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Mehr ...Allergiker reagieren auf alte Sorten weniger
Interview mit Dr. Matthias Kübler über Apfelallergien
Wie äußert sich eine Apfelallergie?
Eine Apfelallergie äußert sich in unseren Breiten zumeist durch ein sogenanntes orales Allergiesyndrom (kurz OAS). Eine Person, die unter einer Apfelallergie leidet, verspürt nach dem Verzehr des Obstes bereits nach kurzer Zeit Symptome wie ein Brennen in Mund und Rachen, Zunge und Lippen schwellen an und werden taub. Teilweise kann auch eine Schwellung des tiefen Rachens und der Kehlkopfregion hinzukommen, was mit einem Engegefühl und in seltenen Fällen mit Atemnot verbunden sein kann.
Glücklicherweise sind hier in Mittel- und Nordeuropa starke allergische Reaktionen mit Hautreaktion, Atemnot, Kreislaufproblemen und Magen-Darm-Symptomen eher selten. Interessanterweise werden schwere Reaktionen auf Apfel eher bei Südeuropäern beobachtet.
Einige Menschen können keine Äpfel direkt vom Baum essen, Apfelmus genießen Sie dagegen ohne Probleme. Woher kommt das?
Allergien werden meist über Eiweißmoleküle (Allergene) vermittelt. Diese werden vom Immunsystem des Allergikers fälschlicherweise als fremd und gefährlich eingestuft und eine entsprechende Immunantwort im Sinne einer allergischen Reaktion wird auslöst. Das für die Apfelallergie in erster Linie verantwortliche Eiweiß wird „mald1“ genannt und ist hitzelabil. Das heißt: durch das Erwärmen beim Kochen oder Backen der Äpfel wird die Eiweißstruktur derart verändert, dass sie nun vom Immunsystem toleriert wird. Teilweise genügt sogar bereits das Raspeln der Äpfel, um diese besser verträglich zu machen. Auch das Schälen von Äpfeln kann hilfreich sein, da in der Schale die meisten Allergene stecken.
Wie kommt es, dass man jahrelang eine bestimmte Apfelsorte verträgt und auf einmal nicht mehr?
Insgesamt ist im allergischen Lebenslauf eine hohe Varianz zu beobachten. Allergien kommen und gehen. Dabei spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle. Beispielsweise handelt es sich bei der Apfelallergie in den meisten Fällen um eine sogenannte pollenassoziierte Nahrungsmittelallergie. Dies bedeutet, dass die meisten Apfelallergiker auch von Haus aus an einer Birkenpollenallergie leiden. Dies liegt an der engen chemischen Verwandtschaft der auslösenden Eiweiße. Verstärkt sich nun die Birkenpollenallergie, so kann es nun bei einem Menschen, der früher Äpfel immer gut toleriert hat, plötzlich zu einer Apfelallergie kommen.
Zahlreiche Allergiker reagieren auf sämtliche Marktsorten allergisch, vertragen aber viele der alten Apfelsorten mehr oder weniger problemlos. Welche Vermutungen gibt es darüber, warum das so ist?
Nach meinem Kenntnisstand liegt dies daran, dass die neuen Marktsorten (vor allem Golden Delicious, Granny Smith) einen deutlich höheren Allergengehalt als die alten Sorten aufweisen. Der hohe Allergengehalt scheint sich dabei positiv auf den Ertrag und die Resistenz gegenüber Schädlingen zu erweisen. Ursächlich für den erhöhten Allergengehalt könnte dabei ein vergleichsweise niedrigerer Gehalt an Phenolen im Apfel sein. Natürliche Phenole verleihen dem Apfel Farb- und säuerliche Geschmacksstoffe. Aus den Marktsorten wurden die Phenole wegen des säuerlichen Geschmacks herausgezüchtet. Alte Sorten dagegen sind noch phenolreicher. Interessant ist dabei auch, dass je länger der Apfel gelagert wird, desto höher auch der Phenolgehalt ausfällt und dadurch der Apfel immer besser verträglich wird.
Wenn jemand allergisch auf Äpfel reagiert, aber eine alte Apfelsorte probieren will. Wie kann er am besten testen, wie stark er auf die alte Apfelsorte reagiert?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. In erster Linie ist bei Allergien immer größte Vorsicht geboten. Insbesondere bei stärker ausgeprägten Apfelallergien oder dem Vorliegen von anderen Risikofaktoren rate ich auf jeden Fall vor dem Selbstversuch Rücksprache mit dem behandelndem Arzt zu nehmen. Auch sollte die „Provokation“ immer behutsam erfolgen. Beispielsweise in der Sequenz : 1. Berühren des Apfels mit den Lippen 2. Ablecken des Apfels 3. Kleine Portion kurz lutschen, dann Ausspucken 4. Kleine Portion verzehren 5. Größere Portion….
Auf was sollte man beim Kauf von Äpfeln achten?
Hier kann ich natürlich auch als Kinderarzt und Allergologe nur den Empfehlungen des NABU folgen und den Kauf von einheimischen, ungespritzten Äpfeln mit Bioqualität zu empfehlen. Am leckersten schmeckt natürlich der selbst gepflückte Apfel vom eigenen Streuobstbaum.
Sind alte Apfelsorten gesünder als neue?
Fundierte wissenschaftliche Studien zu diesem Thema sind mir hierzu nicht bekannt. Bezüglich der Allergenität sind wie bereits ausgeführt sicherlich aber die alten Sorten zu empfehlen. Eine große Rolle spielt aber ohne Zweifel auch die Form des Anbaus der Äpfel, insbesondere der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln. Obgleich hier die Wirkungen sehr komplex und die Auswirkungen entsprechend schwer wissenschaftlich zu fassen sind, scheint sich der Einsatz von entsprechenden Pestiziden negativ auf die Gesundheit auszuwirken. Da die alten Apfelsorten bekanntlich eher dem spritzmittelfreien Streuobstanbau entstammen, kann sicherlich die Empfehlung zum Kauf von alten Sorten ausgesprochen werden. Letztlich gilt jedoch, egal ob alte oder neue Sorte immer die Devise „ An Apple a day, keeps the Doktor away…“
Wie viel Prozent der Menschen in Deutschland leiden an einer Apfelallergie?
Hierzu gibt es sehr divergente Literaturangaben. Die meisten Autoren gehen von einer Häufigkeit von pollenassoziierten Nahrungsmittelallergien von insgesamt zwei bis vier Prozent aus. Dabei spielt sicherlich der Apfel innerhalb der Fruchtsorten eine Hauptrolle. Insgesamt schätzt man, dass eine Million Menschen in Europa unter einer Apfelallergie leiden.
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