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NABU-Jahresbericht 2016
NABU Baden-Württemberg mit positiver Bilanz
6. September 2017 – Der NABU Baden-Württemberg hat heute im Rahmen seiner Jahrespressekonferenz den Jahresbericht des mitgliederstärksten Naturschutzverbands im Land vorgelegt und aktuelle Herausforderungen in den Blick genommen: Wichtige Weichenstellungen für eine grundlegende Reform der Agrarförderung und das Engagement für den Artenschutz waren zentrale Themen im Jahr 2016 und bleiben weiter aktuell. Die Wahl von Johannes Enssle zum neuen Landesvorsitzenden und die Stärkung des Ehrenamts haben das Jahr innerverbandlich geprägt. Mit einem neuen Rekord von 90.000 Mitgliedern und einem soliden Haushaltsabschluss legt der NABU in Baden-Württemberg eine positive Bilanz für 2016 vor.
Naturverträgliche Landwirtschaft im Fokus
Die Landwirtschaft hat maßgeblichen Einfluss auf die Situation von Insekten, Vögeln – und Menschen. Der NABU hat deshalb Ende 2016 in der baden-württembergischen Landesvertretung in Brüssel die Studie „Fit, fair und nachhaltig – Vorschläge für eine neue EU-Agrarpolitik“ vorgelegt und gezeigt, dass eine naturverträgliche Landwirtschaft möglich ist. „Damit Umwelt und Landwirte gleichermaßen profitieren, braucht es dringend Änderungen in der EU-Agrarförderung“, betont der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle. „Da ist auch der Einsatz von Minister Hauk in Berlin und Brüssel gefragt.“ Der NABU stehe für den konstruktiven Austausch bereit. Dass Bedarf besteht, zeigt das „Dialogforum Landwirtschaft und Naturschutz“: An der landesweiten Veranstaltungsreihe von NABU und verschiedenen Partnern haben allein 2016 rund 320 Vertreterinnen und Vertreter von Landwirtschaft und Naturschutz teilgenommen. „Die Landwirtschaft ist weiterhin ein Schwerpunkt unserer Arbeit. Deshalb spielt sie sowohl in unseren aktuellen Forderungen zur Bundestagswahl als auch bei der Umsetzung unserer NABU-Naturschutzziele eine zentrale Rolle“, sagt Enssle und fasst zusammen: „Da heißt es: Volle Energie auf eine neue Mittelverteilung. Eine nachhaltige Agrarförderung muss sich an der Leistung für Natur und Gemeinwohl orientieren, statt wie bisher dem Gießkannenprinzip zu folgen." Auch die Rückkehr der Wölfe nach Baden-Württemberg gilt es konstruktiv zu begleiten. „Wir arbeiten im Schulterschluss mit Schäferinnen und Schäfern an effektiven Lösungen, um die Tiere auf der Weide zu schützen.“
Eine naturverträgliche Landwirtschaft hat maßgeblichen Einfluss auf die Verbesserung der Situation von Insekten, Vögeln – und Menschen. - Foto: Sebastian Schwarz
Artenschutz als relevante Größe anerkennen
Im August 2016 hat der NABU Klage eingereicht zum Wohl bedrohter Fledermäuse. Die vom Aussterben bedrohten Tiere überwintern in Tunneln, die für die Hermann-Hesse-Bahn wieder in Betrieb genommen werden sollen. Kurz vor Weihnachten stoppte ein NABU-Antrag Rodungen des Landkreises Calw in ökologisch sensiblen Bereichen. „Es ist bedauerlich, dass es hier das Mittel der Klage gebraucht hat, um nationalem und internationalem Artenschutzrecht zur Geltung zu verhelfen“, sagt Enssle. So kämen viele geschützte Arten zu ihrem Negativ-Image als „Verhinderer“. „Dabei zeigen die aktuellen Versuche zur sogenannten Kammerlösung einmal mehr: Es ist durchaus möglich Wege zu suchen, die den Artenschutz berücksichtigen.“ Auch um die Energiewende naturverträglich zu gestalten und Rotmilan, Schwarzstorch & Co. zu ihrem Recht zu verhelfen, brauche es derzeit leider noch regelmäßig die Natur- und Umweltschutzverbände, die Behörden und Gutachtern auf die Finger schauen. „Unser Ziel ist der Dialog auf Augenhöhe zwischen Vertretern von Naturschutz, Anlagen- und Verteilnetzplanung, um strukturelle Verbesserungen zu erreichen und die Qualität von Artenschutzgutachten sicherzustellen.“
Rund 18 Prozent aller NABU-Mitglieder leben in Baden-Württemberg
Über 90.000 Menschen im Land, davon rund 12.000 in der Naturschutzjugend NAJU, unterstützen die Arbeit des NABU, der 1899 als Bund für Vogelschutz in Baden-Württemberg gegründet wurde. Das sind rund 18 Prozent der bundesweit über 620.000 NABU-Mitglieder. „Dieser neue Mitgliederrekord und unser kontinuierliches Wachstum zeigen klar, dass sich immer mehr Menschen dafür einsetzen wollen die Natur zu erhalten. Und dass sie bereit sind, selbst einen Beitrag dafür zu leisten“, schlussfolgert NABU-Landesgeschäftsführer Uwe Prietzel. „Diese breite Unterstützung sei ein klares Signal an unsere Politikvertreterinnen und -vertreter. Aber sie sichert natürlich auch die praktische Naturschutzarbeit vor Ort: Krötenzäune betreuen, Störche beringen, Bäche renaturieren, Streuobstwiesen pflegen. Und das sind nur einige der Aufgaben, die NABU-Aktive ehrenamtlich übernehmen. Darüber hinaus haben sie allein im Jahr 2016 in 1.300 Exkursionen und Vorträgen anderen Menschen die Besonderheiten der Natur vor der Haustür nahegebracht.“
Ehrenamtliches Engagement für den Naturschutz stärken
Um die ehrenamtlich Aktiven zu unterstützen, hat der NABU in Baden-Württemberg sein Weiterbildungsangebot 2016 ausgebaut. Zum ersten Mal gab es die „Sommerakademie“ in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Akademie Bad Boll. In die zweite Runde ging der von der Stiftung Naturschutzfonds geförderte Lehrgang für Naturschutzinteressierte, die der NABU als Schutzgebietsbetreuerinnen und -betreuer ausbildet.
Solider Haushalt und erste Patenschaften
Auch wirtschaftlich hat der NABU das Jahr 2016 gut abgeschlossen, mit einem Plus von 54.000 Euro. Insgesamt belief sich der Haushalt auf rund 4,75 Millionen Euro, das waren rund 140.000 Euro mehr als im Vorjahr. „Wir verstehen eine solide Haushaltsführung als Ausdruck der Wertschätzung gegenüber unseren Mitgliedern, Spendern und Förderern“, betont Prietzel.
Seit Herbst 2016 bietet der NABU in Baden-Württemberg erstmals Patenschaften für Wildbienen an. „Auch hier spiegelt sich die Bedeutung der Landwirtschaft für die Natur wider: Schwindende Blumenwiesen und Pestizide setzen Wildbienen zu, rund zwei Drittel der 460 Arten im Land stehen auf der Roten Liste.“ Dieser Entwicklung gelte es entgegenzuwirken.
Naturschutzjugend NAJU engagiert sich
Auch die Jugendorganisation des NABU, die Naturschutzjugend NAJU, blickt auf ein ereignisreiches Jahr 2016 mit einer Vielzahl an Programmen für Kinder und Jugendliche im ganzen Land zurück. Für deren Betreuung organisiert der NAJU-Landesverband jährlich eine große Bandbreite von Aus- und Fortbildungen.
Zusätzlich hat die NAJU neue Projekte gestartet, mit denen sie bewusst weitere Zielgruppen erreichen möchte. „Wir sensibilisieren gezielt Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen fünf bis zehn für den Klimaschutz. Und wir bilden Seniorinnen und Senioren als Naturtrainerinnen beziehungsweise -trainer aus, die mit Kindergartenkindern spielerisch die Natur erkunden und entdecken“, berichtet Anna Süpple aus dem NAJU-Landesvorstand. Unser Projekt „Grünes Wegenetz“ richtet sich vorwiegend an Studierende: Angehende Agrarwissenschaftlerinnen oder Landschaftsplaner kommen zum Teil zum ersten Mal mit dem Thema Biotopverbund in Kontakt und überprüfen beispielsweise mit Wildtierkameras, ob konkrete Biotopverbundmaßnahmen funktionieren. „Dabei geht es dann zum Beispiel um die Frage, inwiefern bestimmte Grünbrücken, Hecken oder Ackerrandstreifen tatsächlich Lebensräume verbinden – oder ob Rehe, Wildkatzen und Hasen trotzdem nicht weiterkommen“, erklärt Süpple. Wo es nötig ist, werden Verbesserungsvorschläge erarbeitet und mit Gemeinden und Behörden umgesetzt.