Baienfurt liegt im Landkreis Ravensburg und hat etwa 7.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Es hat 2023 bis 2024 an „Natur nah dran“ teilgenommen und vier Flächen umgestaltet. Am Rathaus, an einem Fuß- und Radweg sowie auf Verkehrsinseln und einem Kreisverkehr sind ein Wildstaudenbeet mit Gehölzen und Wildblumenwiesen entstanden.
Baienfurt blüht auf
Wildpflanzen-Samentütchen begeisterten die Menschen vor Ort
NABU: Wie kamen Sie auf die Idee, Samentütchen herstellen zu lassen und diese zu verteilen? Wer gab den Anstoß, wer hat es umgesetzt? Gab es schon früher eine ähnliche Aktion?
Tanja Schneider-Tomajly: Bereits im Frühjahr 2022 gab es in der Gemeinde Baienfurt eine ähnliche Aktion. Die Bauverwaltung und der Bauhof wollten damit auf die neue Ausrichtung der innerorts vorhandenen Blühflächen hinweisen. Es wurde nämlich entschieden, die vorhandene Bepflanzung mit verschiedenen blühenden Pflanzen (welche jedes Jahr aufs Neue eingekauft, eingepflanzt und aufwändig gepflegt werden mussten) nach und nach gegen heimische mehrjährige Blüher auszutauschen. Dieses Projekt sollte unter dem Namen „Baienfurt blüht auf“ in der Bürgerschaft publik gemacht werden. Dazu wurde eine von der Gärtnerei verwendete Blühmischung in Tütchen verpackt und mit einem Werbe-Aufkleber versehen. Die Ausgabe erfolgte kostenfrei. Im Frühjahr haben wir diese Aktion wiederholt, um damit auf das „Natur nah dran“-Projekt wiederholt aufmerksam zu machen.
Wie viele Tütchen haben Sie verteilt? Bei welchen Gelegenheiten?
Wir haben insgesamt ca. 260 Tütchen verteilt. Diese lagen an verschiedenen, stark frequentierten, Orten aus – Bürgerbüro, Sekretariat Bauverwaltung, Kindergärten – und durften mitgenommen werden. Auf die Aktion wurde außerdem mit Plakaten, im Mitteilungsblatt und auf Instagram aufmerksam gemacht.
Haben Sie auch mit ortsansässigen Vereinen oder Initiativen zusammengearbeitet?
Bei dieser Aktion nicht. Allerdings entstanden im Rahmen des „Natur nah dran“-Projekts neue Ideen für die Zusammenarbeit mit einigen ortsansässigen Vereinen und engagierten Bürgern. Es sind bereits weitere kleine Projekte an verschiedenen Standorten und in verschiedenen Zusammenhängen in Umsetzung bzw. Planung.
Worauf haben Sie bei der Zusammensetzung/Artenauswahl in den Samentütchen geachtet?
Bei beiden Aktionen (2020 und 2024) wurden Saatgutmischungen von einheimischen und mehrjährigen Blühpflanzen verwenden, die auch schon von der Gemeindegärtnerei verwendet wurden.
Welche Informationen haben Sie zusammen mit den Samentütchen weitergegeben?
Zu jedem Samentütchen gab es einen Flyer, welcher über das „Natur nah dran“-Projekt und bereits vorhanden naturnahe Flächen in der Gemeinde informiert. Außerdem wurden Fragen beantwortet, die direkt im Gespräch entstanden oder aber telefonisch oder per E-Mail eingingen.
Wie war die Resonanz aus der Bevölkerung auf die Aktion? Haben viele Menschen die Samen bei sich ausgesät? Waren diese zufrieden mit den Ergebnissen und halfen Ihre Informationen bei Herausforderungen?
Die Resonanz war sehr positiv. Weil die Samentütchen auf circa fünf Quadratmeter ausgelegt waren, konnten diese auch für Kübelbepflanzung genutzt werden. Viele haben die Ausbringung zusammen mit den Kindern gemacht.
Würden Sie so eine Aktion wieder durchführen?
Könnte sehr gut sein, dass es eine ähnliche Aktion im Frühjahr 2025 gibt, um an das „Natur nah dran“-Projekt zu erinnern und weitere Umgestaltungen anzukündigen.
Wie haben Sie Ihre Bürgerinnen und Bürger sonst noch auf die „Natur nah dran“-Flächen aufmerksam gemacht?
Mit Öffentlichkeitsarbeit auf verschiedenen Kanälen: Mitteilungsblatt, Flyer, Plakate, Instagram, Präsentationen im Gemeinderat. Außerdem wurden unsere Gärtnereimitarbeitende während der Umgestaltungsarbeiten auf das „Natur nah dran“-Projekt angesprochen. Diese „Werbung“ war vermutlich in unserem Fall die effektivste, weil wir eine kleine Gemeinde sind und die Bauhof-Männer jedem persönlich bekannt sind. Deren Überzeugungskraft hat definitiv starke Wirkung.
Wie war die Resonanz aus der Bevölkerung auf die „Natur nah dran“-Flächen allgemein? Gab es Herausforderungen oder Kritik? Was war besonders schön oder überraschend im Rahmen des Projekts „Natur nah dran“?
Insbesondere gab es Verwunderung über die neue Fläche vor dem Rathaus. Zum Beispiel wurde gefragt, ob nicht zusätzliche Stellplätze besser wären. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die neue Grünfläche etwas unordentlich wirke. Exotische Blumen wären außerdem „hübscher und interessanter“. Insekten gäbe es ja im Außenbereich genug. Müsse die Gemeinde denn für Wiesenblumen Geld ausgeben. Diese Reaktionen waren aber sehr gute Anknüpfungspunkte für informative Gespräche.
Im Allgemeinen war die Resonanz aber sehr positiv. Die Thematik der naturnahen Grünflächen ist gar nicht mehr so unbekannt. Auch im Zusammenhang mit der Beliebtheit der Samentütchen-Aktion lässt sich feststellen, dass sehr viele Bürger für dieses Thema bereits sensibilisiert sind.
Warum sollten auch andere Kommunen bei „Natur nah dran“ mitmachen?
Weil es ein sehr effektiver Ansporn ist, endlich etwas umzusetzen und die ersten Erfahrungen zu machen. Sowohl für die Verwaltungs- wie auch die Gärtnereimitarbeitenden war die Unterstützung der NABU-Fachkräfte und der Wissenstransfer bei den Schulungen und im Austausch mit anderen Kommunen der größte Gewinn im Rahmen des „Natur nah dran“-Projekts. Dafür sind wir dem NABU sehr dankbar!
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Umgestalteter Kreisverkehr in Baienfurt - Foto: Gemeinde Baienfurt
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Kopflauch, Natternkopf und Schafgarbe auf dem Kreisverkehr in Baienfurt - Foto: Gemeinde Baienfurt
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Nelkenleimkraut und Habitatstrulturen auf der neu angelegten Fläche am Rathaus in Baienfurt - Foto: Gemeinde Baienfurt
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Verkehrsinseln in Baienfurt mit Nelkenleimkraut im Jahr nach der Umgestaltung - Foto: Gemeinde Baienfurt
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