Grünes Heupferd - Foto: Monika Povel
Wissenswertes über Heuschrecken
Plage oder Segen?
Heuschrecken sind sechsfüßige Fluginsekten. Und sie sind eine überaus artenreiche, abwechslungsreiche und an unterschiedlichste Lebensweisen angepasste Tiergruppe: Weltweit kennt man 26000 verschiedene Arten. In Deutschland kommen knapp 80, Baden-Württemberg über 60 Arten vor. Unter diesen Arten finden sich bedrohte oder ausgestorbene Lebensraumspezialisten wie die Gebirgsschrecke, Italienische Schönschrecke oder Rotflügelige Ödlandschrecke. Aber es gibt auch Arten, die häufig und weit verbreitet sind und sich auch leicht erkennen und beobachten lassen. Von diesen Arten stellen wir hier einige vor.
Ein besonderes Kennzeichen der Heuschrecken ist ihre Sprungfähigkeit. Mit Hilfe ihrer kräftigen Hinterbeine können die Tiere aus dem Stand weite Sprünge vollführen. Wüstenheuschrecken überbrücken einen Meter und erreichen Startgeschwindigkeiten von 3,2 Metern pro Sekunde. Viele Heuschreckenarten sind hervorragende Flieger. Mit ihrem Flügelpaar können z.B. Grüne Heupferde längere Strecken zurücklegen. Ausgewachsene Tiere sehen auf den ersten Blick wie ein kleiner Singvogel aus.
Heuschrecken werden von ihrem Aussehen her in fünf Gruppen unterteilt:
- Laubheuschrecken haben sehr lange Fühler, viergliedrige Füße und einen seitlich zusammengedrückt wirkenden Körper (z.B. Heupferd)
- Maulwurfsgrillen sind kompakte Tiere mit zu Grabschaufeln umgebildeten Vorderbeinen, mit denen sie intensive Brutpflege betreiben (bei uns nur eine Art Maulwurfsgrille)
- Grillen haben ebenfalls lange fadenförmige Fühler, einen walzenförmigen Körper, dreigliedrige Füße und sind nie grün gefärbt (z.B. Feldgrille)
- Dornschrecken haben einen lang ausgezogenen Halsschild (z.B. Säbeldornschrecke)
- Feldheuschrecken haben kurze Fühler (z.B. Grashüpfer, Keulenschrecken, Gebirgsschrecken, Goldschrecken, Schönschrecken).
Mit der Körperfarbe ist man bei der Bestimmung übrigens schlecht beraten, denn die Färbung kann je nach Art, Lebensraum und Entwicklungsstadium extrem variieren.
Und Heuschrecken sind musikalisch! Ähnlich wie bei Vogelgesang machen Heuschrecken Musik, unter anderem um Weibchen anzulocken. Diese Geräusche erzeugen sie auf unterschiedliche Weise: Laubheuschrecken zirpen mit den Flügeln, Feldheuschrecken „stridulieren“ wie ein Geigenspieler mit den Hinterschenkeln über die Flügel, Schnarrschrecken machen bei ihren Sprungflügen ein knatterndes Geräusch, Eichenschrecken trommeln mit den Hinterbeinen auf Blättern und manche Arten knirschen mit Zähnen bzw. ihren zahnlosen Unterkiefern.
Heuschrecken sind Sommertiere: Ab Mai bis zu den ersten Nachtfrösten sind sie sowohl tags als auch nachts aktiv. Oft fallen uns ihre „Gesänge“ aber nur in der Nacht auf, weil sie dann besser hörbar sind. Bevorzugte Lebensräume sind die Gras- und Krautschicht auf Wiesen, Wegrainen und Böschungen, teilweise auch Gebüsche und Bäume. Dort finden die Tiere Nahrung und Eiablagemöglichkeiten. Aus den Eiern entwickeln sich über (je nach Art) vier bis 14 Larvenstadien die ausgewachsenen Heuschrecken. Im Gegensatz zu Schmetterlingen durchlaufen Heuschrecken und Grillen eine unvollständige Verwandlung. Deshalb sieht schon das erste Larvenstadium wie die verkleinerte Ausgabe der ausgewachsenen Heuschrecke aus.
Grillen und Heuschrecken ernähren sich überwiegend von Pflanzen, manche Arten wie die Gottesanbeterin von Insekten. Heuschrecken wiederum sind Nahrung von Vögeln, Säugetieren, Eidechsen, Spinnen und Fröschen. Der Wiedehopf steht z.B. auf Maulwurfsgrillen und Neuntöter spießen oft größere Heuschrecken vor dem Verzehr an Schlehendornen auf, die sie in der Umgebung von Gebüschen erbeuten. Jedenfalls sind Heuschrecken ein wichtiges Bindeglied in der Nahrungskette zwischen der Pflanzen- und Tierebene.
Heuschrecken und Grillen waren allein schon mengenmäßig früher wesentlich häufiger: Ging man über eine Wiese, „spritzten“ die Grashüpfer nur so zur Seite. Heute sind das wesentlich weniger Tiere. Vor allem die intensive Landbewirtschaftung mit Aufgabe der Wiesennutzung, aber auch intensive maschinelle Landbearbeitung mit häufigen Schnittfolgen sowie aus Ausbringen von Gülle und Pestiziden gefährden die Heuschreckenarten in der Feldflur. Für die Lebensraumspezialisten sind naturnahe Wälder, nasse Feuchtwiesen und extensiv bewirtschaftete Weiden, Trockenbiotope oder auch Kiesbänke und Sanddünen von großer Bedeutung.
Text: Stefan Bosch