Weibliche Becher-Azurjungfer - Foto: Monika Povel
Hochsaison für Libellen
Lebensraumverlust macht Verwandlungskünstlerinnen zu schaffen
Beim NABU Baden-Württemberg wird im Sommer häufiger nachgefragt, warum gerade viele Libellen zu sehen sind. „Libellen sind nur jetzt im Sommer als Imago, also als flugfähiges Insekt, unterwegs“, sagt NABU-Artenschutzreferent Martin Klatt. Sie verlassen zwischen April und Oktober die Larvenhaut und beeindrucken dann für wenige Wochen mit ihren waghalsigen Flugmanövern, wenn sie in der Luft nach Fliegen, Mücken und sogar Libellen kleinerer Arten jagen.
Davor verbringen Libellen je nach Art einige Monate bis zu fünf Jahre im Verborgenen: Die Eier werden im Wasser oder im Gewebe von Wasserpflanzen abgelegt. Daraus schlüpfen Vorlarven, die sich zu Larven weiterentwickeln. Diese lauern am Grund der Gewässer oder zwischen Wasserpflanzen auf Mückenlarven, Bachflohkrebse oder kleinere Kaulquappen. Sie häuten sich je nach Art unterschiedlich oft. „In der warmen Jahreszeit klettern die ausgewachsenen Larven meist in den frühen Morgenstunden an Stängeln oder Blättern aus dem Wasser und häuten sich zum letzten Mal – aus der unscheinbaren Larve wird ein filigranes Fluginsekt“, berichtet Klatt.
Libellen gehören zu den Tiergruppen, die am längsten auf der Erde existieren. So erfolgreich sie die letzten Jahrmillionen auch überdauert haben: Heute sind in Baden-Württemberg 30 von insgesamt knapp 80 Libellenarten vom Aussterben bedroht oder gefährdet. Hauptursache ist der Verlust an Lebensräumen. „Wenn Moore und andere Feuchtbiotope trockengelegt, Flüsse begradigt oder Uferbereiche umstrukturiert werden, haben es Libellen schwer“, sagt der NABU-Artenschutzexperte.
Hintergrund – Libellen:
Das Leben der Libellen ist an Wasser gebunden, da ihre Larven nur dort existieren können. Die meisten Arten brauchen stehende Gewässer, einige sind aber auch an das Leben an Fließgewässern angepasst. Einzelne Arten wie die Torf-Mosaikjungfer oder die Speer-Azurjungfer sind auf saure, extrem nährstoffarme Moorgewässer angewiesen.
Libellen sind sehr ursprünglich gebliebene Insekten. Schon vor 320 Millionen Jahren flogen die Vorfahren der heutigen Libellen durch die Sumpfwälder der Steinkohlezeit. Manche hatten Flügelspannweiten von bis zu 60 Zentimetern. Bei den heutigen weltweit etwa 5.000 Libellenarten sind es zwei bis 15 Zentimeter. In Aussehen und Bau ähneln die heutigen Arten denen, die zur Blütezeit der Dinosaurier gelebt haben.
Die Flugkünstler stehen rüttelnd wie ein Turmfalke in der Luft, gleiten wie ein Segelflugzeug dahin, beschleunigen auf bis zu 50 Stundenkilometer, ändern abrupt die Flugrichtung und vollführen Loopings. Manche Arten können sogar rückwärts fliegen. Diese beeindruckenden Manöver sind möglich dank der kräftigen, direkt an den Flügeln ansetzenden Flugmuskulatur und der Fähigkeit, die beiden Flügelpaare unabhängig voneinander zu bewegen.
Die optimale Orientierung im Luftraum verdanken Libellen ihren Komplex- oder Facettenaugen, die einen großen Teil des Kopfes ausmachen, aus bis zu 30.000 Einzelaugen zusammengesetzt sind und ein hohes zeitliches Auflösungsvermögen haben. Dadurch können Libellen auch Beutetiere erkennen, die sich sehr schnell bewegen. Diese ergreifen sie mithilfe ihrer drei mit Dornen besetzten Beinpaare, die nach vorne gerichtet sind und so eine Art Fangkorb bilden.
Entgegen einem nach wie vor verbreiteten Irrglauben haben Libellen keinen Stachel und können deshalb nicht stechen.
Haben Sie Fragen zu Libellen? Unser NABU-Fachbeauftragter Jochen Müller beantwortet Sie gerne. Da unser NABU-Fachbeauftragter ehrenamtlich tätig ist, bitten wir um Verständnis, dass Ihre E-Mail zwar zeitnah, nicht aber sofort beantwortet werden kann.
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Jochen.Mueller@NABU-BW.de
Wer im März einer Libelle begegnet, sieht entweder die Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca) oder die Sibirische Winterlibelle (Sympecma paedisca). Mehr →
Gemeine Binsenjungfern kann man von Mitte Mai bis Ende September an stehenden Gewässern aller Art beobachten, die Art ist noch recht häufig. Binsenjungfern erbeuten vor allem Kleininsekten von Fliegen bis Blattläusen. Mehr →
Die heutigen weltweit etwa 5.000 Libellenarten weisen Flügelspannweiten von 2 bis 15 Zentimetern auf. Im Aussehen und Bau ähneln sie den zur Blütezeit der Dinosaurier vor rund 150 Millionen Jahren lebenden Arten. Libellen sind also sehr ursprünglich gebliebene Insekten. Mehr →