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NABU heißt Balbü und Kju willkommen
Der Fischadler-Nachwuchs wurde beringt
23. Juni 2023 – Eine kleine Sensation in der baden-württembergischen Vogelwelt: Heute (23.6.) hat der NABU im Landkreis Rastatt zwei junge Fischadler beringt. Seit 1907 ist das die erste nachweislich erfolgreiche Brut der imposanten Greifvögel im Südwesten. „Die Spannung war groß, wir wussten nicht, wie viele Jungvögel uns oben im Horst erwarten. Umso größer ist die Erleichterung darüber, dass sich Balbü und Kju bester Gesundheit erfreuen“, berichtet Daniel Schmidt-Rothmund. Der Leiter des NABU-Vogelschutzzentrums setzt sich seit Jahrzehnten für die Rückkehr der Greifvögel ein.
Abseilen, wiegen, vermessen, beringen
Kreis Rastatt, 14 Uhr: Profi-Kletterer Georg Bürk holt die Jungvögel unter Anleitung von Schmidt-Rothmund aus ihrem Nest in luftigen 25 Metern Höhe und lässt sie vorsichtig in einem Sack an einem Seil herunter. Dabei fallen die knapp fünf Wochen alten Adler in eine natürliche Schreckstarre. Die Elterntiere sind aufgeflogen, kreisen über dem Horstbaum und beobachten aufmerksam das Procedere. Dabei stoßen sie aufgeregte Warnrufe aus. „Diese charakteristischen Rufe haben eine beruhigende Wirkung auf den Nachwuchs“, erklärt Schmidt-Rothmund.
Am Waldboden nimmt der Ornithologe die Jungvögel behutsam in Empfang. Als erstes steht der Gesundheitscheck auf dem Programm: untersuchen, wiegen und vermessen. „Wir haben hier ein 1.458 Gramm schweres Weibchen und ein 1.178 Gramm schweres Männchen – sehr guter Durchschnitt für die Altersklasse“, erklärt der NABU-Fachmann.
Anschließend werden die Jungadler doppelt beringt, mit je einem etwa fünf Gramm leichten Ring an jedem Bein. Damit kann man sie eindeutig identifizieren. Mit der Beringung erhalten die kleinen Fischadler ihre Namen: „Balbü ist eine Kurzform des französischen Worts für Fischadler, Balbuzard. Kju nimmt Bezug auf den charakteristischen ‚kju-kju-kju‘-Warnruf“, so Schmidt-Rothmund.
Fliegen lernen – und dann ab ins Winterquartier
Nach wenigen Minuten geht es mit dem Seillift wieder sicher nach oben. Kletterer Bürk setzt die beiden Jungadler wohlbehalten in ihrer Kinderstube über den Baumwipfeln mit Rundblick ab. Im Horst, den Schmidt-Rothmund vor zwei Jahren dort im Landkreis Rastatt installiert hatte, kehrt binnen weniger Minuten wieder Familien-Normalität ein. In rund drei Wochen, etwa Mitte Juli, werden Balbü und Kju ihre ersten Flugübungen machen. Im August verlassen sie die badische Oberrheinebene und legen rund 5.000 Kilometer bis ins westliche Afrika zurück, wo sie überwintern.
Hintergrund:
- Beringung: In ganz Deutschland wird der Fischadlernachwuchs beobachtet und beringt. Ziel ist es, ein umfassendes Bild von Population und Bestandsentwicklung zu gewinnen. Der eine Ring trägt eine kleine individuelle Nummer, wie im Personalausweis, der andere einen großen alphanumerischen Code, ähnlich einem Autokennzeichen, den man auch aus der Entfernung erkennen kann. Die Ringnummern sind in einer Datenbank hinterlegt. Mit ihnen lassen sich die Fischadler eindeutig identifizieren. Mittels Spektiv oder Teleobjektiv kann man die Codes aus bis zu 250 Metern Entfernung ablesen. Eindeutige Ringablesungen können unter www.ring.ac oder bei der Beringungszentrale Hiddensee gemeldet werden: https://ringmeldung.34u.de Die gemeldeten Beobachtungen liefern wichtige Informationen über Überlebensrate, Wanderwege oder die Erschließung neuer Lebensräume. Letztlich dienen die Forschungsergebnisse einem besseren Schutz der Adler.
- Artenschutzprojekt Fischadler
- Mehr über den Fischadler
- Greifvogel-Patenschaft – Im Einsatz für eindrucksvolle Wildvögel
- Beitrag des SWR: Erfolgreiche Ansiedlung von Fischadlern durch den NABU
Ermöglicht wurde das Projekt durch die sehr gute Zusammenarbeit mit der LPO Alsace, durch ein Interreg-Projekt des NABU-Südbaden und die Kooperation mit dem NABU Bezirksverband Mittlerer Oberrhein. Finanzielle Unterstützung erhielt der NABU von vielen Spenderinnen und Spendern, seitens der „Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe" und der Schweizer Stiftung PRO PANDION.
- Fischadler im Südwesten:
- Noch im 19. Jahrhundert war der Fischadler in Baden-Württemberg entlang von Donau, Rhein, Neckar und an Kocher und Jagst beheimatet. Bekannt ist das vor allem, weil aus dem 19. Jahrhundert Jagdstatistiken mit langen Abschusslisten vorliegen. Auch Eiersammlungen in Museen belegen das. Als vermeintlicher Nahrungskonkurrent des Menschen wurde der Greifvogel jedoch erbarmungslos abgeschossen, seine Gelege wurden geplündert und man fällte Horstbäume, bis zur Ausrottung 1907 im Südwesten.
- Seit dreißig Jahren installiert der NABU in Baden-Württemberg Nisthilfen für den imposanten Greifvogel in dessen alter Heimat an Rhein und Donau. Kunsthorste gibt es in mehreren Landesteilen. Im Zuge eines Interreg-Projekts gemeinsam mit der französischen Partnerorganisation LPO (Liga für Vogelschutz) am Oberrhein kamen zehn Nisthilfen beidseits des Rheins zwischen Basel und Karlsruhe hinzu. Finanzielle Unterstützung erhielt das Projekt von der Schweizerischen Stiftung Pro Pandion und von der „Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe" sowie durch private Einzelspenden.
- Für Daniel Schmidt-Rothmund ist die Wiederansiedlung der Fischadler im Südwesten ein Herzensthema und Lebenswerk, das viel Zeit, Energie, Geduld und nicht zuletzt Geld erfordert. Er hat im Land mehr als 30 Plattformen auf hohen Bäumen installiert, Nistmaterial hochgeschafft und die Standorte regelmäßig besucht. Dank einem großen Netz aus Ehrenamtlichen, vogelbegeisterten Spenderinnen und Spendern sowie der Bereitschaft von Forst BW, Gemeinden und Privatwaldbesitzenden, ihre Flächen zur Verfügung zu stellen, erzielte das Projekt jetzt einen ersten großen Erfolg.
- Der Name des Weibchens, Balbü, ist die Abkürzung für Balbuzard, das französische Wort für Fischadler, der des Männchens, Kju, nimmt Bezug auf den „kju-kju-kju“-Warnruf des Fischadlers.
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Mehr Informationen:
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