Die Definition von Streuobst
Alle reden davon, aber was bedeutet es?
Der Begriff "Streuobst" entstand um 1950 als Bezeichnung des Obstbaus in Streulage. Da es sich beim Streuobstanbau um eine über Jahrhunderte entstandene Produktionsform mit regionalen und lokalen Eigenheiten handelt, beschränkt sich die Definition auf allgemein kennzeichnende Charakteristika. Zunächst nur beschreibend verwendet, wurde der Begriff in den 1970er und 1980er Jahren konkreter gefasst und definiert.
Streuobstbau ist eine Form des Obstbaus, bei welchem mit umweltverträglichen Bewirtschaftungsmethoden Obst auf hochstämmigen Baumformen erzeugt wird. Die Bäume stehen im Gegensatz zu niederstämmigen Plantagenobstanlagen häufig "verstreut" in der Landschaft. Streuobstbeständen gemeinsam ist die regelmäßige Nutzung sowohl der Hochstamm-Obstbäume (Obernutzung) als auch der Flächen unter den Bäumen (Unternutzung). Kennzeichnend für diese traditionelle Form der Obsterzeugung ist die große Vielfalt der Lokalsorten. Streuobstbau stellt ein integriertes System von bodengebundener Kultur und Baumbewirtschaftung dar. Die Streuobstbestände werden wegen ihres lockeren Baumbestandes auch häufig als "mitteleuropäische Savannenlandschaft" beschrieben.
Die umweltverträgliche Nutzung eines Streuobstbestandes schließt die Anwendung synthetischer Behandlungsmittel (Pestizide und Mineraldünger) aus. Mahd oder Beweidung sollte zwei-, maximal dreimal pro Jahr erfolgen. Nach NABU-Schätzungen existieren bundesweit rund 300.000 Hektar Streuobstbestände. Die mit über 95 Prozent häufigste Anlageform ist die Streuobstwiese, bei der hochstämmige Obstbäume auf Wiesen, Weiden oder Mähweiden stehen. Andere Streuobstbestände sind flächenhafte Anpflanzungen von Hochstamm-Obstbäumen auf ackerbaulich oder gärtnerisch genutzten Flächen, so genannte Streuobstäcker. Auch hochstämmige Obstalleen an Feld- und Fahrwegen (Straßenobst), in Hausgärten oder hochstämmige Einzelbäume in der freien Landschaft gehören zum Streuobstbau.
So genannte "Legaldefinitionen" für Streuobst-Lebensräume, wie in den Landesnaturschutzgesetzen von Brandenburg, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, listen auf, welche Lebensraumtypen als schützenswert im Sinne des Gesetzes gelten. Die darin verwendeten Kriterien wie beispielsweise eine Anzahl von mindestens 10 oder 20 zusammenstehenden Hochstämmen oder die Einbeziehung von landschaftsprägenden Gemischtbeständen von Hoch- und Halbstämmen wie die Aprikosenbestände am Süßen See in Sachsen-Anhalt sind daher nicht mit der korrekten Definition von Streuobst zu verwechseln.
Da sich der Begriff des Streuobstes inzwischen nicht nur im allgemeinen Sprachgebrauch eingebürgert hat, sondern auch vermehrt aus Marketing-Gesichtspunkten als positiv belegter Prädikatsbegriff genutzt wird, streben Streuobst-Aufpreisvermarkter sowie Umwelt- und Landschaftspflegeverbände einen gesetzlichen Schutz des Begriffes "Streuobst" an, um missbräuchlicher Nutzung und einem zunehmenden Etikettenschwindel entgegenzuwirken.
Kerninhalt eines solchermaßen zu schützenden Begriffs lautet gemäß BROCKHAUS (2004):
"Hochstammobstbau (mit regelmäßiger Unternutzung) ohne Einsatz synthetischer Behandlungsmittel".
Der Begriff "Streuobst" ist gesetzlich nicht geschützt, daher gibt es bisher in Baden-Württemberg auch keine einheitlichen Kriterien. Die Vermarkter von Streuobst - BUND- und NABU-Gruppen, Landschaftspflege- und Streuobstfördervereine, Keltereien und Pomologen - haben bereits seit 1987 aus ihrer praktischen Erfahrung heraus Kriterien für die Bewirtschaftung von Streuobstbeständen entwickelt. Hierfür gibt es ...
... den "lexikalischen Mindeststandard" (siehe Definition),
... den weitgehend gebrauchten Mindeststandard des bereits 1988 entwickelten NABU-Qualitätszeichens für Streuobstprodukte (www.streuobst.de) sowie
... zahlreiche regional sehr unterschiedliche zusätzliche Kriterien beispielsweise hinsichtlich Düngung, Baumschnitt, Gentechnik etc. (www.streuobsttag.de).