Mit einer NABU-Geschenkpatenschaft für Wildbienen oder Greifvögel und Eulen schenken Sie Ihren Lieben ein ganz besonderes Stück Natur.
Mehr ...Rainfarn-Maskenbiene
Wildbiene des Jahres 2022
Du arbeitest im Arbeitskreis Wildbienen-Kataster mit. Was macht ihr dort genau?
Der AK Wildbienen-Kataster ist eine Sektion innerhalb des Entomologischen Vereins Stuttgart e.V. Der 2003 gegründete Arbeitskreis hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Wissen zur Lebensweise und zum Vorkommen unserer Wildbienen zu vermehren, zu bündeln und in einer Datenbank zusammenzuführen, die im Internet abrufbar ist: www.wildbienen-kataster.de. Der AK arbeitet eng mit dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart zusammen. Ein großes Anliegen des AK ist es, die Wildbienen und ihre Bedeutung für den Naturhaushalt bekannter zu machen und für den dringend notwendigen Schutz dieser Tiere zu werben.
Es gibt den Vogel des Jahres, den Baum oder den Fisch des Jahres. Warum brauchen wir eine Wildbiene des Jahres?
Beim Wort „Biene“ fällt den meisten Menschen sofort Honig, Imkerei, Bienenvolk und vielleicht auch noch Bestäubung von Blumen ein. Die Wenigsten wissen, dass es in Deutschland einige hundert Arten von Wildbienen gibt, weltweit sind das über 20.000 Arten. Die Tiere leben meist als Einzelgänger (Solitärbienen), als Ausnahme bilden unsere Hummeln kleine Völker, die allerdings nicht überwintern – im Gegensatz zum Honigbienenstaat. Unsere Wildbienen machen zwar keinen Honig, tragen aber in hohem Maße zur Bestäubung der Pflanzen bei – auch unseres Obstes. Die Initiative „Wildbiene des Jahres“, die seit 2013 beim AK Wildbienenkataster läuft, soll die Wildbienen mehr in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit bringen
Die Rainfarn-Maskenbiene ist Wildbiene des Jahres 2022. Was ist das Besondere an ihr?
Die Rainfarn-Maskenbiene sieht aus wie eine kleine Wespe, schwarz gefärbt und fast ohne Behaarung. Sie ist nur schwer von anderen Maskenbienenarten zu unterscheiden. Am besten lassen sich die Männchen der Wildbiene des Jahres 2022 anhand ihrer auffällig glänzenden Gesichtsmaske erkennen, die wie mit Emaille beschichtet scheint und elfenbeinweiß gefärbt ist. Ein typisches Merkmal der Männchen ist auch ein im Profil dreieckig geformter Höcker an der Bauchunterseite, der aufgrund der Größe dieser Tiere gut zu erkennen ist.
Das Außergewöhnliche an der Rainfarn-Maskenbiene ist ihre Art, Pollen zu transportieren. Anders als Honigbienen oder Hummeln nimmt sie die Pollenkörner nicht mit Haaren an den Hinterbeinen auf, sondern sie verschluckt sie. Im Nest angekommen, spuckt sie den Pollen für ihre Larven wieder aus. Die Larven entwickeln sich mit diesem von der Mutterbiene eingetragenen Vorrat über das Ruhestadium der Puppe zu voll entwickelten Maskenbienen. Diese verlassen im Sommer des Folgejahres das Nest. Es gibt 39 Arten von Maskenbienen in Deutschland. Sie alle haben diese besondere Weise des Pollensammelns.
Bei der Nahrungssuche ist die Rainfarn-Maskenbiene auf Korbblütler spezialisiert. Dazu gehören der Rainfarn, der ihr den Namen gab, aber auch Schafgarbe, Färber-Kamille, Margerite oder unterschiedliche Arten von Flockenblumen. Wenn wir diese Pflanzen in unsere Gärten holen, können wir darauf hoffen, die Rainfarn-Maskenbiene zu entdecken. Sie ist eine Spaltenbewohnerin und nistet gerne in Mauerritzen. Eine Natursteinmauer im eigenen Garten ist ein tolles Refugium für sie und für weitere Insektenarten. Das Nest besteht in der Regel aus fünf bis 20 in Reihe angelegten Brutzellen, die vom Weibchen mit einem seidenartig schimmernden, transparenten Sekret ausgekleidet werden.
Weil die meisten Nahrungspflanzen der Rainfarn-Maskenbiene an sehr unterschiedlichen Standorten vorkommen und derzeit ungefährdet sind, besiedelt sie verschiedene Lebensräume im Offenland und auch in unseren Siedlungen. Auch wenn die Rainfarn-Maskenbiene deutschlandweit und in den meisten Bundesländern nicht als gefährdete Art gilt, macht ihr doch die Verarmung des Blütenangebots sowohl in der offenen Landschaft wie auch in unseren Städten und Dörfern zu schaffen. Das ist eines der größten Probleme für unsere Wildbienen insgesamt.
Wie viele Wildbienenarten gibt es in Deutschland und in Baden-Württemberg und wie viele Arten sind davon gefährdet?
In Deutschland kommen über 580 Arten vor. In Baden-Württemberg sind es mehr als 460 Arten. Den Wildbienen kommt dabei das warme Klima im Südwesten zugute. In Deutschland ist über die Hälfte der Wildbienenarten im Bestand mehr oder weniger stark gefährdet.
Unter welchen Problemen leiden die Wildbienen?
Leider sind die Tiere einem ganzen Bündel von Gefährdungen ausgesetzt. Da fehlt es zunehmend am lebenswichtigen Angebot von Blüten, die voller Pollen und Nektar sind. „Blühende Landschaften“ werden gebraucht, stattdessen nehmen öde Ackerflächen und auch Gärten aus Steinschotter immer mehr zu. Außerdem sind Wildbienen einer hohen Belastung von Umweltgiften ausgesetzt: Herbizide vernichten die Nahrungspflanzen, Insektizide vergiften sie direkt – allen voran die Stoffklasse der Neonicotinoide, die dringend verboten gehören. Schließlich gehen fortlaufend die Lebensräume der Tiere durch Siedlungs- und Straßenbau verloren und es kommt zu Infektionskrankheiten, die von der Honigbiene aber auch von kommerziell verbreiteten Hummelvölkern ausgehen.
Was sind die Folgen für die Menschheit, wenn die Zahl der Wildbienen weiter abnimmt?
Wir wissen heute, dass wir eine vitale Insektengemeinschaft für die Bestäubung der Pflanzen brauchen. Sich hier auf die Honigbiene in der Obhut des Menschen zu verlassen, wäre sträflicher Leichtsinn. Wenn man weiß, dass zum Beispiel unser Obst von der Gemeinschaft an Wildbienen, Schmetterlingen, Fliegen, Käfern, Ameisen und auch der Honigbiene bestäubt werden, erkennt man, dass wir auf alle Blütenbestäuber angewiesen sind. Wildbienen sind wegen ihrer besonders hohen Bestäubungsleistung unverzichtbar!
Was kann jede und jeder Einzelne für die Tiere tun?
Vor allem geht es darum, wieder ein vielfältiges Angebot an giftfreier Nahrung zu schaffen! Es gilt dafür zu sorgen, dass eine große Vielfalt an heimischen Pflanzen zurückkehrt – mit exotischen Blumen können die anspruchsvollen Wildbienen oft nichts anfangen. Im eigenen Garten lässt sich mit Wildpflanzen ein wertvolles Nahrungsangebot für die Tiere schaffen. Der Schlüssel für die wirksame Unterstützung der Insekten ist dabei der Einsatz von Wildpflanzen aus der Region, denn an diese haben sich die Tiere im Laufe ihrer Stammesentwicklung angepasst. Beim Säen von Blumenmischungen ist es hilfreich, auf ein entsprechendes Zertifikat zu achten, wie dasjenige mit dem Siegel für VWW-Regiosaatgut (Verband deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e. V.). Natürlich kann man auch Nisthilfen anbieten, indem man in Hartholzklötze Löcher mit einem Durchmesser von vier bis sechs Millimeter bohrt. Auch waagerecht angebrachte Bambusröhren oder Schilfbündel sind für manche Bienenarten ein willkommener Nistplatz. Eine Kombination dieser Angebote in einem Regal mit Dach wird gerne als „Wildbienenhotel“ bezeichnet. Diese werden momentan überall im Land aufgestellt – leider nicht immer fach- und artgerecht gebaut. Man darf dabei nicht vergessen, dass die allermeisten Wildbienen im Erdreich nisten und als Bewohner dieser Nisthilfen gar nicht in Frage kommen. Wenn im Rahmen einer Schul-oder Kindergartenaktion ein solches „Bienenhotel“ entstehen soll, ist auf jeden Fall zugleich eine „Bienenweide“ aus Wildblumen anzulegen, damit die Bienen nicht nur ein neues Zuhause, sondern auch eine Nahrungsquelle bekommen.
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