NABU-Naturschutzzentrum Federsee kann man sich über die Artenvielfalt des Europa-Reservats informieren. Das NABU-Vogelschutzzentrum in Mössingen kümmert sich um verletzte Mäusebussarde, Sperber und Rotmilane. Jedes Jahr nimmt die Pflegestelle dort u. a. etwa 200 Greifvögel auf. Im Naturschutzgebiet Taubergießen bemüht sich der NABU um die Wiederansiedlung des imposanten Fischadlers.
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