Der Biber – ein begabter Baumeister

Warum freut sich der NABU über die Rückkehr der Biber?
Wie kaum eine andere Tierart können Biber ihren Lebensraum gestalten. Durch ihre Aktivitäten werden selbst in vormals eintönigen Flusslandschaften neue Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten geschaffen: strukturreiche Stillgewässer entstehen, in denen sich Wasserpflanzen einstellen. Fische, Libellen und Amphibien finden wieder mehr Laichplätze und Weiß- und Schwarzstorch oder Eisvogel mehr Nahrung. Eingestaute Bäume oder Bäume, die nur geringelt, aber nicht gefällt werden, entwickeln sich zu Totholz, welches Fledermäusen, Spechten und anderen Höhlenbrütern oder seltenen Totholzkäfern als Wohnraum dient. Auch die Anzahl der Fischarten steigt in einem von Bibern „gemanagten“ Gewässer um ein Vielfaches an. Insgesamt für 75 Tier- und Pflanzenarten haben Biberaktivitäten nachgewiesenermaßen positive Effekte. Doch auch der Mensch profitiert vom Wasserbauer Biber. Die neu geschaffenen Auenlandschaften verringern die Hochwassergefahr. Zudem wird durch die Dämme, bzw. die neuen Auen die Selbstreinigungskraft der Gewässer erhöht. So werden unsere Gewässer vor Dünger- und Gifteintrag geschützt, was wiederum der Qualität unseres Trink- und Grundwassers zugutekommt.

Wie viele Biber gibt es in Baden-Württemberg?
Laut Schätzungen aus dem Jahr 2024 umfasst die Biberpopulation in ganz Baden-Württemberg ca. 11.500 Individuen. Ein Revier besteht aus mehreren Flusskilometern und dem dazugehörigen Gehölzrandstreifen. Die Größe richtet sich nach dem Nahrungsangebot. Man braucht aber keine Angst haben, dass das Land von Bibern überrannt wird. Biber sind reviertreu. Das heißt ein einmal besetztes Revier wird ein Leben lang behalten und auch vor Eindringlingen verteidigt. Lediglich die Jungtiere wandern ab, um sich eigene Reviere zu suchen. Sind einmal alle Reviere besetzt, kommt es zu Revierkämpfen bis auf den Tod, Abwanderungen oder zur Senkung der Geburtenrate.

Was sind die Gefährdungsursachen gibt es für den Biber?
Der Biber wurde 1846 in Baden-Württemberg ausgerottet. Heute ist er hier wieder heimisch und nicht mehr vom Ausstreben bedroht. Aktuell ist er sogar noch im Begriff sich weiter auszubreiten. Dennoch gibt es einige Gefährdungsursachen, die nicht ignoriert werden dürfen. Hierzu zählen:

• Menschliche Nachstellung und Jagd – dies führte bereits zur fast weltweiten Ausrottung
• Straßentod, die Tiere sind an Land eher behäbig
• Lebensraumveränderung, Gewässerverbau, Flussbegradigungen
• Unselektive Bekämpfung von Bisam und Bejagung von Nutria
• Ertrinken in Frischreuse, aus denen sie nicht mehr entkommen können

Welche Konflikte treten auf?
Erfahrungsgemäß kommt es am häufigsten zu Konflikten mit Gewässeranliegern, Belangen der Wasser- und Landwirtschaft, forstwirtschaftlicher Nutzung, bei Erwerbsteichen und an Verkehrswegen. Die am häufigsten auftretenden Beeinträchtigungen sind der Gehölzverbiss und Fraß an Feldfrüchten, die Untergrabung von Uferböschungen und Hochwasserdämmen durch Biberröhren, die Behinderung des Wasserabflusses sowie Beeinträchtigung angrenzender Grundstücke durch Einbrüche und Vernäßung.

Wie lassen sich Konflikte zwischen Biber und Landwirtschaft vermeiden?
Viele Konflikte entstehen erst durch die intensive Landwirtschaft. Beispielsweise weil keine Randstreifen an Gewässern eingehalten werden, Feldfrüchte gefressen werden und Felder eingenässt werden. 95% der Konflikte treten innerhalb eines 20 m breiten Streifens entlang eines Gewässers auf. Das Schaffen von ungenutzten Uferflächen mit mindestens 10 m Breite, würde Konflikte mit Bibern dauerhaft lösen. Außerdem können präventive Maßnahmen, wie zum Beispiel das Anlegen von sogenannten „Drahthosen“ (biberabwehrende Drahtumzäunungen, die kostenlos von der Unteren Naturschutzbehörde bezogen werden können), um wertvolle Bäume, oder das Einzäunen von Feldfrüchten oder Streuobstwiesen ergriffen werden.

Was passiert mit einem „Problembiber“?
Ein Problembiber ist ein Biber, dessen Aktivitäten nicht weiter geduldet werden können, da sie zu erheblichem wirtschaftlichen Schäden führen oder Menschenleben gefährden. Zuerst wird versucht einen solchen Biber zu vergrämen. Sollte dies glücken muss beachtet werden, dass das nun freigewordene Revier unattraktiv für andere Biber gemacht wird. Ansonsten würde innerhalb kurzer Zeit ein anderer Biber das Revier besetzen und erneut zum „Problembiber“ werden. Ist die Sicherheit des Menschen gefährdet oder kommt es zu erheblichem wirtschaftlichen Schaden bleibt noch der Abschuss des Tieres durch Jäger*innen. Dieser ist aber in jedem Fall das letzte Mittel der Wahl und muss zuvor von Behörden genehmigt werden. Bei illegalem Abschuss durch nicht autorisierte Personen drohen hohe Geldstrafen und mehrere Jahre Gefängnis.

Wie ist die rechtliche Stellung des Bibers?
Der Biber ist international durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) streng geschützt (Anhang IV). Für ihn gelten nach § 44 BNatSchG bestimmte Zugriffsverbote. Unter anderem ist es verboten, ihn der Natur zu entnehmen, zu beschädigen, zu töten oder seine Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu beschädigen oder zu zerstören. Hierzu zählen neben den Biberburgen und Biberbauten auch die Dämme und Biberrutschen. Zusätzlich gilt das Verbot, ihn während der Fortpflanzungs-, Aufzucht- und Überwinterungszeit erheblich zu stören. Für den Biber gilt das Besitz- und Vermarktungsverbot. Außerdem ist der Biber auch in Anhang II der FFH-RL gelistet, was bedeutet, dass für ihn besondere Schutzgebiete auszuweisen sind.

Wie läuft das Bibermanagement in Baden-Württemberg ab?
Die Koordination des Bibermanagements läuft auf Regierungsbezirksebene über die Regierungspräsidien ab, sie sind auch für eventuell notwendige naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen oder Befreiungen von den Verboten des § 42 BNatSchG zuständig. Die Unteren Naturschutzbehörden sind für die laufenden Verwaltungsangelegenheiten des Biberschutzes in den Land- und Stadtkreisen zuständig. Ein wichtiger Baustein des landesweiten Bibermanagements bilden die ehrenamtlichen Biberberaterinnen und Biberberater der Land- und Stadtkreise. Diese sollen durch rasche, unbürokratische, fachkompetente und praxisgerechte Beratung biberbedingte Konflikte vermeiden helfen und bei akuten Problemfällen gemeinsam mit den Betroffenen situationsgerechte Lösungsmöglichkeiten erarbeiten.

Was macht eine Biberberaterin?
Eine Biberberaterin vermittelt zwischen der Bevölkerung und den Belangen des Bibers. In Konfliktfällen wenden sich Betroffene an den oder die Biberberater*in im Landkreis. Den Kontakt erhält man über die Untere Naturschutzbehörde. Im gemeinsamen Dialog wird dann in Absprache mit den Behörden beraten.

Warum sind Sie Biberberaterin geworden?
Weil der Biber eine Stimme braucht. Er ist ungemein wichtig für eine intakte Auenlandschaft und ein faszinierender Landschaftsarchitekt. Ich hoffe mit meiner Arbeit Vorurteile abzubauen und der Öffentlichkeit den Biber näher zu bringen. Wichtig ist, den Menschen klar zu machen, dass viele Tier- und Pflanzenarten von den Biber-Aktivitäten profitieren und er ungemein wichtig für ein intaktes Ökosystem in und um Gewässern ist. Man kann nämlich nur schützen was man auch kennt und versteht. Darum setzt sich auch der NABU für den Biber ein.