Eine Gottesanbeterin frisst eine Biene. - Foto: Engelbert Mayer
Die Gottesanbeterin
Ungefährliche Kannibalin in Baden-Württemberg
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Großes Weibchen und kleines Männchen - das Insekt bei der Paarung. - Foto: Engelbert Mayer
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Nach der Paarung werden die Eier in einer Oothek abgelegt. - Foto: Engelbert Mayer
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Eine Nymphe nach der ersten Häutung. - Foto: Engelbert Mayer
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Diese Nymphe hat schon mehrere Häutungen hinter sich. - Foto: Engelbert Mayer
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Eine männliche Gottesanbeterin. - Foto: Engelbert Mayer
Die Gottesanbeterin „Mantis religiosa“ ist die einzige Fangschrecke, die in Baden-Württemberg heimisch ist. Ihr Name setzt sich aus dem griechischen „Mantis“ ( = die Seherin) und dem Zusatz „religiosa“ zusammen. Diesen hat sie ihren typisch gefalteten Fangarmen zu verdanken.
Nahrung
Besonders auffällig sind die Fangarme der Gottesanbeterin, die mit Widerhaken ausgestattet sind. Hat sich ein Insekt einmal darin verfangen, gibt es kein Entkommen mehr. Gottesanbeterinnen haben keine Zähne, sondern sogenannte Mandibeln als Kauwerkzeuge, die sie immer von rechts nach links bewegen, um so gefangene Insekten zu verspeisen.
Bei der Nahrungswahl ist die Gottesanbeterin sehr flexibel. Sie fängt alles, was sich in ihrem Sichtfeld bewegt – auch ihre eigenen Artgenossen, denn Gottesanbeterinnen sind Kannibalen. Besonders gern frisst sie aber Spinnen, Wildbienen und Fliegen. Wenn sie eine Beute entdeckt hat, die sich etwas weiter entfernt befindet, fängt sie ganz langsam an zu klettern. Dabei macht sie schaukelnde Bewegungen. Auf diese Weise kommt sie ihrer Beute immer näher. Für das Opfer sieht die Gottesanbeterin dabei aus wie ein Blatt, das im Wind schaukelt. Sobald sich die Gottesanbeterin in der richtigen Distanz zu ihrer Beute befindet, schnappt sie blitzschnell zu. Um ihren Durst zu stillen, nutzt sie die morgendlichen Tautropfen.
Fortpflanzung
Erwachsene Gottesanbeterinnen sind zwischen sechs und sieben Zentimeter groß. Im Unterschied zu vielen anderen Tierarten, sind hier die Weibchen insgesamt größer, länger und korpulenter als ihre männlichen Artgenossen. Gottesanbeterinnen finden ihren Geschlechtspartner über Pheromone, die wir Menschen nicht wahrnehmen können. Aufgrund des für die Art typischen Kannibalismus kann es passieren, dass das kleinere Männchen noch während der Paarung gefressen wird.
Nach der Paarung legt das Weibchen bis zu vier erhärtende Schaumgelege (Oothek) mit 50 bis 100 Eiern an einem geschützten Ort ab. Dazu eignen sich besonders Hausmauern, Regenfallrohre, Sträucher oder Holzbretter. Wichtig ist dabei nur, dass in der unmittelbaren Umgebung insektenfreundliche Pflanzen blühen und damit die Nahrung der Gottesanbeterin gesichert ist. Die Oothek ist etwa so groß wie das letzte Fingerglied des menschlichen Zeigefingers. Aus den Eiern schlüpfen ab Mitte Mai des Folgejahres viele junge Insekten, die schon aussehen wie kleine Gottesanbeterinnen. Nach der ersten Häutung fangen diese an zu jagen und fressen. Auch die Jungtiere verhalten sich schon als Kannibalen, was zur Folge hat, dass nur wenige junge Gottesanbeterinnen erwachsen werden. Dieses Verhalten ist in der Tierwelt üblich, wenn der Nachwuchs so reichlich ausfällt.
Gottesanbeterinnen häuten sich mehrmals. Nach der letzten Häutung im Juli oder August sind sie geschlechtsreif und haben Flügel. Dann findet auch die Paarung statt. Die Alttiere (Imagos) sterben im Zeitraum von Mitte bis Ende Oktober oder Anfang November. Dabei hängen die Gottesanbeterinnen im Gehölz und warten dort auf ihren Tod, wenn sie zuvor nicht schon von einem Vogel gefressen wurden.
Lebensraum und Vorkommen
Die Gottesanbeterin ist ein wärmeliebendes Insekt. Theoretisch kann sie in jeder warm-exponierten Magerwiese und an jedem trockenen Gebüschrand gefunden werden. Wenn blütenbunte Wiesen ein entsprechend reiches Insektenvorkommen bieten, fühlt sich die Gottesanbeterinnen wohl. In Deutschland lässt sie sich besonders gerne in Weingebieten nieder. Durch den Klimawandel erobert sich die Gottesanbeterin immer neue Gebiete, vermehrt sich dort gut und wird immer häufiger. Bisher galt die Höhenstufe 500 mNN als Verbreitungsgrenze – jedoch sind aktuelle Funde auch deutlich darüber bekannt geworden.
In Baden-Württemberg war die Gottesanbeterin bis vor 30 Jahren ausschließlich im Kaiserstuhl bekannt. Seither ist sie das Rheintal abwärts gewandert und wurde auch in Karlsruhe gesichtet. 2018 und 2020 wurde sie sogar in den Hochflächen des Nordschwarzwaldes gefunden – jedoch nur adulte Weibchen, die vermutlich durch den Wind dorthin verdriftet wurden und keine Reproduktion brachten. Heute hat die Gottesanbeterin weite Teile des Rheintales bis hinauf in den Kraichgau besiedelt. Eine Oothek wurde im südlichen Heckengäu entdeckt – und damit der Nachweis, dass die Reproduktion auch in anderen Bereichen stattfindet.
Die Gottesanbeterin und der Mensch
Für uns Menschen oder auch für unsere Haustiere besteht keine Gefahr durch die Gottesanbeterin. Ihre Kauwerkzeuge schaffen es nicht, die menschliche Haut zu durchdringen. Einen Stachel oder ähnliches besitzt sie nicht. Darüber hinaus ist die Gottesanbeterin weder giftig noch schädlich. Als streng geschützte Art darf sie nicht gefangen oder anderweitig gestört werden. Auch die Ootheken sollten nicht beeinträchtigt werden, um den Fortbestand der Art nicht zu gefährden, denn die Gottesanbeterin steht auf der roten Liste.
Sollte sich einmal eine Gottesanbeterin in einem Garten niederlassen, besteht also kein Grund zur Sorge. Am besten sollten Gartenbesitzer*innen dafür sorgen, dass die Gottesanbeterin ausreichend Futter in Form von blühenden, insektenfreundlichen Pflanzen vorfindet.
Jede*r, der*die eine Europäische Gottesanbeterin entdeckt, kann den Fund an die NABU|naturgucker melden. Hier stehen darüber hinaus viele Informationen rund um die Gottesanbeterin und eine aktuelle Verbreitungskarte bereit. Zusätzlich können Sichtungen auch auf der Meldeplattform der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg gemeldet werden. Diese Meldungen helfen dabei, die Ausbreitung der Gottesanbeterin besser zu verfolgen und machen Rückschlüsse auf klimatische Veränderungen möglich.
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