In Europa lebt nur eine Süßwasserquallenart. Foto: Dr. Dominik Meisohle
Wasserqualle in heimischen Badeseen
Glitschig, aber ungefährlich
In heißen Sommern ist die Verwundung am Badesee oft groß: „Schwimmen da etwa Quallen in unserem Baggersee?“ Denn bei dem Wort Qualle, denken die meisten Menschen an Meer, Wellen und schäumende Gischt – und weniger an deutsche Badeseen. In der Tat sind die meisten Quallen im Meer zuhause. Nur eine Qualle lebt auf dem europäischen „Festland“: Die Süßwasserqualle Craspedacusta sowerbii, die in warmen Jahren Bade- und Baggerseen bevölkern.
So wurde die Quallen-Attraktion unter anderem in Seen in der Nähe von Weil am Rhein, Ulm und Karlsruhe gesehen – und wohl auch gespürt worden. Doch die glitschigen Tierchen sind für den Menschen vollkommen harmlos. Die Süßwasserqualle hat als Vertreterin der Nesseltiere zwar Nesselzellen an ihren Fangarmen (Tentakeln), macht damit jedoch Jagd auf Kleinstlebewesen wie Einzeller, Kleinkrebsen und Rädertierchen. An sonnigem Tagen treiben die Tiere zur Wasseroberfläche und gleiten beutesuchend durch das Wasser. So begegnen sich Mensch und Tier beim jeweiligen Sonnenbaden.
Die Qualle mag es warm und benötigt Wassertemperaturen von mindestens 25 Grad um sich entwickeln zu können. Man begegnet ihr als freischwimmende Qualle (Meduse) also nur in heißen Jahren. Ihr Auftauchen hat somit nichts mit einer schlechten Wasserqualität zu tun. In kühleren Jahren bleibt die Süßwasserqualle als Larve (Polyp) am Boden des Sees festgewachsen – und daher meist unbemerkt. Die Qualle bevorzugt saubere, stehende bis leicht bewegte Gewässer mit üppiger Bodenflora, in der der Polyp ausreichend Schutz findet. Als Larve ist die Qualle nur ungefähr zwei Millimeter groß und auch als Meduse erreicht sie nur die Größe einer 2-Euro-Münze. Sie besteht zu 99,3 Prozent aus Wasser - das macht die Süßwassermeduse zu dem Tier mit dem höchsten Wassergehalt.
Das Tier hat ihren Ursprung wahrscheinlich im Jangtse-Fluss in China. Wie die Süßwasserqualle nach Europa kam, ist unklar – wahrscheinlich jedoch als blinder Passagier einer importierten Teichpflanze. Denn zum ersten Mal entdeckt wurde sie 1880 im exklusiven Seerosenbecken des botanischen Gartens in London.
Seitdem taucht die Qualle immer mal wieder in heißen Jahren auf - manchmal sogar in Massen. Heute ist die Süßwasserqualle auf der ganzen Welt, außer der Antarktis, verbreitet. Bisher blieb es der Wissenschaft verschlossen, warum sich diese Art weltweit derart vermehrt hat. Denn wie andere Teichbewohner verbreitet sie sich zwischen den Seen durch Strömungen des Wassers, gründelnde Tiere und durch das Festsetzen an Gartenteichpflanzen, Booten oder Fischen. Die Vermehrung an sich läuft ungeschlechtlich durch Teilung ab.
Ob ihr Bestand zunimmt, lässt sich wegen der Unregelmäßigkeit ihres Auftauchens nicht mit Gewissheit sagen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass durch den Klimawandel und die damit einhergehenden wärmeren Gewässer die Entwicklung stärker voranschreitet, so dass man die „erwachsenen Tiere“ zumindest häufiger sieht.
Text: ao
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