Mehr Unterstützung für Schäfereibetriebe!
Landesschafzuchtverband und NABU unterzeichnen Kooperationsvertrag
30. Januar 2014 – Die beiden Verbände wollen sich gemeinsam für bessere Rahmenbedingungen für die traditionelle Schäferei einsetzen – auch um damit bedrohte Kulturlandschaften zu erhalten. Sie stellten hierzu ein gemeinsames Forderungspapier vor, mit dem sie sich an die Landesregierung wenden. Entscheidende Stellschrauben, an denen das Land drehen müsse, sind vor allem die bessere Bezahlung der Schäferinnen und Schäfer für ihre Leistungen sowie die Verfügbarkeit von Weideflächen.
„Wir Naturschützer können das, was die Hüteschafhaltung quasi im Vorbeigehen für die Natur leistet, nicht ersetzen“, sagt der NABU-Landesvorsitzende Dr. Andre Baumann. „Schafe sind lebendige Biotopvernetzer, weil sie in Fell und Magen Pflanzensamen verbreiten. Sie erhalten wertvolle Kulturlandschaften wie Wacholderheiden und Magerrasen und versorgen uns zudem mit klima- und naturfreundlich produziertem Fleisch, Wolle und Milch. Darauf kann Baden-Württemberg nicht verzichten.“ Wenn das Land diese Naturschutzleistungen anderweilig einkaufen müsste, käme das deutlich teurer, als den Schäfereibetrieben durch eine bessere Bezahlung ihrer Leistungen das Überleben zu ermöglichen. Entscheidende Finanzierungsmöglichkeiten sind dabei das Agrarumweltprogramm MEKA und die Landespflegerichtlinie. Aktuelle Signale aus der Landespolitik verfolgen NABU und LSV mit Sorge: Danach soll etwa die Weideprämie, also die finanzielle Förderung von Tieren, die auf die Weide dürfen, statt nur im Stall zu stehen, nur für Kühe gelten. Diese Prämie auf die Schafe auszudehnen, wäre notwendig um den Rückgang der Schafzahlen im Land zu stoppen. Der Schafbestand in Baden-Württemberg ging in den vergangenen fünf Jahren um 30 Prozent zurück.
Das unterstreicht auch Alfons Gimber, der Vorsitzende des LSV. „Damit die Schäferei in Baden-Württemberg eine Zukunft hat, muss die Honorierung unserer Leistungen sowohl höher werden als auch weiterhin verlässlich sein. Ohne aufwandsgerechte Bezahlung und Honorierung unserer Leistungen wird es bald unmöglich sein, junge Menschen für die Schäferei zu begeistern, weil sie darin keine Perspektive sehen“, sagt Gimber. Im Durchschnitt verdient ein Schäfer nur 4,85 Euro pro Stunde (Quelle: „Schafreport“ der Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume, 2011). Da die Schäfer wertvolle Kulturlandschaften erhalten und so Leistungen im öffentlichen Interesse erbringen, sei angesichts eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro eine bessere Honorierung durch die öffentliche Hand nicht nur gerechtfertigt, sondern geboten.
EEG-Novelle macht auch der Schäferei zu schaffen
Neben finanziellen Schwierigkeiten kämpfen viele Schäfer auch mit der mangelhaften Verfügbarkeit von Weideflächen. „Insbesondere im Herbst und Winter sind wir darauf angewiesen, dass Landwirte Wiesen oder begrünte Äcker zur Verfügung stellen. Damit das häufiger passiert, muss das Land diesen Landwirten finanzielle Anreize bieten“, fordert Gimber. Verschärft werde der Mangel an geeigneten Flächen durch eine zu großzügige Förderung des Energiepflanzenanbaus durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). „Auch deshalb fordern wir, dass bei der aktuellen EEG-Novelle die Förderung für den Anbau von Energiepflanzen zurückgefahren wird“, sagt NABU-Landeschef Baumann. „Wir brauchen wieder mehr Wiesen und Weiden statt monotoner Maiswüsten.“
Schwierigkeiten bereitet den Schäfern auch die Verfügbarkeit von Triebwegen für die Hüteschäferei: Um mit einer Schafherde von A nach B zu kommen, müssen Schäfer Flächen von vielen Landwirten überqueren. NABU und LSV fordern, dass Betretungsrechte, die eigentlich durch alte Weidegesetze aus dem 19. Jahrhundert garantiert sind, weiterhin Gültigkeit besitzen und gestärkt werden. Höhere Kosten und mehr Arbeitsbelastungen werden die Schäfereien künftig mit dem Schutz ihrer Herden vor besonders geschützten Tierarten wie Wolf, Luchs und Kolkraben haben. Hier erwarten die beiden Verbände Unterstützung durch die Landesregierung.
Noch im 19. Jahrhundert weideten knapp 900.000 Schafe in Baden und Württemberg – und damit mehr als in Frankreich und Spanien zusammen. Nur durch die Schäferei sind viele der wertvollsten Kulturlandschaften entstanden, etwa Wacholderheiden oder Magerrasen. Um dem Stellenwert der südwestdeutschen Transhumanz – also der traditionellen Wanderschäferei – gerecht zu werden, fordern LSV und NABU das Land auf, sich dafür einzusetzen, die Transhumanz als immaterielles Kulturerbe der UNESCO unter Schutz stellen zu lassen.
Den Kooperationsvertrag sowie das gemeinsame Forderungspapier von LSV und NABU können Sie hier herunterladen: