Insektensommer - zählen Sie mit!
Beobachten, zählen und melden Sie die kleinen Sechsbeiner dem NABU. Nehmen Sie sich eine Stunde Zeit und staunen Sie über die Vielfalt der Insekten. Mehr →
20. Mai 2021 – Naturnahe Wiesen stecken voller Leben. Auf allen Etagen lassen sich hier Tiere beobachten, Schmetterlinge suchen nach Nektar und Ameisen bauen darin Erdnester. Wer aufmerksam und behutsam ist, kann schon jetzt die ersten winzigen Heuschrecken entdecken. Doch auf vielen Wiesen im Land herrscht grüne Ödnis: „Von oben sieht unser Land teils aus wie ein großer Golfplatz, sattes Grün soweit das Auge reicht. Kaum sind die ersten Gräser da, werden Mäher und Mulcher ausgepackt, Löwenzähne ausgestochen und der Rasen manikürt“, sagt Naturschutz-Expertin Anna Sesterhenn vom NABU Baden-Württemberg. Nicht nur in manchen Privatgärten herrsche Blütenmangel. Auch entlang von Straßen werden Grünflächen – sogenanntes Straßenbegleitgrün – teils schon früh im Jahr weiträumig gestutzt. In der Landwirtschaft sind die ersten Traktoren mit Mähwerk unterwegs, um Silage als Kuhfutter herzustellen.
Blühinseln für Insekten: Das können Kommunen tun
Der Klimawandel zwingt Kommunen zum Umdenken, denn es gilt, sich zugleich an Hitzeperioden und Starkregenereignisse anzupassen. Naturnahe Grünflächen bieten Lebensräume, speichern Wasser und klimaschädliches CO2 und kühlen ihre Umgebung. Grünflächen entlang von Wegen und Straßen können Insekten und anderen Tieren Nahrung und Nistplätze bieten. Leider werden viele Flächen zu früh, zu oft und zu radikal gekürzt. Dabei ist das aus Sicht des NABU gar nicht notwendig: „Für eine saubere Optik und die Gewährleistung der Verkehrssicherheit reicht es, einen Streifen in der Breite eines Mähwerks direkt am Weg zu mähen, der Rest kann länger stehen bleiben, je nach Standort bis Juni oder Juli“, erklärt Sesterhenn.
In Privatgärten: Wilde Brennesselecken und Blühstreifen anlegen
Ab 4. Juni lädt der NABU wieder zum Insektensommer ein. Dann heißt es: alles zählen, was krabbelt oder fliegt und sechs Beine hat. Damit es im Garten viel zu entdecken gibt, sollte der Rasenmäher jetzt noch im Schuppen bleiben, empfiehlt die NABU-Expertin: „Wer spät mäht, hat nicht so viel Stress, kann den Blüten bei der Entwicklung zusehen und die Insektenvielfalt entdecken.“ Für die Neuanlage eines Blühstreifens sollte man gebietsheimisches Saatgut nutzen. In bestehendem Rasen kann man punktuell offene Stellen schaffen und diese mit den gewünschten Samen einsähen oder die Art des Mähens auf Dauer ändern. „Dann heißt es: warten und sich überraschen lassen!“, so die NABU-Gartenexpertin. „Auch wenn sich nicht jeder nährstoffreiche Rasen schnell zum Blütenparadies entwickelt, kann allmählich ein Lebensraum für eine Vielzahl von Arten entstehen“, rät Sesterhenn.
Mehr blütenbunte Vielfalt in der Landwirtschaft
Intensive Landwirtschaft gefährdet eine Vielzahl an Insekten. Landwirtschaftlich genutzte Wiesen werden heute bis zu fünf Mal im Jahr gemäht und das Gras mitsamt Insekten meist in praktische Siloballen verpackt. Überdüngung aus der Luft sorgt dafür, dass die Artenvielfalt selbst in Naturschutzgebieten schwindet. „Damit Wiesen-Margerite, Acker-Witwenblume oder Gewöhnliche Schafgarbe eine Wiese besiedeln können, müssen sie blühen und aussamen können. Ein später Schnitt, frühestens ab Mitte Juni, ist dafür unabdingbar“, sagt Sesterhenn. Mit einem Balkenmäher sinke dabei das Sterberisiko für die Wiesenbewohner.
Die Politik setzt bereits Anreize, um es besser, sprich insektenfreundlicher zu machen: „Das Land hat erkannt, dass mehrjährige Blühmischungen helfen, die Insekten- und Vogelvielfalt zu bewahren. Es fördert seit diesem Jahr die Aussaat mehrjähriger Blühmischungen über das Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT). Solche Blühflächen bieten ohne Bewirtschaftung und Arbeitsaufwand für einige Jahre einen optimalen Lebensraum für viele Insekten, bodenbrütende Vögel und Kleinsäuger wie Feldhasen“, so die NABU-Expertin.
Hintergrund:
Fünf Tipps für insektenfreundliche Wiesen
• Frühestens Mitte Juni mähen und Schnittgut abräumen
• Nicht alles auf einmal, sondern in Abständen von zwei bis drei Wochen mähen
• Ränder und Säume an Wegen, Straßen, Wäldern und Bächen als Rückzugsraum erhalten
• Mindestens zwölf Zentimeter Bewuchs stehen lassen, so können Insekten überleben
• Auf Mähaufbereiter verzichten, wenn möglich Sensen oder Balkenmäher nutzen
Infos zum Insektensommer des NABU:
Eine Stunde lang Insekten beobachten, an einer bundesweiten Aktion teilnehmen und die Natur vor der eigenen Haustür besser kennenlernen – all das vereint der „Insektensommer“ des NABU. Gezählt wird in zwei Zeiträumen, vom 4. bis 13. Juni und vom 6. bis 15. August, zum vierten Mal.
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